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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Wie können wir für Sterbende da sein, wenn der Tod nah ist? 

Gyde Greta Cold weiß: Über Ängste und Trauer ins Gespräch zu kommen, macht nicht nur das Sterben leichter – sondern auch das Leben

Die letzte Phase eines Lebens erkennen wir daran, dass der Körper des Menschen, den wir auf seinem Weg zum Tod begleiten, immer schwächer wird und er nur noch liegen kann. Wir können uns glücklich schätzen, dass es heutzutage in vielen Regionen in diesem Land eine palliativmedizinische Versorgung gibt. Sie sorgt dafür, dass der schwer erkrankte Mensch keine Schmerzen erdulden muss. Es geht jetzt nicht mehr um Heilung, sondern um die beste Begleitung auf das Ende zu. Wir unterstützen das Weggehen, indem wir akzeptieren, was ist und in Selbstlosigkeit präsent und ganz für den anderen da sind.

Bei der Pflege sind wir beteiligt und geben dem Körper Wohltuendes. Allerdings immer nur im Einverständnis mit dem anderen. Kann dies nicht mehr gegeben werden, achten wir genau auf die Reaktionen seines Körpers. Schön sind eine Massage mit einem stimulierenden Öl an den Körperstellen, die es erlauben, oder das Eincremen mit der Lieblingscreme und die sanfte Berührung des Kopfes. Wir können uns auch zu ihm legen und ihn wie ein Baby ummanteln.

Auch die anderen Sinne können wir wachhalten: Ein Blumenstrauß am Bett ist ein sichtbares Zeichen der Lebendigkeit. Spielte Musik eine große Rolle, suchen wir die liebsten Stücke heraus. Oder wir singen etwas gemeinsam, wenn es noch möglich ist, oder alleine vor. Wir zeigen so viel wie möglich, dass wir da sind und nehmen so oft es geht Bezug auf sein Leben, auf das, was ihr oder ihm wichtig war und auf das, was wir gemeinsam erlebt haben. Wir bergen unsere Eltern oder Freunde in einer reduzierten Welt, die aus einigen der wichtigsten Facetten ihres Lebens besteht.

Für das seelische Wohlergehen, das Wertschätzen des gelebten Lebens und das Loslassen von allem, was war, versuchen wir auch zu sorgen. Bewusst gehen wir in unseren Gesprächen mit dem sterbenskranken Menschen über das Alltägliche hinaus. Wir stellen Fragen, die einen supervisorischen Blick auf das Leben richten. Treten dabei schmerzhafte Ereignisse auf, traumatische Erlebnisse aus Kriegszeiten etwa, begegnen wir ihm mit viel Mitgefühl und fangen ihn tröstend auf. Zu diesem Zeitpunkt geht es nicht mehr um Aufarbeitung, dafür hat die Seele nicht mehr genug Kraft. Besser geben wir durch liebevolle Worte Halt und unterstützen Selbstverzeihung. 

Wie von oben blicken wir auf die wesentlichen Punkte des Seins und erfragen ein Lebensfazit:

Was war das Schönste in Deinem Leben, was erinnerst Du am deutlichsten? Beim Betrachten von Fotos aus alten Zeiten entdecken wir Momente, in denen unsere Eltern oder Freunde glücklich waren, mit sich im Reinen und im guten Fluss eines reichen Lebens schwammen.

Was denkst Du, war der Sinn Deines Lebens? 
Was möchtest Du als wichtigste Erkenntnis weitergeben?
Hast Du das Leben geführt, das Du wolltest?
Was bedeutet Glück für Dich?

Gedanken und Gefühle regen wir an, die den existenziellen Kern seines Lebens sichtbar werden und ihn in die besten Erlebnisse eintauchen lassen. Außerdem geben sie ihm ein Gefühl von Bedeutung – was gerade bei abnehmenden körperlichen und geistigen Fähigkeiten stärkend wirkt. Auch ist es kostbar, wenn diese Worte als ein Vermächtnis an die übernächste Generation weitergegeben werden und wunderbar authentisch in der Abschiedsrede erscheinen. 

