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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Macht doch, was ihr wollt!

Jeden zweiten Mittwoch stellen wir Euch eine Frau vor, die ihr Leben umgekrempelt hat
oder mittendrin ist in der Veränderung

Heute: Angela Schmidt

Bock auf einen Job als gute Fee? Angela Schmidt hätte da eine Idee.
Foto: Katrin Hammerstein


Wenn Frauen an Frauen denken, kann’s nur gut werden. Angela aus Hamburg hatte aus der eigenen Not heraus eine bahnbrechende Idee, die jemand anderes tausend Kilometer südlich auch hatte. Zack, wurden Kontakte und Know-how ausgetauscht und die „Notfallmamas“ gegründet. Rund zehn Jahre später wird das Konzept weiter ausgebaut und Angela will weiterhin hoch hinaus.

Name: Angela Schmidt
Alter: 57
Beruf: Geschäftsführerin
Wohnhaft in: Hamburg
Motto: Es ist immer zu früh, um aufzugeben.

Was beschäftigt Dich zurzeit am meisten?
Seit einiger Zeit treibt mich um, wie wir für unsere Kinder eine lebenswerte Zukunft mitgestalten können. Die Auswirkungen von Klimawandel, Corona-Pandemie und sozialen Medien, die zunehmend für Propaganda-Zwecke missbraucht werden, bereiten mir Kummer, wenn ich an unsere Kinder denke. Der Zustand der Schulen und das manchmal erschreckend konservative Schulsystem sorgen für Ungleichheit im Bildungssystem. Ich würde hier gerne Kräfte bündeln und Veränderungen anstoßen.

Was treibt Dich an?
Der Wunsch, etwas besser zu machen. Meckern ist ja viel einfacher, als etwas anzupacken und selbst für Veränderungen zu sorgen.

Auf was kannst Du locker verzichten?
Auf Flugreisen. Ich bin früher viel und gerne geflogen – in alle Welt. Inzwischen liebe ich Bahnfahren. Ja, auch wenn die Bahn gerade sehr mit der Zuverlässigkeit zu kämpfen hat. 😉 Demnächst probiere ich mal einen Nachtzug aus.

Was wolltest Du als Kind für einen Beruf ergreifen?
Ich wollte Lehrerin werden. Ich fand es ganz toll, meiner kleineren Schwester an der Kindertafel Unterricht zu geben. Und ich bin auch gerne zur Schule gegangen.

Dein tatsächlicher beruflicher Werdegang?
Ganz anders. Nach einem Umzug, als ich 16 war, wurde die Schule sehr schwer. Ich habe eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau absolviert, ein paar Jahre als Filialleiterin gearbeitet und gemerkt, dass das leider gar nicht mein Ding ist. Das Abitur habe ich dann auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt und Anglistik und Medienwissenschaften studiert. Nach dem Grundstudium bin ich erneut ins Berufsleben eingestiegen: als Office Managerin in diversen kleinen Unternehmen und Start-ups. Nach meiner Elternzeit habe ich 2012 dann meine eigene kleine Firma gegründet …

Jetzt wird’s spannend.
Absolut! Wir haben im letzten Sommer schon unser Zehnjähriges gefeiert – mit der „Notfallmamas GmbH”.

Was macht Ihr da genau?
Die Notfallmamas (und -papas) unterstützen berufstätige Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie & Beruf. Dies machen sie, indem sie kränkelnde oder rekonvaleszente Kinder zu Hause betreuen, wenn Mutter oder Vater dringende Termine in Büro, Praxis, Universität oder beim Kunden wahrnehmen müssen. Oder wenn die Kita wegen Läusen, Hand-Fuß-Mund-Krankheit etc. nicht öffnen kann. Also immer dann, wenn die Regelbetreuung, die man sich organisiert hat, ausfällt und keine Oma oder kein Opa einspringen kann.

Gab es für diese Idee eine Initialzündung?
Ja, tatsächlich war meine eigene Situation Auslöser für die Gründung. Mein Mann war als Berater vor der Pandemie fast immer bei Kunden und nie in Hamburg. Und wir hatten niemanden, der mal eben einspringen konnte, wenn unsere Tochter krank war. Als eine Freundin aus München mich dann auf das dortige Projekt „Zuhause gesund werden” aufmerksam machte, bin ich nach München gefahren und habe mir von der damaligen Geschäftsführerin des Projektes Unterstützung und Know-how abgeholt. Die Geburt unserer Tochter gab also den Ausschlag und seitdem setze ich mich mit den Notfallmamas, einer betrieblichen Kindernotfallbetreuung, für mehr Vereinbarkeit, Chancengleichheit und auch gegen Altersarmut bei Frauen ein.

Beeindruckend, wie einfach man sich connecten und gegenseitig unterstützen kann …
Inzwischen bieten wir auch Ferienbetreuung und Veranstaltungsbetreuung an, zum Beispiel wenn Wissenschaftler:innen an einer fremden Uni Vorträge & Seminare halten oder wenn während eines Workshops Kinderbetreuung benötigt wird. Ganz aktuell planen wir Entlastung für Eltern mit den sogenannten Mobilitätshelden – wir wollen die Taxidienste zu Sport- oder Musikkursen übernehmen und dies möglichst nachhaltig.

Was wäre Deine Vision für dieses wunderbare Projekt?
Meine Vision – an der ich auch gerade arbeite – ist noch mehr Entlastung für Eltern, nämlich dann, wenn die Schule beginnt. Wir haben in Hamburg schon eine großartige Abdeckung im Ganztags-Bereich, aber das ist, je weiter man nach Süden kommt, überhaupt nicht mehr der Fall. Gerade sitze ich mit einer Münchner Unternehmerin an der Planung für eine Nachmittagsbetreuung, die die Bedürfnisse aller Kinder im Blick hat und eine wertvolle Bereicherung ist.

Klingt nach einer echten Erfolgsstory.
Kurz nach der Gründung der Notfallmamas wurde ein Münchner Frauenmagazin auf mich aufmerksam und hat mich für einen Award nominiert. Dazu gehörte ein tolles Fotoshooting und ich habe am Ende tatsächlich einen Preis erhalten. Das war unglaublich aufregend mit Preisverleihung, rotem Teppich und allem Drum und Dran.

Gab es auch mal Rückschläge?
Oh ja! Das Scheitern der Geschäftsführungs-Partnerschaft ein Jahr nach der GmbH-Gründung und der Streit, der fast zum Ende meiner Firma geführt hätte.

Gibt es etwas, was Du unbedingt in diesem Leben noch mal tun möchtest?
Tatsächlich würde ich gerne einmal Lehrerin sein. Ich werfe immer mal wieder einen Blick auf den Bedarf und die Quereinstiegs-Möglichkeiten. Vielleicht klappt’s ja irgendwann mal.

Vielen Dank!

Das Interview führte Gerlind Hector, die Angelas Idee mit den Notfallmamas einfach grandios findet! Als ihre drei Jungs vor zig Jahren der Reihe nach Windpocken hatten, war sie der Verzweiflung nahe … Fazit: So etwas sollte es in jeder Stadt geben – und auf der Suche nach dem passenden Ehrenamt, steht der Job als gute Fee aktuell auf der Pole Position.

Hier geht’s zu den Notfallmamas:
notfallmamas.de


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