Sexgeräusche
Sexgeräusche
Wenn mir eine Freundin auf die Schulter tippt, um mir geheimnisvoll ins Ohr zu flüstern, weiß ich schon, was kommt: eine Frage zum Thema Sex, die ihr irgendwie unangenehm ist. Wie gut, dass mir so ziemlich gar nichts unangenehm ist. Schon gar nicht Geräusche beim Sex. Eine meiner Freundinnen hat einen neuen Lover, von dem sie noch nicht weiß, ob mehr daraus wird. Seine Geräuschkulisse beim Sex fand sie – sagen wir mal – befremdlich. Er brüllt, wenn er kommt. Tadaa. Abgesehen davon, dass ihre Nachbarn so mitkriegen könnten, dass sie – Hurra! – ein sexuelles Wesen ist, wusste sie nicht, wie sie mit den brunftigen Geräuschen ihres Liebhabers umgehen sollte.
Also ich finde ja Menschen, die sich beim Sex artikulieren, ob es nun Worte oder Töne sind, ziemlich scharf. Nichts ist schlimmer als ein stummer Akt, bei dem man nicht weiß, ob die andere Person nicht unter Umständen gleich einschläft. Bei mir darf von Herzen geschrien, geflucht, gejauchzt und dirty geredet werden, auch das gehört für mich zum Vögeln einfach dazu. Dass ich das so genau weiß, lag an frühen Erfahrungen mit Typen, die beim Kommen piepsten wie der Hamster in meiner Kindheit. Null sexy. Sowas von null.
Sexy Stöhnen ist auch Kommunikation
Es muss ja nicht gleich zugehen wie in manchen Pornos, in denen zugegebenermaßen oft gestöhnt und geschrien wird, als gäbe es kein Morgen. Ist halt Show, wie ‘ne Menge anderer Sachen in den Filmchen auch, und nicht wirklich ernst zu nehmen. Manchmal muss man das den Lovern auch klipp und klar sagen, aber das ist nochmal ein anderes Thema.
Aber es spricht absolut nichts gegen Geräusche, die einfach klar machen, dass da zwei oder mehr Menschen eine Menge Spaß miteinander haben. Mir sind Sexgeräusche jedenfalls zehnmal lieber als tonlose Lust oder etwa Schnarchen. Sexy Stöhnen, anfeuernde Worte – es ist alles Kommunikation, um den Sex noch lustvoller zu machen. Wie oft habe ich schon Freundinnen ermuntert, mal endlich aus sich rauszugehen, anstatt ihre Lust in sich einzukapseln. Ich konnte das auch nicht sofort. Irgendwie schien das zu meinem Upcoming in einem braven Beamtenhaushalt nicht zu passen, mich mal richtig gehenzulassen. Bis ich irgendwann beschloss, dass es mir egal ist, was mein Gegenüber von mir denkt. Seitdem kann ich den Sex noch viel mehr genießen und eine innigere Beziehung dabei herstellen als vorher. Yepp, Geräusche gehören eindeutig dazu.
Innere Sexgöttinnenstimme
Macht euch also auf die Reise, eure eigenen Töne und Worte beim Sex zu entdecken. Es gibt dafür keine Regeln. Man kann Dinge auch einfach mal ausprobieren. Und wenn es am Ende erstmal nur ein entspannter Seufzer ist, der sich dann steigern darf. Prima üben, die eigene Luststimme zu finden, kann man zum Beispiel beim Masturbieren. So könnt ihr charmanterweise gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – euch entspannen und ein paar heiße Töne rauslassen. Ich weiß nur eines: Die Personen, die so gar nichts von sich beim Sex preisgaben, außer gewisse körperliche Anzeichen, waren nie die besten Liebhaber*innen. Das Loslassen – und zwar in jeglicher Hinsicht – macht den Sex einfach schöner. Basta.
Suzette Oh ist im besten Alter, um die richtige in Theorie und Praxis erfahrene Sexpertin für uns zu sein. Tatsächlich hört sie außerhalb der gedämmten Wände auf einen anderen Namen, möchte aber auch weiterhin die Bestellung für ihre Schwarzwälderkirschtorte zum Geburtstag aufgeben, ohne dass die Verkäuferin kreischt: „Ich kenn Sie! Sie sind die tolle Sex-Kolumnistin!“
Wer jetzt schnell mehr von ihr lesen möchte, klickt auf die Links. Suzette Oh hat nämlich bereits aussagekräftige Bücher veröffentlicht, als da wären ihr „Pussy Diary“ und ihre erotische Phantasien in Bezug auf das Erben eines Hauses. Bzw. ein Hotel der Lust.
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Illustration: Katharina Gschwendtner