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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Suite Suzette

Pornorama

Suzette Oh – unsere Kolumnistin weiß, was sie möchte. Jeden zweiten Donnerstag besuchen wir sie in ihrem Boudoir und lauschen ihrem Bettgeflüster

Es gibt im Leben einer sexpositiven Frau durchaus Zeiten, in denen die Libido mal schlapp macht. Zu viel Arbeit, zu viele Serien bingen, zu viel Routine. Nicht, dass es irgendwie tragisch wäre, mal eine kleine Erotikpause einzulegen. Allerdings muss man aufpassen, dass daraus nicht eine große Flaute entsteht. Ich werde jedenfalls nach einiger Zeit ohne Sex innerlich rastlos und ziemlich schlecht gelaunt. Das ist spätestens der Moment, wo ich mal wieder die Pornokanäle durchstöbere, um neue Geilheit zu entfachen. Manchmal braucht das innere Tier eben einen kleinen Schubs.

Meinen ersten Porno schaute ich mit einer Freundin in der Studienzeit. Wir saßen in ihrem Zimmer, über unseren Köpfen hing ihre frisch gewaschene Wäsche auf einer Leine zum Trocknen, vor uns kam verhaltenes Stöhnen von einer DVD auf einem viel zu kleinen Screen. Etwas verschämt rutschten wir auf unseren Stühlen hin und her, weil wir nicht wussten, ob wir es zulassen konnten, dass uns der Film anmachte. Schließlich verstanden wir uns als Feministinnen. 

Präferenzen herausfinden

Später ging ich mit meinem damaligen Freund ab und zu ins Kino, um Vanilla-Sex-Filme wie „Emmanuelle“ zu gucken. Wir fanden das beide durchaus antörnend, wie sich zu Hause dann schnell herausstellte. Danach trauten wir uns zusammen in die Videothek um die Ecke, um nach härteren Filmen Ausschau zu halten. Ich selbst fand die Situationen in den Videotheken immer super unangenehm. Geifernde Typen, die einen beim Stöbern blöde anglotzten. Ehrlicherweise war ich meist die einzige Frau in der expliziten Ecke. Jedenfalls war ich heilfroh, dass wenig später – damals noch in Frankfurt – der Shop „Inside Her“ aufmachte, wo man unter Frauen war und nicht nur in Ruhe nach Dessous und Toys, sondern auch nach Filmen schauen konnte. Ich guckte damals so ziemlich alles querbeet, um überhaupt festzustellen, was ich anregend fand. Ich blieb dann bei Andrew Blake hängen. Denn seine Filme – in denen übrigens auch eine junge Dita Von Teese mitspielte – hatten mit den billig und öde abgedrehten Pornos der freien Wildbahn nicht so viel zu tun. Sehr schöne, gepflegte Menschen bewegten sich zu Jazzmusik, alles baute langsam aufeinander auf, die Szenen spielten in Schlössern und  herrlichen Gartenanlagen. On top gab es auch viele sehr stimulierenden Girl-on-Girl Sequenzen. Wirklich hot. Sogar einige Männer konnte ich für diese Pornos begeistern.

Pornos dürfen Spaß machen

Moralische Bedenken hatte ich nie. Warum soll ich als Frau nicht Bock haben, Pornos zu gucken? Und ehrlicherweise gucke ich auch Hardcore Material. Nichts, wo Frauen offensichtlich erniedrigt und gequält werden. Aber ich verweigere mich einer Diskussion, dass ich als Feministin eine solche Industrie nicht unterstützen dürfe. Wenn stereotypes Rollenverhalten in vielen Pornos angeprangert wird, gilt das nicht nur für Frauenrollen, sondern genauso für die mitspielenden Typen. Porn kann und darf Spaß machen und es kann und darf eine Bereicherung des Sexlebens sein. Inzwischen gucke ich auch häufiger mit dem Lover zusammen. Wir unterhalten uns darüber, was uns scharf macht. Nicht alles machen wir nach, aber anregend finden wir es immer und der Sex nach Pornofilmen ist immer ein Stück heißer als sonst. Es gibt aber auch die Zeiten, wo wir wochenlang gar nichts gucken. Sich nicht von der Fantasie der Sex-Industrie abhängig zu machen, ist schon wichtig.

Fair-Porn-ist die Antwort auf den Mainstream

Entscheidend ist, für sich herauszufinden, welche Art von Videos einen antörnen. Wer Bedenken hat, auf den üblichen Porn-Kanälen zu schauen, kann nach Alternativen gucken. Die Regisseurin Erika Lust ist mittlerweile auch bei Mainstream-Medien als positive Porno-Filmemacherin etabliert. Sie dreht nicht mit üblichen Profi-Darsteller:innen, sondern oft auch mit Laien. Man sieht diverse Körper, Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen, die Lust der Frau steht im Zentrum. Hier findet ihr also den Gegentrend zum Mainstream-Porn – eine Art politisch korrekte Inspirationswelt. Ich weiß, dass einige Frauen mit ihrem Gewissen ringen, sich selbst zu erlauben, Pornos zu gucken. In dem Fall ist Erika Lust eine echte Alternative zu den Hardcore Kanälen wie Pornhub. Also: Go for it. Erika verfilmt nämlich gerne die Fantasien von Frauen, die ihr schreiben. Wer unter den Schlagworten #Fairporn #Indieporn und Slowporn sucht, stößt übrigens auf weitere Angebote dieser Art.

Ich persönlich bin ein Fan der Marc Dorcel Welt, Frankreichs Erotik-Gott. Ich mag einfach schöne Settings, tolle Dessous, gepflegte Leute mit kinky-bourgeoisem Touch. Unter dieser Marke dreht mittlerweile eine Reihe von Regisseuren, die Bandbreite geht von soft bis derb. Je nach Lust und Laune.  Und für wen Pornos so gar nicht in Frage kommen: Eine Freundin erzählte mir neulich, dass für sie der sexuelle Kick kommt, wenn sie ein bisschen Gras raucht. Es gibt also viele Wege, die eigene Geilheit anzustacheln. Hauptsache, ihr habt Spaß!



Suzette Oh ist im besten Alter, um die richtige in Theorie und Praxis erfahrene Sexpertin für uns zu sein. Tatsächlich hört sie außerhalb der gedämmten Wände auf einen anderen Namen, möchte aber auch weiterhin die Bestellung für ihre Schwarzwälderkirschtorte zum Geburtstag aufgeben, ohne dass die Verkäuferin kreischt: „Ich kenn Sie! Sie sind die tolle Sex-Kolumnistin!“
Wer jetzt schnell mehr von ihr lesen möchte, klickt auf die Links. Suzette Oh hat nämlich bereits aussagekräftige Bücher veröffentlicht, als da wären ihr „Pussy Diary“ und ihre erotische Phantasien in Bezug auf das Erben eines Hauses. Bzw. ein Hotel der Lust.
Suzette Oh auf Instagram

Illustration: Katharina Gschwendtner

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