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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Suite Suzette

Babe, lass den Bauch raus

Suzette Oh – unsere Kolumnistin weiß, was sie möchte. Jeden zweiten Donnerstag besuchen wir sie in ihrem Boudoir und lauschen ihrem Bettgeflüster

Nichts ist hotter als kleine Makel. Ja, richtig gelesen. Ich kann mit so glatten makellosen Gesichtern und Körpern gar nichts anfangen. Deswegen verstehe ich auch den ganzen Instagram-Filterkram nicht. Die getunten Versionen von Menschen sehen selten besser aus, haben meist wenig mit der Realität zu tun und rauben Menschen das Individuelle. Und damit ein gutes Stück Sexyness.
Gerade Frauen tun sich ja besonders schwer damit, sich so zu akzeptieren, wie sie sind. Das kann gerade beim Sex ganz schön anstrengend sein. Ich kenne keinen Mann, der seinen Bauch beim Vögeln einzieht. Aber zig Frauen, die das zumindest versucht haben und bei denen die Lust dabei auf der Strecke blieb. Beim Sex gut aussehen zu wollen, verleidet einem einfach den Spaß.

In meiner Berliner Zeit lernte ich durch eine Dating-App einen amerikanischen Schriftsteller kennen. Wir saßen bei einem sehr kurzen Drink in einer Bar im Bergmannkiez, denn das Erotikfeuer brannte schon beim ersten Anschauen lichterloh. Also gingen wir zügig in seine Kreuzberger Wohnung. Der Mann war ziemlich gut trainiert, was mich in meiner weiblichen Softness dann doch etwas verunsicherte, was er prompt bemerkte. Und so lächelte er mich an und meinte nur knapp, während er mir liebevoll den Bauch streichelte: „Babe, let it all go.“ Und so ließ ich meinen Bauch rausploppen, meinen Körper Körper sein, ohne mich zu verstecken oder zu verrenken und hatte eine der besten Nächte meines Lebens. Später erzählte er mir, dass er in Kalifornien aufgewachsen war und alles verabscheute, was mit künstlich getunten Körpern, Brüsten, Lippen usw. zu tun hatte. Sein Rausch waren reale Frauen mit realen Körpern mitten aus dem Leben. Leidenschaft im Bett hat nichts mit perfekten Körpern zu tun.

Ich erzählte diese Episode danach einer Bekannten, die aufgehört hatte auf Dates zu gehen, weil sie solche Komplexe wegen ihres Körpers hatte, der – nach ihrer Ansicht – weit davon entfernt war, präsentabel zu sein. Sie hatte am Bauch zwei OP-Narben, ein paar Besenreiser am Bein und – für sie das Allerschlimmste – hängende Brüste. Ich wollte sie direkt zu dem Ami schicken, damit er ihr diese Flausen austreiben konnte, aber sie sperrte sich. Nee, sie müsse erstmal abnehmen, sich die OP-Narben und Besenreiser weglasern lassen und und und. Die Liste schien endlos. Keine Ahnung, ob sie je wieder Sex mit einer anderen Person hatte.
Kleine Komplexe sollen hier keineswegs verulkt werden. Aber alles, was ich selbst erfahren habe und auch von anderen Frauen höre, die sich mit ihrem Körper ausgesöhnt haben, ist: Keine Frau wird wegen Cellulitis, Besenreiser oder einem Bäuchlein aus dem Bett geworfen. Je souveräner eine Frau ihre kleinen vermeintlichen Makel akzeptiert, desto weniger spielen sie eine Rolle. Eine Frau, die bei sich ist und Lust am Sex ausstrahlt, ist für Partner:innen viel spannender und erotischer als jede Frau mit scheinbar perfektem Körper, die sich eher um ihr Aussehen als den Sex selbst kümmert.

Also Ihr lieben Bäuche, die Kinder geboren haben oder einfach Pasta lieben, Ihr lieben Zahnlücken, Ihr kleinen Dellen an den Oberschenkeln, Ihr Fältchen, die hoffentlich vor allem vom Lachen kommen: Ihr seid willkommen und kein Ausschlusskriterium, wilde Leidenschaft zu erleben.
Natürlich habe ich ab und an mal Typen gefragt, die aus meiner Warte sauattraktiv waren, wie sie bei mir und einigen Gespielinnen gelandet sind, die nicht dem Supermodel-Typus entsprechen. Die Antworten kamen mit größter Selbstverständlichkeit: Du bist so lebendig. Du strahlst solche Lebensfreude aus. Bei Dir spüre ich, dass Du Bock auf Sex hast. Du kannst Dich gehenlassen und genießen usw. Es kam nie ein einziger abwertender Kommentar zu meinem Körper oder denen meiner Freundinnen, die mit 40 und 50+ eben nicht mehr aussehen wie mit Mitte 20.

Und so trage ich diese frohe Kunde in die Welt und hoffe, dass ganz viele Frauen sie lesen, die sich selbst um erotische Abenteuer bringen, weil sie glauben, nicht attraktiv genug zu sein. Sich kleinzumachen ist nicht sexy. Sich in Selbstakzeptanz zu üben und die innere Erotikgöttin zu kitzeln, kann dafür lebensverändernd sein.

Suzette Oh ist im besten Alter, um die richtige in Theorie und Praxis erfahrene Sexpertin für uns zu sein. Tatsächlich hört sie außerhalb der gedämmten Wände auf einen anderen Namen, möchte aber auch weiterhin die Bestellung für ihre Schwarzwälderkirschtorte zum Geburtstag aufgeben, ohne dass die Verkäuferin kreischt: „Ich kenn Sie! Sie sind die tolle Sex-Kolumnistin!“
Wer jetzt schnell mehr von ihr lesen möchte, klickt auf die Links. Suzette Oh hat nämlich bereits aussagekräftige Bücher veröffentlicht, als da wären ihr „Pussy Diary“ und ihre erotische Phantasien in Bezug auf das Erben eines Hauses. Bzw. ein Hotel der Lust.
Suzette Oh auf Instagram

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