Geschmeidig auf dem Sattel: vier Produkte, die Feuchtigkeit, Schutz und Elastizität für den äußeren Intimbereich versprechen, unterzog Britta Scholten einem extrem harten Test – einer Radtour.
Dass Fahrradfahren auf einmal keinen Spaß mehr machen kann, gehört für mich zu den überraschenden Phänomenen der Wechseljahre. Beim Sex kann es jetzt „ziepen und zwicken“ (Werbung) oder „zu Schmerzen kommen“ (Medizindeutsch), das war mir schon bekannt. Dass aber nicht nur mein Mann, sondern auch mein Fahrradsattel die Vulvalippen ordentlich quetscht und knetet, hatte ich irgendwie verdrängt. Wenn aber Feuchtigkeit und Geschmeidigkeit aufgrund des Östrogenmangels nachlassen, kann es zwischen mir und dem Sattel schnell zu Reibungen kommen. Schlecht, wenn die Tagesleistung bei 80 km liegt. Also creme, gele und salbe ich. Der Unterschied zwischen den Testkandidaten liegt im Fett- bzw. Wasseranteil. Gele wirken kühlend, das klingt belebend. Also beginne ich die Radtour mit dem Bioturm Intim Hydrogel.
Bioturm Intim Hydrogel*
Was ist drin?
Die Verpackung wirbt professionell-geheimnisvoll mit einem hohen „Anteil an Lacto-Intensiv-Wirkkomplex und Bio-Malvenextrakt.“ In der Auflistung der Inhaltsstoffe findet man viele feuchtigkeitsspendende/-haltende Substanzen, wie z. B. Hyaluronsäure. Milchsäure (Lactic Acid) steckt sowohl im Produkt als auch auf der Haut im Intimbereich. Zumindest wenn die dort siedelnden Milchsäurebakterien ihren Job ordentlich erledigen und den leicht sauren ph-Wert von 3 – 4 herstellen, der für den Schutz des Intimbereichs sorgt. Malve kenne ich eher als Tee, der in Jugendherbergen in großen Blechkannen auf dem Tisch stand. Die Heilwirkung klingt allerdings vielversprechend: reizlindernd, schleimhautschützend, antibakteriell und antientzündlich.
Wie ist der Sympathie-Effekt?
Die Bioturm-Produkte kommen angenehm entspannt daher. Keine schreienden Farben und Versprechungen, kein chemischer Geruch. Passend zur kontrollierten Naturkosmetik. Mit der Wahl der kontrollierten Naturkosmetik hat man auch die Sicherheit, weder auf synthetische Duft- und Farbstoffe noch auf Paraffinöl zu treffen.
Das Gel ist durchsichtig, leicht zäh – fast sieht es wie gesunder Scheidenausfluss aus. Es lässt sich leicht auftragen und fühlt sich erwartungsgemäß kühl an. Es scheint geruchslos zu sein – nur, wenn ich es direkt unter die Nase halte, kann ich einen ganz leichten Malven(?)-Geruch wahrnehmen.
Was soll es können und was kann es?
Das Gel soll insbesondere bei Spannungsgefühl durch Trockenheit helfen. Das Gel hinterlässt einen leichten Feuchtigkeitsfilm, den ich erfrischend finde. In den ersten Tagen habe ich nach dem Auftragen ein ganz leichtes Brennen verspürt, was aber schnell verging. Oder sollte das ein Prickeln sein, wie es manche Gleitmittel als erotisierend versprechen? Egal. Meine Haut scheint sich mit der Feuchtigkeit wohlzufühlen, allerdings fehlt mir bei der Belastung durch den Fahrradsattel etwas Wumms. Also wechsele ich zum zweiten Produkt von Bioturm.
ToxFox und CodeCheck kannten das Gel noch nicht.
30 ml um 10 Euro
Bioturm Intim Salbe*
Was ist drin?
Im Vergleich zum Gel mehr. Die Liste der Inhaltsstoffe ist ungefähr doppelt so lang. Darunter Zutaten, die ich auch in meiner Küche finde: Vanille, Bergamotte, Ingwer, Salbei, Kamille, Lavendel, Sonnenblumenkernöl. Dazu Jojobaöl, ein bekanntes Hautpflegeöl, und viele feuchtigkeitsspendende und -haltende Stoffe.
Wie ist der Sympathie-Effekt?
