Julia Mantel Lyrik zu Frau, Fühlen und Fallen.
heimchen am herd
heimchen am herd
bleibt zuhause
bei tag und bei nacht
bringt die küche
zum funkeln
wie einen diamanten
zur belohnung
näht heimlich
das beine-breit-kleid
zur wiederholung.
mutterkreuz & manschetten
& wiedermal musstest du dran glauben
tell me the way to the next mutterkreuz
die geister, die ich rief, rief ich schon viel zu lange
doch: ich gebe ihnen mein ehrenwort bezüglich authentizität
& der träne im knopfloch
davor habe ich nämlich echt manschetten.
doppelbelastung einer illegalen putzfrau
ständig
boden
ständig
hoden
zuckerbrot & peitsche
sie sehen gut aus
und tragen ihre
teigtaschen
in die nachbarschaft
naschen sie
dann nicht vom
süssen leben
riskieren sie
keine dicke lippe
zuviel scham.
bei lydia (aufforderung lebenslänglich)
in deiner küche
landeten
meine flüche
in den töpfen.
was soll ich machen?
“schöpfen!”
hallte es
metallisch
von den herdplatten
zurück.
wespennest
jetzt wo sie über dich schreiben
und jeder kann es sehen
hält das pflaster
über der holzschnittwunde
vielleicht eine stunde
bedeutend länger als sonst
den gürtel schnallen
im engeren sinne
auch die wespen
taille schnüren
sie wollen
sie küren
du sollst sie
jetzt vorführen
“sie gefallen mir
sie gefallen mir
sehr!”
sachen machen
beim b
reisen
deines plan b
scheiden
musst du mir nichts b
weisen
man macht doch
meistens immer
irgendetwas
(richtig).
für n. (berlin)
“du greifst dir
schon wieder an
den busen”,
beobachtest du.
“oh, das tut mir leid”,
entgegne ich:
“das ist irgendwie
so ein neuer blöder
tick von mir”
(und greife mir dabei
schon wieder an den
busen).
betretenes schweigen
blicke nach unten,
beiderseits.
“ich glaube”,
fange ich langsam
und entschuldigend
an meine worte
zu wählen,
“mein busen
ist das einzige
woran ich mich
seit geraumer zeit
irgendwie noch
festhalten kann”.
du nimmst tröstend
meine hand und sagst:
“es stört mich
nicht. du kannst
dir auch milisekündlich
immer wieder neu
an den busen greifen.
es sieht fantastisch aus.”
auf augenhöhe
auf augenhöhe
sehe ich dich fallen
sehe ich dich kommen
falle:
komme um.
linientreu
icke
bin dünn
dicke
sind nie
dünn
gehen
icke und dicke
durch
dick und dünn
sind
icke und dicke
dicke.
Julia Mantel, geboren 1974 in Ffm, Studium der Angewandten Kulturwissenschaften in Lüneburg. Seit 2000 Konzentration auf Lyrik. 2005 Gründung des Konzeptlabels »Unvermittelbar«
Publikation von vier Lyrikbänden: new poems (2008), dreh mich nicht um (2011), Der Bäcker gibt mir das Brot auch so (2018) und Wenn du eigentlich denkst, die Karibik steht Dir zu (2021).
Gründungsmitglied des Frankfurter Lyrikkollektivs „Salon Fluchtentier“, Vize-Vorsitzende des Hessischen Schriftstellerverbands (VS). Lebt als Lyrikerin, Strickkünstlerin & Allroundjobberin in Frankfurt am Main.
Foto: ©Nina Werth