Alkohol? Unbedingt. Und dabei gut behütet. Silke Burmester lernt das stilvolle Trinken
Eichhörnchen im Glas
Mit 17 hat man noch Träume. Mit 47 hat man die auch noch und mit 77 bestimmt erst recht. Ich zum Beispiel sitze innerlich noch immer in einem Cafégarten mit stämmigen, ausladenden Laubbäumen, weiß und schnörkelig bestuhlt, auf einem rot- und eierschalenfarben gestreiften Sitzkissen und Peter Alexander kommt in schwarzem Kellnerfrack an meinen Tisch und fragt, was es sein dürfe. Er tänzelt charmant um den Tisch und empfiehlt eine Linzer Torte zum Kaffee. Die bringt er pfeifend und fragt die gnädige Frau, ob es noch etwas sein darf.
Kuchen! Sahne! Süßer Matsch!
Nun platzen Männer im Leben einer Frau wie Seifenblasen und man versteht alsbald, dass die Dinge nicht passieren, so man sie nicht selbst tut. Entsprechend bin ich schon vor Jahrzehnten dazu übergegangen, meine Kaffeetafeln selbst auszurichten und von Gast zu Gast zu schwingen, um ihre Tassen und Teller zu füllen.
Ein wunderbarer Anlass dafür ist der Ostermontag. Und mein Geburtstag. Der ist im schönsten Monat des Jahres, gleich zu Beginn. Im Januar. Allein der Name. So eine schöne Aneinanderreihung von Buchstaben. Wie Jaguar. Einem Versprechen, einem Geheimnis gleich. Mal lade ich zu einer Nacktparty ein, dann wieder zu einem Essen, mal zu einer Kuchentafel. Ich gehe da ganz nach meinem Gefühl und schon vor Wochen sagte mir dieses: Kuchen! Sahne! Süßer Matsch!
Ein leichtes Federarrangement, das Gebäck fein mürbe, wie wir selbst
Ich setzte mich mit der Modistin meines Vertrauens ins Benehmen und schilderte ihr die missliche Situation, in Anbetracht dieser wenig eleganten Pandemie, eine Lösung finden zu müssen, die für alle Eventualitäten passt. Mit meinem Kuchen vor dem Zoom-Rechner zu sitzen, Massen zu verköstigen oder ein kleines, intimes Beisammensein mit den besten Freundinnen. Ulla Anna Machalett empfahl mir ein leichtes Federarrangement für den Nachmittag. Das ist ganz herrlich in between, wie wir bei Peter Alexander sagen. Ein leichter Tuff, elegant aber nicht aufdringlich, ein perfekter Begleiter in den frühen Abend hinein.
Das schlimme C erlaubt derzeit nur eine Person außerhalb des Haushalts und so richte ich alles aus für einen herrlichen Winternachmittag zu dritt. Meine Freundin, meine langjährigste Freundin und ich. Es wird zartes Gebäck geben, fein mürbe, wie wir selbst.
Die Flüssigkeitsexpertin meines Vertrauens empfiehlt einen Nuss-Schaum
Wer aber wird unser feuchter Begleiter sein? Wer wird uns durch den Nachmittag rauschen? In meinem Alter der Träume hat man nicht nur einen Peter Alexander in seiner Erinnerung und eine bezaubernde Hutmacherin im Nebenhaus, nein, man hat auch eine Flüssigkeitsexpertin in petto, die der weiblichen Daseinsoptionen so kundig ist, dass sie das Verlangen einer Frau mit Träumen nach einem Vier-Uhr-Cocktail von dem einer Frau ohne Illusionen zu unterscheiden weiß. „Frau Betty“ rufe ich am Telefon, „wir werden drei Frauen sein. Visionistinnen der Gegenwart. Es wird Kuchen geben und einen Tuff in den Haaren. Was soll ich servieren?!“
Sie schickt mir die Rezeptur für ihre wunderbar schaumige, cremige, die Lippen wie Milchshake kühlende Kreation „Slow White“. Ein nussiges Etwas, ein flüssiges Sahnebonbon, ein Damen-Traum in unschuldsgebietender Couleur. Lecker, süffig, elegant. Nach dem Dritten fühlen wir uns wie Aschenbrödel. Nach dem Vierten wie Eichhörnchen. Nach dem Fünften werfen wir die Kleider vom Leib und machen Karaoke. Es ist ein Vorglühen für nächstes Jahr, wenn ich wieder eine Horde einlade.
So mischt die Betty
Slow White
3 cl Haselnussgeist
3 cl Creme de Cacao weiß (Marken: Giffard, Bols, DeKyper…)
3 cl Sahne
Shaken und ohne Eis servieren
Wer mag, kann den Drink mit Muskat, Zimt oder Kakao bestäuben und so variieren oder verfeinern
Wer es süßer mag, kann auch statt des Haselnussschnaps einen Haselnusslikör verwenden
Empfehlungen: Liebl Haselnussgeist
Frangelico Haselnusslikör
Rotkäppchen-Designs Vor zwölf Jahren hat Ulla Anna Machalett ihr Hutgeschäft in Hamburg eröffnet und seither zieren die tollsten und die dollsten Kreationen die Schaufenster. Ihre Kund*innen kommen von weither und ordern mitunter telefonisch – so sehr vertrauen sie den Fähigkeiten der Modistin. Für „My Tipsy Hat“ stellt sie ihre Stücke zur Verfügung.
rotkaeppchen-designs.de
The Chug Club heißt die Bar von Betty Kupsa. Betty wurde mit und ohne Bar ausgezeichnet, mit Lorbeer behängt und über den grünen Klee gelobt. Für uns und die Frage, „Welcher Drink passt zum Hut?“ ist Betty ein Geschenk, denn sie hat eine irre Gabe: Sie schmeckt quasi im Kopf vor und schüttet dann zusammen, was bis dahin getrennt war. Jetzt hat sie mit „Lupita“ ihre eigene Margarita-Linie kreiert, die natürlich alsbald im Palais-F*luxx-Shop erhältlich ist.