Solo-Sex ist Selbstfürsorge
Masturbation ist ein verführerisches Biest. Eigentlich hätte dieser Text längst fertig sein sollen. Aber ich dachte mir, zur Einstimmung könnte ich mich doch mal lässig ins Bett legen und etwas praktizieren. Danach lag ich glücklich ermattet und sehr faul im Bett. So ging das die folgenden Tage fröhlich weiter. Und dabei ist der internationale Masturbationsmonat nun auch schon einige Zeit her, das ist nämlich der Mai. Der 7. Mai gilt sogar als internationaler Feiertag der Masturbation. Erdacht von einer Sextoy Firma in den USA in den 90ziger Jahren zu Ehren der Kinderärztin und Verwaltungsangestellten Jocelyn Elders, die Selbstbefriedigung als Teil des Sexualkundeunterrichtes vorgeschlagen hatte und prompt dafür gefeuert wurde.
Spaß mit sich selbst pimpt das Leben
Bis heute ist Selbstbefriedigung ein Tabuthema – zumindest bei Frauen. Warum eigentlich, wo wir doch sonst über alles quatschen? Immer wenn ich das Thema mal im Freundinnenkreis anschneide, ernte ich Augenrollen. Eine komische Verschämtheit macht sich dann breit. Während Männer die kleine Solonummer ein Leben lang begleitet, hört sie bei den meisten Frauen auf, wenn sie gebunden sind. Als würden sie ihre Partner*innen betrügen, wenn sie ein bisschen Spaß mit sich selbst hätten. Eine meiner Freundinnen, in deren Ehe schon lange im Bett nicht mehr viel läuft, beklagte sich neulich darüber, dass sie ihren Mann morgens im Bad dabei zuhören könne, wie er sich einen runterholt, während sie noch im Bett liege. Ich warf ein, sie könne die Zeit ja entsprechend für sich nutzen, doch sie winkte gleich ab. Da käme sie sich armselig vor, weil ihr ja dann noch bewusster würde, wie sehr das Begehren in ihrer Ehe fehle. Was aber meist für beide Partner*innen gilt.
Ich glaube ja, wenn man sich selbst begehrt, kann das Feuer auch in einer Partnerschaft weiter brennen. Masturbation ist nämlich keine blöde Ersatzbefriedigung, sondern hat ganz viel mit Selbstfürsorge zu tun. Sie ist quasi ein wunderschöner deep dive zu sich selbst. Um den eigenen Körper und seine Bedürfnisse noch besser kennenzulernen und zu huldigen. Und das Geile daran ist, es ist nie zu spät, damit anzufangen.
Besser altern mit Solo-Sex
Mir selbst wäre nie im Leben in den Sinn gekommen, die Finger von mir zu lassen. Seit meinem Teenagerleben begleitet mich Masturbation. Im Laufe der Zeit habe ich verblüffende Effekte festgestellt, die teils jetzt sogar in Studien belegt wurden. Selbstbefriedigung baut eindeutig Stress ab. Wovon meine ganze Umgebung profitiert. Anstatt jemand anzublöken, trete ich lieber den Rückzug an und schaue einfach mal, was die Sextoy-Kiste so hergibt. Tiefenentspannt schnurre ich anschließend auch bei der Arbeit wie ein Kätzchen. Manche Frauen fragen mich auch, was ich für Wundercremes für mein Gesicht benutze. Die Antwort: Masturbation ist das beste Anti-Aging-Mittel, das es gibt. Die Haut wird optimal durchblutet, die Vitalitätswerte steigen, man fühlt sich einfach irre lebendig. Und sieht eben auch so aus.
Vor kurzem habe ich festgestellt, dass man sogar hartnäckige Rückenschmerzen dank Selbstbefriedigung beseitigen kann. Kein Masseur konnte meinen blockierten unteren Lendenwirbel lockern, bis ich selbst tätig wurde. Tada – nach einigen Fummel-Sessions konnte ich mich wieder bewegen. Und wer jetzt einwirft, dass zwischen Homeoffice und Homeschooling nun wirklich keine Zeit mehr sei, der sei gesagt: Für Dinge, die uns guttun, sollte es immer ein paar Minuten geben. Vor allem wenn sie magische Kräfte gegen Stress haben.
Und natürlich bereichert alles, was ich über die eigene Sinnlichkeit lerne, das Sexleben. Die Erotik wird nicht von ungefähr mit zunehmendem Alter besser. Wir wissen dann einfach, was uns antörnt. Und dafür spielt Selbstbefriedigung eine große Rolle. Sie ist sozusagen die Kirsche auf dem Kuchen. Neulich meinte ein Liebhaber, er sei noch nie so präzise geführt worden. Was er klasse fand. Endlich musste er nicht erraten und mühselig herausbekommen, was der Frau in seinem Bett denn so gefallen könnte. Selbstbefriedigung ist am Ende Selbstliebe. Also, die wichtigste Zutat für ein glückliches Leben. Yee-haw!
Suzette Oh ist im besten Alter, um die richtige in Theorie und Praxis erfahrene Sexpertin für uns zu sein. Tatsächlich hört sie außerhalb der gedämmten Wände auf einen anderen Namen, möchte aber auch weiterhin die Bestellung für ihre Schwarzwälderkirschtorte zum Geburtstag aufgeben, ohne dass die Verkäuferin kreischt: „Ich kenn Sie! Sie sind die tolle Sex-Kolumnistin!“
Wer jetzt schnell mehr von ihr lesen möchte, klickt auf die Links. Suzette Oh hat nämlich bereits aussagekräftige Bücher veröffentlicht, als da wären ihr „Pussy Diary“ und ihre erotische Phantasien in Bezug auf das Erben eines Hauses. Bzw. ein Hotel der Lust.
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Illustration: Katharina Gschwendtner