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Palais F*luxx

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Macht doch, was ihr wollt!

Jeden zweiten Mittwoch stellen wir Euch eine Frau vor, die ihr Leben umkrempelt
oder sonst etwas tut, auf das sie gerade Lust hat

Heute: Daniela Mecklenburg

Voller Vorfreude auf einen neuen Lebensabschnitt: Daniela Mecklenburg
Foto: privat

Mehr Wertschätzung im Job – das hatte sich Daniela aus München schon länger gewünscht. Als sie pünktlich zur Pandemie ohne Job und Perspektive dastand, bekam sie kurz Schnappatmung … und hat sich dann auf ihre Ausbildung zur Trauerrednerin besonnen. Heute kann sie wieder durchatmen und hat sich für die nächsten Jahre einiges vorgenommen.

Name: Daniela Mecklenburg
Alter: 59
Beruf: Trauerrednerin
Wohnt in: München
Motto: „Lass Dich nicht unterkriegen, sei frech, wild und wunderbar!“ (Astrid Lindgren)

Liebe Daniela, was fällt Dir zum Thema „Neustart” ein?
In den vergangenen Jahren kam ich mir manchmal wie eine kleine, rote Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Figur vor, die zum wiederholten Male rausgeschmissen wird. Nach diversen beruflichen Kapriolen – darunter Jobverlust, Firmengründung, Pleite, Insolvenz – gab’s dann den Neuanfang, auch privat. Ganz nebenbei musste ich einen 19-jährigen Sohn als Single-Mum alleine großziehen. Mein großer Neustart war dann zu Beginn der Pandemie fällig …

Das war ein extremer Kraftakt, der mir gesundheitlich, physisch wie psychisch sehr zugesetzt hat. Inzwischen kann ich wieder durchatmen, ich glaube, ich habe es geschafft.

Erzähl! Was hast Du vorher gemacht und was heute? 
Früher war ich eine Editorial-Designerin, die viele Jahre leidenschaftlich Magazine, Bücher, Kunstkataloge und Spiele gestaltet hat. Nach über 25 Jahren in diesem Job bin ich nun Trauerrednerin. Der späte Berufswechsel war für mich eine wundersame Fügung. Glücklicherweise hatte ich mir schon lange vor der Pandemie Gedanken gemacht, wie ich später einmal mit meiner schäbigen Künstlersozialkassen-Rente überleben sollte. Die fundierte Ausbildung zur Trauerrednerin sollte mir im Alter ein zweites Standbein sichern, das war der Plan.

Hat’s geklappt? Wie bist Du vorgegangen?
Ja, damals ging alles sehr schnell. Zunächst verlor ich pandemiebedingt meinen langjährigen Hauptauftraggeber. Von einem Tag auf den anderen stand ich ohne Einkünfte da. In rasender Geschwindigkeit habe ich mir als künftige Trauerrednerin den Firmen-Namen „Herzenstrost“ ausgedacht, ein Farbkonzept erstellt, Logo, Website, Visitenkarten und Flyer gebastelt und bin Klinkenputzen gegangen. Anfangs war es extrem mühsam, denn Trauerredner*innen gibt es in und um München zuhauf. Ich erinnere mich sehr gut an meinen ersten Auftrag, da hat mir das Herz bis zum Hals geschlagen. Innerlich war ich kurz vorm Durchdrehen, äußerlich die Souveränität in Person. Manchmal stand ich kurz vorm Aufgeben, mein berufliches Netzwerk (www.bohana.de) und eine gute Supervisorin haben mir Halt gegeben. Inzwischen läuft es ziemlich gut, ich bin in meinem neuen Beruf angekommen, bin erfüllt von dieser neuen Tätigkeit, kann auch einigermaßen davon leben und erfahre eine mir bislang unbekannte Wertschätzung.

Erklär uns das mit der Wertschätzung doch mal genauer …
Ich konnte in meiner beruflichen Laufbahn einige Erfolge verbuchen, doch irgendwie fühlte es sich nie ‚echt‘ an. Die Medienbranche ist schnelllebig, und im Endeffekt landet jedes noch so schön gestaltete Printobjekt irgendwann im Altpapier. Ich stelle mir oft die Frage: Was bleibt? Mit meiner neuen Tätigkeit bin ich mittendrin im wahren Leben, höre die spannendsten Lebensgeschichten.

Was sind Deine wichtigsten Disziplinen als Trauerrednerin?
Drei Pfeiler sind die Basis meines Berufs: Zuhören, Schreiben, Reden. Es gilt, andere Menschen in ihrem Schmerz auszuhalten, sie achtsam zu begleiten. Von meinen Auftraggebern bekomme ich unglaublich gutes Feedback. Diese Rückmeldungen kommen von Herzen, und das quer aus allen Gesellschaftsschichten. Ich habe das Gefühl, mit meiner Arbeit etwas bewirken zu können, einen winzigen, aber wertvollen Gesellschaftsbeitrag zu leisten. Das fühlt sich verdammt gut an. Der neue Beruf ist mehr als ein Job – er ist meine Berufung.

