Buchvorstellung: „Wut und Böse“
Worum geht es?
Zunächst mal um die Frage: Wann waren Sie das letzte Mal richtig wütend? Damit spricht die Autorin ausdrücklich Frauen an, Zunächst um die Frage: Wann waren Sie das letzte Mal richtig wütend? Damit spricht die Autorin ausdrücklich Frauen an, deren Wut sehr schnell in Schubladen wie „zickig“, „überspannt“ oder „unsouverän“ gesteckt wird. (Ein eigenes Kapitel im Buch, das „wutlose Lexikon“, listet auf zwei Seiten weitere Begriffe auf.) In diesem Buch geht es um die Frage, was Wut eigentlich ist. Ciani-Sophia Hoeder betrachtet die Wut im Wandel der Zeit. Außerdem zeigt sie Beispiele, wo und wie wütende Frauen unser Leben geprägt haben. Schließlich dreht es sich auch um den Punkt, an dem aus Wut der Mut zur Veränderung wird. Die Autorin schreibt dazu: „Dieses Buch soll den Zorn, den Frauen zu Recht empfinden, legitimieren. Ihn in allen Nuancen beleuchten.“ Das macht sie mit Studienergebnissen, Lebensläufen, Statistiken und eigenen Erfahrungen und nennt das eine „kleine Anleitung zum Wütendsein“.
Was kann das Buch?
Erklären und Mut machen. Mut zur eigenen Wut. Denn Wut sollte Antrieb sein. Ohne die Wut anderer Frauen müssten wir uns heute immer noch von Ehemännern sagen lassen, ob wir arbeiten oder ein Bankkonto haben dürften. Dass Wut nicht gleich Wut ist, auch das beleuchtet die Autorin, erklärt, was im Gehirn passiert, wenn wir Ungerechtigkeit empfinden, und wie die Wissenschaft dieses Gefühl untersucht hat.
Warum gerade Frauen ihre Wut selten als Motor begreifen, um Veränderungen anzuschieben, auch dazu gibt es einen Exkurs in eigene Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse. Wir lernen etwas über das System, in dem wir leben, das es, mit all seinen vorgefertigten Rollen, Frauen so schwer macht wütend zu sein.
Warum sollte mich das interessieren?
Gedankenspiele darüber, was passieren würde, wenn mehr Frauen wütend werden, wenn sie etwas mit dieser Wut anzufangen wissen, weil sie sie als sinnvolles Instrument begreifen, sind nicht nur unterhaltsam und spannend, sondern auch erhellend. Warum werden wir nicht viel wütender darüber, dass Frauen immer noch viel weniger verdienen als Männer? Warum nehmen wir es nicht einfach hin, als unsympathisch zu wirken, wenn wir für uns einstehen? Gefühle sind da, um gefühlt zu werden, schreibt Hoeder, stellt aber auch fest, dass es aufgrund unserer jahrelangen Sozialisierung als Frauen nicht einfach ist, sie auszuleben. Vielleicht kann dieses Buch ein Anstoß dafür sein, sich nicht mehr alles klaglos gefallen zu lassen.
Warum ist die Autorin interessant?
Ciani-Sophia Hoeder war 2020 mit dem RosaMag, einem deutschen Onlinemagazin für schwarze Frauen, für den Grimme Ciani-Sophia Hoeder war 2020 mit dem RosaMag, einem deutschen Onlinemagazin für schwarze Frauen, für den Grimme Online Award nominiert. Sie arbeitet als Journalistin für das SZ-Magazin und berichtet unter anderem über alltäglichen und institutionellen Rassismus.
Kostprobe:
„Es ist kompliziert und simpel zugleich. In der Theorie ist Wut geschlechtsneutral, im Alltag nicht. Wir alle fühlen Ärger. Ihn auszudrücken, ohne gesellschaftliche Abstufungen zu erleben, ist ein Privileg, das vor allem weißen, heterosexuellen, nicht behinderten cis-Männern vorbehalten ist. Das macht die Emotion zu einem Politikum. Wer wütend sein darf, hat Macht. Wer es nicht sein darf, wird kontrolliert. Die Eingrenzung dieser Emotion ist klug. Denn wenn die Wut einer Gruppe als gänzlich unglaubwürdig gilt, können diese Personen sich nicht beschweren. Alles, was sie fordern oder artikulieren, wird überhaupt nicht angehört.“
Ein Geschenk für: unsere Freundinnen, Schwestern, Mütter, Cousinen, die nicht nur Romane lesen und neugierig und offen für das Thema sind.
Ciani-Sophia Hoeder: „Wut und Böse“ , hanserblau, 208 Seiten, 18 Euro – hier bestellen
Rezension: Anja Goerz