Beate Kratt
Beate Kratt oder: Vom Glück sich über Versäumnisse nicht ärgern zu müssen, weil man zu viele gute Entscheidungen getroffen hat.
Dazu gehört gewiss ein feines Selektieren. In Beate Kratts Serie „What is worth to be a memory“ gibt sie den Fundstücken einen Raum, die es wert sind, verewigt zu werden. Dies geschieht über das Enkaustik-Verfahren, eine spezielle Technik, bei der die Objekte in Wachs konserviert werden.
Eine Auswahl
»What is worth to be a memory«
Wann und wo geboren?
Ich bin in Hamburg geboren, und zwar 1963.
Gab es ein Leben vor dem Künstlerinnendasein?
Nicht wirklich. Ich bin schon als Kind früh mit meiner eigenen Kamera herumgelaufen und hatte immer kleine Projekte, mit denen ich mich beschäftigt habe. Ich denke über die Jahrzehnte hatte ich das Glück und auch den Mut, um mehr und mehr mein Künstlerinnen-Dasein leben zu können.
Ausbildung?
Ja. An der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg.
Welches Thema beschäftigt Dich und Deine Kunst?
Zeit, Vergänglichkeit, Bewegung, Horizont und Raum sind Themen, die in meinen Fotografien, digitalen Collagen oder Enkaustik-Arbeiten beständig wiederkehren. PASSING MOMENTS oder FRAGMENTS sind zum Beispiel Serien, in denen diese Themen sichtbar werden. Derzeit beschäftige ich mich mit der Fragestellung WHAT IS WORTH TO BE A MEMORY, also WAS IST ES WERT, EINE ERINNERUNG ZU SEIN oder WAS IST ES WERT ERINNERT ZU WERDEN. Eigentlich ein Thema, das in vielen Arbeiten schon mitschwingt. Ich habe es nur noch nie thematisch formuliert. Erste Arbeiten sind fertig und jetzt bin ich gespannt, wohin mich dieses Thema führt.
Manche Künstler*innen sagen, ihre Arbeit sei körperlich sehr anstrengend. Und, tut was weh?
Manchmal, aber das ist eher ein inneres Zerren. Eine große Anspannung, die sich bei Gelingen des Vorhabens zum Glück meistens schnell wieder löst.
Welches war Dein Aha-Erlebnis in puncto Kunst?
Oh, da gibt es so viele bezogen auf die Kunst anderer und auch auf meine eigene. Sehr beeindruckt hat mich aber ein Gespräch mit einem Aborigine der Noongar Nation in Mandurah/Westaustralien. Ich hatte ihn damals gefragt, was er in meiner Fotografie sieht. Wenige Worte reichten ihm dafür aus. Es war ein so totales Verstehen meines inneren Anliegens, das ich so noch nie erlebt und in dem Moment nicht erwartet hatte. Gepaart war es mit einem totalen Unverständnis, warum ich überhaupt nachfrage. Diese Klarheit hat mich tief berührt.
Gibt es in Bezug auf Deine Arbeit ein Versäumnis, über das Du Dich ärgerst?
Versäumnisse gibt es bestimmt. Aber ärgern, nein. Dafür habe ich zu viele gute Entscheidungen getroffen und es überwiegt eher eine Zufriedenheit und Freude.
Wenn Du nicht künstlerisch arbeiten würdest, würdest Du…
….ehrlich,…. keine Ahnung …, vielleicht Archäologin sein. Es ist ein wenig meine Arbeitsweise. Die Ruhe und Konzentration, das Schichten und Entfernen, das Suchen, Finden und Sammeln. Aber die Frage stellt sich für mich eigentlich gar nicht mehr.
Welche (Kunst)-Ikone würdest Du gern treffen? Worüber würdest Du mit ihr reden wollen?
Oh, da ist es schwierig die Auswahl zu treffen. Vielleicht Emil Schumacher oder Georgia O‘Keeffe? Besonders bei O‘Keeffe bewundere ich ihre hartnäckige Art und Stärke, sich auf ihre Kunst zu konzentrieren und sie zu leben. Ich würde sie gerne in New Mexiko in ihrem Atelier treffen und auf einer ihrer Wanderungen begleiten. Ich denke, dass die Themen dabei von ganz allein entstehen würden.
Falls Du eine unvollendete Arbeit hast, bei der Du nicht sicher bist, ob Du sie fertigstellen wirst, welche ist das?
Meine derzeitige Fotocollage SKIN. Es geht um das Gefühl, das unmittelbar beim Eintauchen ins Meer entsteht. Das Umhülltsein, dieser kühle, fließende Moment des ersten Kontakts von Haut und Meer. Ich überlege derzeit, ob ich das Bild auf Stoff drucken lasse, um das Umfließen auch spürbar werden zu lassen. Mal sehen.
Was ist dir heilig?
Meine Zeit in meinem Studio.
Was lässt Dich leuchten?
Eine Arbeit, mit der ich zufrieden bin. Das kann ein einzelnes Werk sein, ein fertiges Projekt oder auch eine gehängte Ausstellung.
Lernen von den Fortgeschrittenen:
Die Muse küsst ja nicht zu jeder Minute am Tag. Womit lässt Du Dich in so einem Moment der inneren Leere inspirieren? Drogen , Musik oder…?
Ich gehe dann meistens nach draußen, möchte alleine sein und versuche so Abstand zu gewinnen und mich zu zentrieren. Daher pendle ich auch so gerne zwischen Deutschland und Australien hin und her. Die Monate, ja Jahre des Dort-Seins, des Eintauchens in mein australisches Leben rückt vieles in eine andere Perspektive. Und so entsteht beständig Raum für Neues. Wobei, ein Glas guten Weins ….
Beate Kratt ist an der digitalen Ausstellung TRANSATLANTIK FUSING 21 beteiligt: 60 europäische und amerikanische Enkaustik Künstler*innen arbeiten derzeit gemeinsam im künstlerischen Austausch an dieser Präsentation, die 2021 in den USA real stattfinden soll und für den Rest der Welt im Internet zu sehen sein wird.
Unsere Galerie wird von Silke Tobeler kuratiert.