Klingt spannend! Aber Du hattest vorhin erwähnt, dass Deine Neuaufstellung auch privater Natur war …
Ja, alles hängt mit allem zusammen. Nun folgt Teil zwei: Mein Sohn zieht im Sommer nach Berlin, er will Modedesign studieren. Jetzt nutzen wir die Gelegenheit, um uns von unserem alten Leben zu verabschieden. Ich tausche ein großes Haus, meinen geliebten Garten samt dörflicher Idylle gegen ein winziges Apartment mitten in München. Ich reduziere mich auf ein Minimum, befreie mich radikal von allen unnötigen Habseligkeiten. Zukünftig möchte ich ohne wirtschaftlichen Druck wieder freier leben – und natürlich meinen Sohn während seines Studiums unterstützen.

Du steckst also noch mittendrin, in der großen Veränderung. Wie fühlt sich das an?
Im Moment stehe ich gefühlt am Fuße des Nanga Parbats und weiß nicht, wie ich die 8.125 Höhenmeter bewältigen soll. Obwohl, eigentlich bin ich schon im Basislager angelangt: Schritt für Schritt konzentriere ich mich auf den steilen Weg: atmen, Kraft einteilen – beflügelt von der Vorfreude auf einen neuen Lebensabschnitt. Ich mache mir viele Gedanken, habe schlaflose Nächte: Werde ich in der Großstadt überhaupt atmen können? Ich lasse mich bewusst auf dieses Experiment ein, trotz vieler Fragezeichen.

Wer oder was gibt Dir die Kraft, um das alles zu schaffen?
Die Kraft schöpfe ich in erster Linie aus mir selbst. Bereits als Kind war ich stark und mutig, im Laufe der Jahre bin ich zu einer resilienten Frau gereift. Ich habe ein tiefes Urvertrauen in mir, manchmal staune ich selbst über diese Kraft, die mir auch in beruflicher Hinsicht vieles ermöglicht. Dankbar schaue ich zurück auf ein liebevolles Elternhaus, samt einer freien Erziehung zur Eigenverantwortung. Die Frauen in unserer Familie haben über mehrere Generationen unglaublich gelitten und Unglaubliches geleistet. Der Gedanke daran, das Wissen um die deutlich größere Not meiner Eltern, Großeltern und Urgroßeltern hat mir oft Kraft gegeben.

Und ganz konkret? Tust Du irgendwas für Body & Soul?
Ich übe mich seit Jahren in Yoga und Meditation; das ist für mich wie Atmen, Essen, Trinken, Schlafen. Auch bewege ich mich viel in der Natur, bin bei Wind und Wetter draußen. Ich schwimme für mein Leben gern, kann stundenlang im Wald spazieren gehen. Und nicht zu vergessen, mein gut funktionierendes Netzwerk, meine wunderbaren Freund*innen und allen voran meine großartige Lebenspartnerin, die mich auch in schwierigen Zeiten mit hinaus ins Licht lockt.

Was rätst Du anderen Frauen, die sich in der Lebensmitte neu aufstellen wollen oder müssen?
Einfach machen, mutig sein, nicht aufhalten lassen. Da zitiere ich gerne den guten alten Buddha: „Wir sind, was wir denken … Mit unseren Gedanken formen wir die Welt.“ Ja, wir gestalten unsere eigene Welt, davon bin ich fest überzeugt. Es gibt viele Möglichkeiten, sich Unterstützung zu holen. Ganz wichtig: netzwerken, sich mit Gleichgesinnten austauschen, Öffentlichkeit herstellen. Sehr schwierig: Scham und Stolz überwinden, um Hilfe bitten und diese auch annehmen können. Seid es Euch wert!

Gibt es etwas, was Du bereust?
Vielleicht die ein oder andere vertane Zeit in Gesellschaft mir nicht guttuender Menschen. Vermutlich hätte ich schon viel früher auf all die Konventionen pfeifen sollen. Das ist das Gute am Älterwerden: Wir müssen niemanden mehr gefallen, außer uns selbst. Wir haben keine Zeit zu verlieren und sollten einfach machen, was wir wollen!

Gibt es noch Wünsche, die Du Dir irgendwann noch erfüllen möchtest?
Oh ja, ich bin noch immer nicht über den Atlantik gesegelt, auch würde ich sehr gerne ein Buch schreiben. Die Geschichten drängen sich mir förmlich auf, lassen mir keine Ruhe, wollen erzählt werden. Irgendwann möchte ich zusammen mit meiner Partnerin wieder in einem Haus am See leben. Auch würde ich später sehr gerne Großmutter werden, wenn nicht mit eigenen Enkelkindern, dann halt als Leih-Oma. Mein größter Wunsch: bei guter Gesundheit und mit wachem Geist möglichst lange leben, auch, um zu sehen, wie mein wunderbarer Sohn seinen eigenen Weg geht.

Vielen Dank!

Das Interview führte Gerlind Hector, der Konventionen ebenfalls schnurz sind – inzwischen jedenfalls. Denn genau wie Daniela wird sie mit den Jahren immer lässiger und verkneift sich keinen Spaß mehr – nur weil sie dafür zu dick, zu dünn, zu doof oder zu schlau sein könnte. Von Menschen, die ihr nicht guttun, trennt sie sich jedes Jahr am 1. Januar: Dann wird mit leisem „Omm” aussortiert und gelöscht und Platz gemacht für noch unbekannte nette Menschen. Lebt wohl, Ihr Nulpen – Hallo Neulinge, ich freu mich auf Euch!

Daniela im Internet

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