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Friedensnobelpreisträgerin Maria Corina Machado – feministischen Jubel nicht wert?

Dienen nur Frauen, die links-liberalen Werten entsprechen, „der Sache der Frauen“? Ein Aufruf zur Diskussion

Dieser Text von Silke Burmester ist im Rahmen der Audiokolumne „Sexistische Kackscheiße“ Teil des Podcasts „Mikas Matrix


Das Instagramm Profil von Maria Corina Machado




So, und nun wieder ich. Und mal gar nicht auf 180, sondern mit der sanften Stimme einer Suchenden. Einer Frau, die nicht weiß, wo der Weg langführt, die die feministische Variante der Gretchenfrage am Wickel hat.

Fangen wir mit der Ernennung von María Corina Machado als Friedensnobelpreisträgerin 2025 an. Diese Ernennung darf erfreuen, weil sie a) keinen Mann trifft und b) eine Frau*. Das ist viel Jubel wert, knallende Korken und Konfetti.
Es bedeutet Anerkennung und Sichtbarwerdung der Leistung einer Frau, stellvertretend für die Leistungen von Frauen. Denn solang Frauen Menschen zweiter Klasse sind, steht die ausgeleuchtete Leistung einer Einzelnen für die unsichtbare Leistung Vieler.
Die Begründung für die Auszeichnung liegt in Machados unermüdlichem Einsatz für die Demokratie Venezuelas und die Entwicklung des Landes von der Diktatur hin in eine Demokratie. Machado sei ein herausragendes Beispiel für Zivilcourage im Lateinamerika der Gegenwart.
So weit so Jubel.
Denn kaum ist das Konfetti auf den Boden gerieselt, heißt es in die Freude hinein: Frau Machado sei ja gar keine so dolle Frau. Sie entstamme der wirtschaftlichen Elite des Landes, stünde für neoliberale Werte, sei nicht auf der Seite der Frauen und würde Margaret Thatcher ihr Vorbild nennen. Außerdem pflege sie Kontakte mit Menschen, die gar keine Demokratie wollten, nicht umsonst habe sie Trump den Preis gewidmet.

Margaret Thatcher als Vorbild – damit ist der Weg zum Schafott beschrieben. Dass Machado eine der ersten weiblichen politischen Führungspersönlichkeiten der Weltgeschichte vor allem dafür bewundert, dass sie ihre Werte gegen alle Widerstände hochgehalten hat, könnte man auch als Wahl eines guten Vorbildes verstehen. Aber nein, von einer Frau erwarten wir, dass sie alles mit gutem Zureden und Geduld erledigt.
Ich gehöre nicht zu den Menschen, die María Corina Machado vor ihrer Nobelpreis-Ernennung kannten. Und entsprechend ihr Tun verfolgt haben. Ich frage mich allerdings, ob hier nicht mal wieder greift, was so häufig greift: dass einer Frau zum Vorwurf gemacht wird, was bei einem Mann als Grundlage seines Erfolges bewundert wird. Kompromisslosigkeit etwa, die Machado mitunter vorgeworfen wird. Zielstrebigkeit, Durchsetzungskraft.
Aber was ist das für ein Reflex, sich über den Erfolg einer Frau, wie die Zuerkennung des Friedensnobelpreises, nur dann freuen zu wollen, wenn die Frau dem eigenen Wertekanon entspricht?
Ist die Vergabe einer relevanten Auszeichnung an eine Frau nur dann ein gutes Zeichen für uns Frauen, wenn die Frau in allen Punkten – einem links-liberalen Weltbild entsprechend – integer ist?
Haben eine Ulrike Meinhof, eine Margot Honecker, eine Imelda Marcos, die in unterschiedlichem Maße schrecklich und destruktiv waren, nicht auch der Sache der Frau gedient, weil sie gezeigt haben, dass die Zuschreibungen, mit denen Männer Frauen bedecken, um sie vom Weltgeschehen auszuschließen und fernzuhalten, nicht stimmen?

Früher habe ich immer behauptet, die Gleichstellung sei dann erreicht, wenn Frauen die Chance haben, sich genauso beschissen zu verhalten wie Männer.
Aber vielleicht irr ich mich? Vielleicht ist der Anspruch, der Sieg einer Frau bringt uns nur dann weiter, wenn die Frau im Sinne von uns Frauen agiert, berechtigt?
Ich glaube, das wäre eine erneute Diskussion wert.

Bis die Frage geklärt ist, freue ich mich über jede, die statt eines Mannes geehrt wird. Denn bis dahin gilt für mich: Sichtbarkeit ist der Schlüssel zur Gleichstellung. Ohne sie geht es nicht.



 



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