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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Tatsachenreport

Unlust

Irgendwo habe ich (55) einmal gelesen, dass Frauen nach circa 200 Sexualkontakten mit einem Mann das sexuelle Interesse an ihm verlieren. Das deckt sich mit meinen Erfahrungen in sämtlichen Beziehungen.

Mein geliebter Mann (67) zum Beispiel ist wirklich ein SEHR guter Liebhaber! (Die Fertigkeiten meiner zwei Affären in unserer zehnjährigen Beziehung – von denen er weiß – reichen nicht an ihn heran.) Aber irgendwie … funkt es nicht mehr so. Dass er immer dicker wird und jeden zarten Hinweis darauf ignoriert, macht die Sache nicht einfacher. Ehrlich gesagt stört es mich auch gar nicht so furchtbar. Es ärgert mich halt prinzipiell, dass ich immer schön und sexy aussehen soll und er hingegen sich so gehen lässt.

Zu seinen Gunsten muss ich allerdings sagen, dass er die Schönheit von Frauen nicht an ihrer Schlankheit oder Jugend bemisst und ich von ihm viel Zuspruch bekomme. Ihm wäre es egal, wenn ich fünf Kilo mehr wiegen würde. Und er kann sich auch für Frauen jenseits der 70 (er ist 67) total begeistern! Fairerweise muss ich ebenfalls erwähnen, dass meine Libido unter den Wechseljahren schwer gelitten hat. Sexuelle Phantasien? Masturbation? Interessieren mich kaum mehr. Pornos (die mich früher in Fahrt brachten) sehe ich mit demselben Gleichmut wie TV-Werbung. Attraktive Männer nehme ich wahr, aber es rührt sich nichts.

Das war nicht immer so. Ich hatte viel Sex in meinem Leben, guten und schlechten, mit einigen Partnern. Heute habe ich manchmal das Gefühl, der Kelch des Empfindens ist ausgeschöpft, die Lust ist aufgebraucht, so wie man eines Tages keine Eizellen mehr produziert. Hinzu kommen Schmerzen bei der Penetration, weil ich nicht mehr so feucht werde. Mein Mann nimmt das an, er gibt mir kein schlechtes Gefühl. Und er geht kreativ damit um, muss ich sagen. Trotzdem: Sex ist für mich keine Triebfeder mehr. Er fehlt mir auch nicht. Allerdings würde ich meinem Mann sehr gern mit mehr Lust begegnen. Erotik und Sex sind ihm nämlich sehr wichtig! Ständig begrabbelt er mich, ständig surft er auf einschlägigen Seiten (was mich nicht stört). Manchmal gelingt es mir mich einzulassen. Im günstigsten Fall kriegt er mich dann irgendwann rum, dann ist es auch schön. Meine tiefste Befriedigung finde ich darin, ihm mal wieder etwas gegeben zu haben. Er ist dann so glücklich, und ich bin es auch. 

Mich stresst halt, dass die ganze Ambivalenz meiner Erfahrungen nirgendwo verhandelt wird. In Zeitschriften und Blogs hört man nur von Frauen, die jenseits der 50 den Sex ihres Lebens haben und damit angeben. Ich gönn’s ihnen ja. Aber bei mir ist es nicht so. Ich habe diese Sehnsucht auch gar nicht, und ich will mich deshalb auch nicht erklären müssen.


H., 55

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