War oder ist die Beziehung zwischen uns und unserem sterbenden Elternteil gut, fällt es uns leicht, unsere Dankbarkeit auszusprechen für alles, was er oder sie für uns getan, dass er oder sie uns großgezogen und versorgt hat und für das, was wir gemeinsam erlebt haben. 

War unsere Beziehung angespannt, von Vorwürfen und Enttäuschungen geprägt und wir sind jetzt dennoch an der Seite unserer Eltern, können wir auch Dankbarkeit formulieren. Wir befinden uns in einem Prozess der Aussöhnung, sonst wären wir nicht bei ihnen. Vielleicht können wir zunächst Entschuldigung sagen für unser kränkendes Verhalten. Und dann dem oder der anderen Vergebung aussprechen, ihm oder ihr verzeihen, was er oder sie getan oder eben auch nicht getan hat. Eine Versöhnung wäre der allerbeste Akt vor dem Abschied. Versöhnen bedeutet, dass unter dem Ärger und der Kränkung die Liebe zueinander wieder auftaucht und ein neues Band knüpft. Das erleichtert dem sterbenden Menschen das Weggehen immens und man muss nicht bereuen, es nicht getan zu haben und kann sich über diese Klärung bis ans Lebensende freuen. 

Menschen auf Hawaii haben für ihre äußeren und inneren Konflikte das Vergebungsritual entwickelt, das wir für uns alleine sprechen, in einer Meditation denken oder zum Abschied des sterbenden Menschen sagen können. Auch mehrfach wiederholend. 

Die fünf Sätze des Ho’oponopono lauten:

1. Ich vergebe Dir. 
2. Ich bitte Dich um Vergebung. 
3. Ich vergebe mir. 
4. Ich liebe Dich. 
5. Ich liebe mich.

Da ist alles drin, was das Loslassen erleichtert und zur seelischen Heilung beitragen kann. 

Wir begleiten die seelische Reise in das andere unbekannte Land, indem wir unseren Menschen nach seinen Vorstellungen fragen, was er nach dem Leben erwartet. Was stellst Du Dir vor, was wird im Totenreich sein? Wird es weitergehen? Wird es schöner dort sein? Oder eher fürchterlich? Denkst Du, dass wir uns dort wiedersehen werden? Daraus lässt sich Trost entwickeln und auch die Angst vor dem Tritt über die Schwelle nehmen.

Woran erkenne ich, dass das Sterben nahe ist? Wenn der Mensch kein Essen oder Trinken mehr zu sich nehmen möchte. Das ist für uns schwierig anzunehmen, aber es gilt: Man stirbt nicht, weil man nicht mehr isst und trinkt, sondern andersherum – man hört auf zu essen und zu trinken, weil man stirbt. In dieser Phase kann man die Austrocknung des Mundraumes mindern, indem man in Absprache mit den Pflegekräften für Befeuchtung sorgt. Atemnot oder rasselnde Atmung können neben Schmerzen, Übelkeit oder Erbrechen auftreten. Alle Körperfunktionen stellen nach und nach ihre Tätigkeit ein, bis sie ganz erliegen. Weitere Zeichen sind Halluzinationen und der Sterbende spricht nicht mehr, weil sein Kontakt mit der Außenwelt insgesamt abnimmt und er sich nach innen zurückzieht. Er befindet sich im Übergang.

Am Ende bleibt uns: Einfach nur still da zu sein und auszuhalten, was geschieht. Da sein und die Hand halten. 

Bei Fragen oder Interesse, etwa diese Aufgaben gemeinsam in einer Gruppe zu machen, meldet Euch gerne bei Gyde Greta Cold, Trauerrednerin und Trauerbegleiterin www.trauerrede-cold.de

Wenn Du in seelischer Not bist und Hilfe brauchst, wende Dich bitte an eine der folgenden Nummern:

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