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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Tatsachenreport

Liebschaft mit Mehrwert

Die Gründe, mich mit genau 47 Jahren in einem Dating-Portal anzumelden, sind vielfältig. Allmählich wohl doch Respekt vor dem Älterwerden. Irgendwie will ich es noch mal wissen. Und gleichzeitig sehe ich mir selbst recht amüsiert bei diesem Experiment zu. Ich formulierte eindeutig, was ich suchte. Eine Liebschaft mit Mehrwert. Und wischte nach links, selten nach rechts.

Wie ich aber vor ein paar Tagen auf den Barhocker geraten war, von dem aus ich nun zusah, wie der fremde Mann Lammfilets und sautierte Bohnen auf zwei Tellern anrichtete, kann ich nicht sagen. Es war recht dunkel, trotz all der Kerzen, aber ich hatte keine Angst. Obwohl niemand wusste, wo ich war und die Standortfunktion an meinem Telefon mit Bedacht ausgeschaltet war. 

Zuvor hatte ich einen Corona-Test gemacht und war, um die Wartezeit bis zum Ergebnis rumzubekommen, – wie ich mir einredete –, in Wahrheit wohl eher aus Nervosität einmal um das Zentrum herumgefahren, hatte einen Parkplatz gefunden, jedoch nicht die Hausnummer. Als er dann anrief, wurde mir doch flau. Eine Stimme am Ohr, wo bislang nur Text gewesen war. Eine Stimme, die warm, tief und ad hoc erotisch war. 

Ich fand mich selbst rührend und lächerlich zugleich. Reichlich Mitte 40, nervös wie ein Teenager und zugleich so abgeklärt und klar. Ich wollte es ja. Und langsam verschwanden das Lamm vom Teller und die Anspannung aus meinen Schultern. Zwei Lebensläufe wurden im Zeitraffer ausgetauscht, zwei längst nicht mehr junge Menschen tasteten sich blickweise, satzweise ab, bis er endlich die Hand ausstreckte, ich vom Hocker glitt und ihn küsste, was ich noch Minuten vorher für undenkbar gehalten hatte. Der Kuss machte uns weich, wie flüssig und sehr warm. 

Dass sich die körperliche Liebe später im Leben so anders anfühlt als mit 20. Dass es für diese erschütternde Erstbegegnung kein anderes Wort zu geben scheint als Rausch, dass das Begehren den Körper trifft wie die Luft beim Öffnen eines sehr heißen Backofens, war einfach nicht zu fassen. Ich bestand aus Mund und Haut und zitterndem Sehnen. Die Musik war weg, nur Atem noch, dann das Geräusch von Gürtelschnallen und fallenden Kleidungsstücken, halbe Worte.

B., 47 J.

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