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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Suite Suzette

Wie lange soll Sex dauern?

Suzette Oh – unsere Kolumnistin weiß, was sie möchte. Jeden zweiten Donnerstag besuchen wir sie in ihrem Boudoir und lauschen ihrem Bettgeflüster




Wie lang ist lang?

Neulich, als ich bräsig mit einer Freundin im Liegestuhl in ihrem Garten lag, fragte sie mich plötzlich aus dem Nichts: „Sag mal, was meinst du, wie lang sollte eigentlich der Sex dauern?“ Ich rappelte mich aus meiner Tiefenentspanntheit hoch und versuchte ihr Gesicht zu lesen. Sie war mehr als 20 Jahre verheiratet, mit allen Ups and Downs, sexuellen Flautephasen und dem gemeinsamen Wiederentdecken der Lust, aber die Dauer des Sex war dabei nie ein Thema gewesen.

Sollte es überhaupt ein Thema sein? Wie meist beim Sex gibt es nicht wirklich Regeln, wann etwas gut oder schlecht ist. Gradmesser sollte sein, ob ich selbst dabei Spaß habe. Mir ist es zum Beispiel extrem lästig, wenn ich so einen Performer im Bett habe, der sich mit zusammengekniffenem Gesicht abarbeitet, um bloß nicht zu kommen. Innerlich scheint dieser Typus dabei gegen eine innere Uhr anzukämpfen, die auf 20 bis 30 Minuten Vögeln eingestellt ist. Das ist ja auch meist die Zeit, die Pornos gerne vorgeben. Aber hey, Lust hat keine Uhrzeit. Ich hatte schon den tollsten Sex, der nur fünf Minuten oder gar kein Vögeln bedeutete, und den miesesten, bei dem sich eben jemand auf mir abgemüht hat und ich verstohlen auf die Uhr blickte und einfach nur zum Schluss kommen wollte. Einmal habe ich sogar einen Typ von mir heruntergeschmissen.

Sex ist mehr als Penetration

Das große Missverständnis bei der Sache mit der Länge ist – noch immer –, dass viele Frauen und Männer glauben, nur die Penetration sei „the real thing“ und alles andere nur Vorgeplänkel. Und nur das eigentliche Vögeln sei eben guter Sex. Und der sollte dann auch noch möglichst lang dauern. 

Guter Sex hat vor aber allem mit einem zu tun: sich von allen Vorgaben und vermeintlichen Regeln freizumachen. Wer sagt, dass bei gutem Sex auch penetriert werden muss? Wer sagt, dass Blowjobs dazugehören? Wer sagt, dass guter Sex mindestens 30 Minuten dauern muss? Diese und andere Vorannahmen sind nichts weiter als unnützes „Wissen“ aus dem Internet oder dämlichen Magazinen. Und mich erschreckt immer wieder, wie stark wir alle von diesen Vorannahmen geprägt sind. Denn sie führen dazu, dass wir uns in der Erotik nicht wirklich fallen lassen können, um sie einfach zu genießen.

Genau das alles sagte ich auch meiner Freundin. Ich redete mich regelrecht in Rage, während sie nach meinem Wortschwall nur ein kurzes „Na, dann ist es ja gut“ anmerkte und den Rosé nachschenkte. 

Am Abend traf ich meinen Lover. Unser Sex läuft meist in Intervallen, vom Quatschen gleiten wir hinüber, dann zurück zum Quatschen, wieder zurück in die Lust usw. Es gibt wirklich keine Regeln. Und nicht jedes Mal spielt eine Penetration eine Rolle. Er hat einige Zeit gebraucht, um zu kapieren, dass die nicht immer nötig ist. Erfreulicherweise hat die Erkenntnis auch ihn ungemein entspannt, denn auch Männer haben nicht immer Bock auf das übliche Programm. Und sie merken, dass das Vorspiel eben auch Hauptspiel sein kann und das Nachspiel Vorspiel. Am besten aber ist, man definiert gar nichts, verbannt die Uhr und spürt einfach in sich hinein, was die Lust einem so mitteilt. Sie weiß nämlich am allerbesten, was gut für uns ist.


Suzette Oh ist im besten Alter, um die richtige in Theorie und Praxis erfahrene Sexpertin für uns zu sein. Tatsächlich hört sie außerhalb der gedämmten Wände auf einen anderen Namen, möchte aber auch weiterhin die Bestellung für ihre Schwarzwälderkirschtorte zum Geburtstag aufgeben, ohne dass die Verkäuferin kreischt: „Ich kenn Sie! Sie sind die tolle Sex-Kolumnistin!“
Wer jetzt schnell mehr von ihr lesen möchte, klickt auf die Links. Suzette Oh hat nämlich bereits aussagekräftige Bücher veröffentlicht, als da wären ihr „Pussy Diary“ und ihre erotische Phantasien in Bezug auf das Erben eines Hauses. Bzw. ein Hotel der Lust.
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