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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Macht doch, was ihr wollt!

Jeden zweiten Mittwoch stellen wir Euch eine Frau vor, die ihr Leben umgekrempelt hat
oder mittendrin ist in der Veränderung

Heute: Anke Sinnigen

Macht´s wie wir und holt die Wechseljahre aus der Tabuzone: Anke Sinnigen
Foto:
privat



Welcome Wechseljahre! Auch Anke Sinnigen aus Hamburg hat’s getroffen und sie hatte jede Menge Fragen. Eine Plattform für geballtes Wissen müsste es geben… mit Expertinnen und Mentoring-Programmen und Wer-Wo-Was-Listen, aber bitte ohne Schnickschnack. Warum nicht selber gründen – getreu dem Motto „Frauen supporten Frauen“? Hat sie gemacht!

Name: Anke Sinnigen
Alter: 53
Beruf: Gründerin, Freelancer Chief Digital Officer
Wohnt in: Hamburg
Motto: „Machen“



Anke, 2021 hast Du Wexxeljahre gegründet, eine Wissensplattform zum Thema Wechseljahre. Wie kam’s dazu?
Das war 2021 kein hippes Thema. Sondern eins, wo ehemalige Kolleg:innen oder Chef:innen mich zweifelnd anguckten oder fragten, ob es denn kein anderes Thema geben würde. Tatsache ist: Ich wollte immer schon ein eigenes Unternehmen gründen. Hatte ich auch schon zweimal. Einmal mit meinem Mann ein Start-up für medizinische Weiterbildung und ein anderes Mal ein Start-up in einem Pharma-Unternehmen als Ausgründung. Nur waren beide Themen nicht ganz meins. Bis ich Bekanntschaft mit den Wechseljahren machte. Als ich anfing, mich mit dem Thema zu beschäftigen, war ich schockiert, wie wenig wir alle darüber wussten und welch untergeordnete Rolle die Gesundheit von Frauen außerhalb der reproduktiven Phase spielt. Dabei sind Frauen fast die Hälfte ihres Lebens nicht fruchtbar. Darauf bereitet die Frauen aber niemand vor, weder die Schule noch unsere Mütter oder Ärzt:innen. Das wollte ich ändern.

Wie hast Du die Gründung konkret angepackt?
Eine gute Idee ist noch lange kein Start-up. Also habe ich zunächst recherchiert, was es für Produkte gibt, die für Frauen in den Wechseljahren wirklich Sinn machen. Ich wollte auf gar keinen Fall irgendwelchen Schmu verkaufen; dafür hatte ich mich zu lange mit evidenzbasierter Medizin beschäftigt. Ich war früher Leiterin eines E-Commerce-Start-ups; von daher war es naheliegend, Produkte anzubieten. Es gibt Cremes, Shampoos, Kühlkissen, kühlende Armbänder oder Tracking-Apps, aber irgendwie hatte ich nicht das Gefühl, dass die Welt darauf gewartet hat. Das Thema Diagnostik fand ich auch sehr spannend, aber Speicheltests sind einfach zu ungenau. Um Hormonwerte im Blut zu bestimmen, braucht man eben doch das klassische Labor. Ich habe dann vor allem viel mit Frauen in den Wechseljahren gesprochen, Interviews geführt und Social Listening gemacht. Fast alle Frauen suchten nach einer guten ärztlichen Betreuung …

Kann mir da nicht jede Gynäkologin weiterhelfen?
Nein, denn leider sind die Wechseljahre kein Thema im Medizinstudium. Auch die Vergütung für Gynäkolog:innen ist zu gering, als dass es wirtschaftlich attraktiv sein könnte, als Kassenärzt:in diese Patientinnen zu betreuen. Deshalb war ein erstes Projekt, eine Arztsuche aufzusetzen, mit Empfehlungen von Frauen, die bereits eine gute Ärztin für die Wechseljahre gefunden haben. Mir gefällt auch dieser solidarische Ansatz, dass Frauen ganz einfach anderen Frauen helfen können, indem sie diese Kontakte teilen.

Und dann hast Du Dir dazu die Hamburger Gynäkologin Dr. Sonka Heimburg und die Wissenschaftsjournalistin Anette Bierbaum mit ins Boot geholt?
Genau! Mir war von Anfang an klar, wie wichtig Kontakte oder ein Netzwerk zu Expertinnen sind. Daher gab es auch von Anfang an die Idee, Frauen den Zugang zu Expert:innen zu vereinfachen. Einmal über die Arztsuche, aber auch über den direkten Austausch mit Fachfrauen, die ihr Wissen mit Patientinnen teilen wollen. Ich finde es zum Beispiel wichtig, über die Chancen und Risiken einer Hormonersatztherapie gut informiert zu sein und was wichtig für ein gesundes Älterwerden ist. Denn statistisch gesehen leben wir noch 33 Jahre nach der Menopause. Das ist eine sehr lange Zeit, und die Wechseljahre sind der Zeitraum, in dem wir die richtigen Weichen für unsere Gesundheit im Alter stellen können.

