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Palais F*luxx

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Macht doch, was ihr wollt!

Jeden zweiten Mittwoch stellen wir Euch eine Frau vor, die ihr Leben umgekrempelt hat, mittendrin ist in der Veränderungoder einfach was Verrücktes macht

Heute: Ellen Esser, Schauspielerin und seit neuestem auch Sängerin

„Für mich soll’s rote Rosen regnen”, findet Ellen Esser aus Berlin.
Foto: privat



Ist man irgendwann zu alt für Neues? Niemals, findet Schauspielerin Ellen Esser und hat Star-Regisseur Peter Zadek irgendwann Adieu gesagt, weil sie mehr vom Leben wollte: Mit 75 Jahren hat sie ihren Debütroman rausgebracht und seit zwei Jahren tritt sie als Sängerin auf. Wenn sie nicht gerade malt oder schreibt, stellt sie lustige Reels auf Instagram ins Netz. Noch Fragen?

Name: Ellen Esser
Alter: 81
Beruf: Sängerin, Autorin, Ferienwohnungsvermieterin
Wohnt in: Berlin
Motto: Folge Deinen Impulsen!

Was beschäftigt Dich zurzeit am meisten?
Wie ich als Sängerin in meinem Alter so weit komme, dass ich tatsächlich eine Fan-Gemeinde gewinnen kann.

Auf was kannst Du locker verzichten?
Auf die vielen Krimis im Fernsehen, auf überproportional viele Filme, Kunst, Bücher, aus männlicher Sicht – und die ausschließlich negativen Nachrichten.

Was treibt Dich an?
Ich will das sagen, was mir am Herzen liegt, und tue dies, indem ich schreibe und singe. Als Sängerin trete ich erst seit rund zwei Jahren auf und mein erster selbstgeschriebener Song wird bald erscheinen, das Thema: Liebe im Alter ist das Allerbeste.

Ohne was gehst Du nie aus dem Haus?
Inzwischen habe ich es geschafft, nie mehr ohne meinen Haustürschlüssel aus dem Haus zu gehen.

Was wolltest Du als Kind für einen Beruf ergreifen und was wurde draus?
Ich wollte Schauspielerin werden, seit ich 14 Jahre alt war und habe dies auch bis zu meinem 46. Lebensjahr getan. Ich habe in dieser Zeit mit den spannendsten Theaterregisseuren wie Peter Zadek oder Claus Peymann gearbeitet. Trotzdem war ich nicht zufrieden, weil ich zu wenig Möglichkeiten hatte, mein Leben selbst zu bestimmen. Ich ging vom Theater ab und habe begonnen, eigene Theaterstücke zu schreiben, die ich in Berlin an kleinen Bühnen aufgeführt habe. Später betrieb ich zwei Jahre lang einen Laden im Kulturhaus Tacheles in Berlin, mit Lesungen und Konzerten. Seit ich 60 bin habe ich insgesamt drei Romane geschrieben und parallel Ferienwohnungen vermietet.

Du hast Dich also immer wieder neu erfunden?
Ja, unter anderem als Sängerin. Ich habe ein Berlin-Programm erarbeitet, in dem ich das Publikum auf eine Reise durch die Hauptstadt mitnehme – mit meinen eigenen Erinnerungen als geborene Berlinerin. Anhand der Stationen meines doch sehr reichen Lebens, singe ich Songs von Hildegard Knef bis Ideal, von Element of Crime bis Judith Holofernes. Mein zweites Programm heißt „Einmal Liebe und zurück”, für das ich auch den gleichnamigen Song geschrieben habe.

Ich finde unbedingt, dass das Alter meine Lieblingslebenszeit ist.

Klingt spannend … Dein größter Erfolg?
Ist wohl das Steinlabyrinth in der Hasenheide gewesen, das ich passend zur eigenen Veröffentlichung meines Romans „Maries Labyrinth” im Jahr 2019 dort aufgebaut habe. Es war sehr beliebt und viele, viele Menschen sind täglich durch dieses Labyrinth gelaufen.

Gab’s in Deinem Leben auch mal Misserfolge?
Nun, als Schauspielerin habe ich manchmal den Text nicht ordentlich gelernt. Ich bin einmal aufgetreten und konnte kein Wort Text, kein Wort! Die beste Souffleuse der Welt und mein Partner, der glücklicherweise mein Liebhaber war, haben mir geholfen.

Was hast Du zuletzt zum allerersten Mal gemacht?
Ich bin letzte Woche in einen neuen Chor eingetreten. In der ersten Stunde gab es gleich eine tolle Stimmbildung und ich nehme bei der Chorleiterin nun auch Einzelunterricht.

Wie empfindest Du Deine derzeitige Lebensphase?
Ich finde unbedingt, dass das Alter meine Lieblingslebenszeit ist.

Was hat Dich zu dem gemacht, was Du bist?
Dass ich für die Verwirklichung meiner Wünsche bereit bin, mich voll zu engagieren und eigentlich auch niemals aufgebe, bis ich wieder die Richtung ändern muss.

Was ist Dein Rat an Frauen, die sich in der Mitte des Lebens neu aufstellen?
Ja, mach das unbedingt. Du bist jung genug, um die Kraft dafür zu haben, erfahren genug, um umsichtig zu planen und die Kinder sind vielleicht schon alt genug, um das möglich zu machen.

Was möchtest Du unbedingt in diesem Leben noch mal tun?
Ich fände es spannend noch einmal länger an einem anderen Ort im Süden zu leben, aber das mache ich erst, wenn ich nicht mehr singen kann.

„Ich wäre gern Friedensstifterin und würde Machos wie Putin und Konsorten abschaffen.“

Wenn Du eine Superkraft wählen könntest; welche wäre das?
Ich wäre gern Friedensstifterin und würde dann Machos wie Putin und Konsorten abschaffen.

Dein Rat an Dein früheres Ich?
Meinem früheren Ich am Bremer Theater würde ich gern sagen: Trau dich, mach dein eigenes Ding, singe, schreibe, versuch‘s! Ich bin ein unkonventioneller Typ, schon rein körperlich und habe gelernt, dass es nichts bringt, sich darum zu kümmern, ob man zu alt für dies oder das ist. Heute mache ich es einfach und erlebe dann was geht – und was vielleicht nicht.

Dein größtes Laster?
Computerspiele wie Solitär oder Majong.

Vielen Dank!

Wahnsinn, was Ellen Esser alles macht und wie sie voller Tatendrang jeden Tag ins Leben startet. Gerlind, die das Interview führen durfte, ist immer noch schwer beeindruckt von der Berlinerin. Wie sie es schafft, mit Ü-80 weiterhin offen zu bleiben für neue Musik, neue Medien, neue Menschen? Keine Ahnung – aber das Geheimnis wird irgendwo zwischen ewiger Neugier und Lebenshunger liegen.

Hier geht’s zu Ellens Homepage
Und hier zu ihrem Instagram-Account


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