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Palais F*luxx

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Lesen oder Lassen?

Buchbesprechung: „Orwells Rosen“


Worum geht es?
Es geht um den Schriftsteller George Orwell („1984“, „Farm der Tiere“) und seine Liebe zur Natur und zum Gärtnern. Und was die mit seiner Autorentätigkeit und seinem politischen und gesellschaftlichen Engagement zu tun hat. 

Warum ist das gut?
Das Buch mäandert aufs Schönste und immer wieder überraschend zwischen den verschiedensten Aspekten von Natur und Gesellschaft. Rebecca Solnit schlägt den Bogen von Riesenlibellen im Karbonzeitalter zur feministischen Losung „Brot und Rosen“. Und zur Überzeugung Stalins, man könne Zitronenbäume durch Abhärtung daran gewöhnen, auch in Moskau den Winter zu überdauern. Oder die irre Idee, Weizen würde durch Abhärtung zu Roggen werden – eine Wissenschaftsfeindlichkeit, die dann sehr direkt mit der großen Hungersnot 1929 in der Sowjetunion zu tun hatte.

Was hat das mit mir zu tun?
Mich hat das Buch begeistert, weil ich mich selbst sehr für Natur und auch für Politik interessiere. Und weil ich immer wieder in einem Konflikt stecke, was mein Engagement, meine begrenzten Kräfte und meine gänzlich unpolitische Arbeit als Fotografin angeht. An dieser Stelle ermutigt mich der Kämpfer, Gärtner und Menschenfreund Orwell. 
Das Buch ist von Interesse für alle, die sich für Natur und Literatur, für Politik und Gesellschaft interessieren. Es gibt viel zu entdecken und eine Menge überraschenden „Beifang“. So erfährt man beispielsweise, was der englische Landschaftspark mit Ausbeutung in den Kolonien zu tun hat.

Warum ist die Autorin interessant?
Die 1961 in den USA geborene Journalistin, Essayistin und Schriftstellerin Rebecca Solnit gehört zu den interessantesten feministischen Stimmen etablierter Medien wie „The Guardian“ und „The New Yorker“.
Bereits 2008 veröffentlichte sie den Essay „Men Explain Things to Me“ („Wenn Männer mir die Welt erklären„), der als Schöpfungsmoment des Begriffs „Mansplaining“ gilt.
In ihren Büchern setzt sie sich mit der Alzheimer-Erkrankung ihrer Mutter auseinander, mit der Kulturgeschichte des Gehens oder mit der Erwartung, als Frau Kinder zu haben. 2020 erschien ihr Buch „Unziemliches Verhalten. Wie ich Feministin wurde“ in Deutschland.

Kostprobe:
Seine Erinnerung an eine Begebenheit, die sich wahrscheinlich in Wallington zutrug, zeigt, wie fruchtbar – das Rustikale für ihn wurde: „(ich sah) einen kleinen Jungen (…), Vielleicht zehn Jahre alt, in der ein riesiges Zugpferd einen schmalen Pfad entlanglenkte und es, jedes Mal, wenn es sich abzuwenden versuchte, peitschte. Es kam mir zu Bewusstsein, dass, wenn solche Tiere sich ihrer Kraft nur bewusst würden, wir keine Macht über sie hätten und dass die Menschen die Tiere in ziemlich derselben Weise ausbeuten wie die Reichen das Proletariat.“ Das war die Geburtsstunde von Farm der Tiere. Orwell schrieb das Buch zwar während des Krieges in London, profitierte dabei aber von seiner Vertrautheit mit dem Wesen verschiedener Hoftiere.

Rebecca Solnit: Orwells Rosen, Übersetzung Michela Grabinger, 352 Seiten, Rowohlt, 24 €

Hier bestellen:

Rezension: Eva Häberle

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