Inzwischen ist Wexxeljahre mehr als nur ein Info-Point, oder?
Ich entwickele gerade den „Meno-Campus”, ein Mentoring-Programm für die Wechseljahre. Es gibt auch Webinare mit Expert:innen zu spezifischen Themen. Einer meiner Schwerpunkte ist das Thema „Wechseljahre am Arbeitsplatz“. Ich möchte Unternehmen aufklären und mich dafür einsetzen, dass Frauen 45+ mehr Unterstützung am Arbeitsplatz erhalten, so, wie Ihr es mit „Hidden Champions“ ja auch macht. Es kann nicht sein, dass eine von zehn Frauen ihren Job aufgrund gesundheitlicher Herausforderungen in den Wechseljahren kündigt. Da wird es höchste Zeit, dass Unternehmen diese Zielgruppe mehr auf dem Schirm haben. Denn Frauen in Führungspositionen und (alters-)diverse Teams sind nachweislich gut für den Umsatz.

Erzähl doch mal was von Deinem Weg auf der Karriereleiter …
Als Kind wollte ich entweder Nonne oder Kinderärztin werden. Ich habe mich aber dann für ein PR-Volontariat beim BUND entschieden. Später war ich unter anderem in der Leitung der Programmkommunikation bei N-TV tätig, PR-Leiterin bei National Geographic Deutschland und dann freiberufliche PR-Managerin für verschiedene Verlage und Magazine. Schließlich habe ich in den Bereich Healthcare gewechselt und für große Unternehmen wie Roche oder Astra Zeneca gearbeitet. Seit August 2021 bin ich wieder freiberuflich tätig und kümmere mich vor allem um Wexxeljahre.

Ist Dir der Schritt in die Selbstständigkeit schwergefallen?
Naja, die Konzernwelt wieder zu verlassen bedeutet einerseits, auf viele Annehmlichkeiten und tolle Entwicklungsmöglichkeiten zu verzichten, aber andererseits auch, mich endlich von vielen unnützen, zeitraubenden Tätigkeiten und Machtspielchen zu verabschieden.

Was würdest Du als Deinen größten Erfolg bezeichnen?
Privat auf jeden Fall meine drei Kinder. Beruflich fühlt es sich gut an, dass ich mit Wexxeljahre ein Thema gefunden habe, mit dem ich mich zu 100 Prozent identifiziere, das Mehrwert schafft und auf das ich mich jeden Tag freue.

Du hast eben die vielen Dekaden erwähnt, die uns nach den Wechseljahren noch erwarten. Wir geht’s Dir persönlich damit?
Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mit Anfang 50 besser fühlen würde als mit 25. Ich muss nicht mehr allen gefallen oder es anderen ständig recht machen. Es stehen noch aufregende Zeiten bevor. Da meine Kinder deutlich weniger Aufmerksamkeit brauchen, bin ich endlich aus diesem Thema „Kinder und Job unter einen Hut kriegen“ raus. Das hat mich schon stark beschäftigt und auch eingeschränkt. Ich wollte immer beides, aber rückblickend hat das ziemlich viel Kraft gekostet. Ich bin also gespannt auf die nächsten 30,40 Jahre. Das ist doch eine wahnsinnige lange Zeit, die noch vor uns liegt und in der wir nicht mehr so auf der Suche nach uns sind, sondern viel besser wissen, was wir wollen und was nicht. Außerdem sind wir die Generation, die das Thema Wechseljahre enttabuisiert. Wir arbeiten daran, dass Frauengesundheit 45+ einen anderen Stellenwert bekommt und Alter endlich positiv besetzt wird, dass Frauen sichtbarer werden. Ich finde es großartig, dass wir es sind, die diesen Prozess gestalten können.

Vielen Dank!

Das Interview führte Gerlind Hector, die sich ebenfalls heute viel besser fühlt als mit 25 und – genau wie Anke – total gespannt ist auf die nächsten 30,40 Jahre. Wird sie irgendwann in einen Ashram eintreten? Ihren Mann ein zweites und drittes Mal heiraten? Am Meer wohnen und nur noch auf den Horizont glotzen? Sie könnte sich auch ein Dutzend Katzen anschaffen und den ganzen Tag mit ihnen kuscheln. Es bleibt also spannend …

Hier geht’s zu Wexxeljahre!


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