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Palais F*luxx

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„Maria träumt“ – An oder aus?

Kein Glanz, kein Gloria, aber viel Charme und feiner Humor: die französische Komödie erzählt die Geschichte einer Frau, die sich selbst entdeckt. Silke Burmester hat sich das angeguckt

Nein, eine Selbstfindung muss nicht damit enden, dass man mit einer eigenartigen Kunstinstallation durch die Stadt radelt. Kann aber
Foto: ©Julien Panié


Fünf gute Gründe, „Maria träumt – Oder: Die Kunst des Neuanfangs“ zu gucken

Erstens: Dieser Film ist so, wie wir uns Filme für die 21 Millionen Frauen, die in Deutschland über 47 Jahre alt sind, wünschen: eine Frau in eben diesem Alter, die im Mittelpunkt steht. Deren Geschichte erzählt wird. Die ein Leben hat, unabhängig von ihrem Familienkosmos, und deren Tun nicht daraus besteht, sich um andere zu kümmern. Obendrein entdeckt sie auch noch ihre Sinnlichkeit, ihre Erotik, und ihr Körper spielt – fern aller Sexualisierung – eine entscheidende Rolle. „Maria träumt“ erzählt über eine Frau, die – Vorsicht, Schlagwortalarm! – sich selbst findet.

Zweitens: Diese Geschichte ist charmant erzählt. Es ist ein französischer Film, entsprechend wird viel und zu Beginn etwas hektisch geredet. Gleichzeitig ist es genau diese französische Plapperigkeit, die dem Film eine mögliche Schwere, das Drama nimmt und stattdessen den Findungsprozess einer Frau „im mittleren Alter“ mit Leichtigkeit versieht. „Maria träumt“ zu gucken, macht gute Laune und Lust darauf, die eigenen Augen wieder ein wenig weiter zu öffnen und sich auf das einzulassen, was außerhalb des eigenen kleinen Universums zu finden ist. 

Drittens: Für die Geschichte von Maria (Karin Viard), die mit ihrem Mann in einem kleinen Haus in einem Pariser Vorort lebt und eine Putzstelle an der berühmten Pariser Académie des Beaux-Arts antritt, ist mit dem Umfeld der Kunsthochschule ein interessanter, ungewöhnlicher und überzeugender Kosmos gewählt worden, um vom Wandel und Finden zu erzählen.Maria ist eine Frau, die nicht viele Ansprüche hat, die sich in dem einfachen, unaufgeregten Leben mit ihrem Mann eingerichtet hat und deren Augen sich an der Kunsthochschule öffnen. Erst vor Staunen. Dann vor Begreifen. Es ist schön zu sehen, was Kunst im besten Fall kann: Menschen berühren, sie erreichen und etwas in ihnen kitzeln oder zum Klingen bringen, das sie dazu animiert, ihre Welt zu erweitern. Ihre Sicht zu öffnen und sich weiter entfalten lassen zu wollen, als sie es bisher getan haben.

Viertens: Eine wichtige Rolle für Marias Erblühen spielt der Hausmeister der Schule, und so ist diese Geschichte vor allem auch eine Liebesgeschichte. Und gerade hier hat der Film seine Stärke. In den charmanten, unterhaltsamen, feinfühligen kleinen Episoden über das Zusammentreffen mit Hubert, der mit dem Schauspieler Grégory Gadebois wunderbar besetzt ist. Einem Mann, der schon bald die Liebe zu Maria in den Augen trägt und dessen Welt so viel grösser ist als die ihre, auch wenn sie über das Gelände der Kunsthochschule nicht hinausreicht.

Fünftens: In „Maria träumt“ wird einer Frau 47+ eine Entwicklung zugestanden, die mit anzuschauen Freude macht und zeigt, was möglich ist, wenn man den Staub der Jahre aus dem Hirn klopft und sich öffnet für eine Welt außerhalb der eigenen. „Maria träumt“ ist eine kitschfreie und doch herzwärmende Lebens- und Liebesgeschichte, die mit dem Vorurteil oder der Annahme aufräumt, es gäbe ab der Lebensmitte nichts mehr zu gestalten. Denn das gibt es. Die zweite Lebenshälfte. Oder anders gesagt: das Leben. 


Seit 19. Januar im Kino

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