Während meiner Ausbildung zur Wechseljahres-Beraterin hörte ich den Spruch: „Lass an Deinen Intimbereich nur Zutaten, die Du auch essen würdest!“. Da hat die Salbe mit den vielen Küchenzutaten schon mal einen großen Pluspunkt. Der „Lacto-Intensiv Wirkkomplex“ klingt mir dagegen zu medizinisch-abstrakt – aber es geht ja um die Wirkung.
Die weißliche Creme riecht ähnlich wie der Teig des Käsekuchens nach Mamas Rezept und lässt mich hingebungsvoll schnüffeln. Ich rieche vor allem die Kombination aus Bergamotte und Vanille. Allerdings auch nur im Abstand von ca. 15 Zentimetern. Da ich keine Kontorsionskünstlerin bin, bleibt also doch eher das Urteil: fast geruchlos.
Was soll sie können und was kann sie?
Laut Verpackung soll die Bioturm Intim Salbe für Regeneration sorgen und Rötungen und Reizungen beruhigen. Damit ist sie prädestiniert fürs Auftragen nach der Tagesetappe der Radtour. Die Salbe lässt sich gut verteilen. Mein Intimbereich gibt gleich in drei Disziplinen eine positive Bewertung: Er fühlt sich gut gefettet, befeuchtet und mit einer leichten Eleganz umsorgt. Regeneration klappt also. Bei der Vorsorge, der Vorbereitung auf einen weiteren Tag auf dem Sattel, bin ich mir nicht so sicher. Da setze ich auf die letzte Kandidatin, aber zunächst geht es um eine andere Konkurrentin: Die Elanee Intimpflegecreme.
ToxFox und CodeCheck kannten die Salbe noch nicht.
30 ml um 9 Euro, 75 ml um 12 Euro
Elanee Intimpflegecreme*
Was ist drin?
Die Elanee Intimpflegecreme basiert auf Shea-Butter, einer bekannten Naturkosmetikgrundlage, die feuchtigkeitsspendend und rückfettend wirkt. Dazu kommen u. a. Panthenol, das viele bereits als Baby mit ihrer Windelcreme kennengelernt haben. Etwas trendiger dann das Avocado-Öl. Am ungewöhnlichsten ist das Wiesenschaumkrautöl, ein Öl mit langkettigen Fettsäuren, das sich auf die Haut legt, sie aber nicht abschließt und so einen guten Schutz bietet. Wie bei den anderen Produkten gibt es auch weitere feuchtigkeitsspendende und -haltende Inhaltsstoffe.
Wie ist der Sympathie-Effekt?
Auch die Elanee Intimpflege kommt weiblich daher, wenn auch etwas farbstärker als die Bioturm-Produkte.
Die Hersteller-Firma schreibt: „Bei uns steht die Frau im Mittelpunkt – Frauengesundheit liegt uns sehr am Herzen.“ Das klingt ja schon mal nicht schlecht. Hinter den Elanee-Produkten steht die NATURSPECHT Naturprodukte GmbH, die die Intimpflege offensichtlich klar von den restlichen Produkten trennt – Elanee hat eine eigene Webseite mit dem Slogan „Einfach Frau sein“. Die Creme ist unauffällig. In Farbe, Textur und Duft. Stört nicht, aber begeistert auch nicht. Muss sie ja auch nicht, sie soll ja einfach nur ihren Job machen.
Was soll sie können und was kann sie?
Die regenerierende Creme soll trockene und gereizte Haut mit Feuchtigkeit versorgen, rückfettende Eigenschaften einen Schutzfilm hinterlassen. Der schützt vor „natürlichen Einflüssen wie Nässe“. Im Klartext: gut bei Inkontinenz. Okay, auch Chlorwasser wird erwähnt. Die Creme lässt sich gut verteilen und hinterlässt ein gutes Gefühl. Die langfristige Wirkung kann ich nach dem kurzen Test nicht beurteilen. Also bleibt das Fazit: Sie macht ihren Job. Und die kleine Tube passt auch noch gut ins Handgepäck.
ToxFox und CodeCheck kannten die Creme noch nicht.
Um die 7 Euro für 20 ml.
Vagisan Schutz-Salbe
Was ist drin?
Schon mal gut: Auf der Packung wird darauf hingewiesen, dass die Salbe keine Mineralfette und Silikone enthält. Auch ToxFox listet keine „uns bekannten Schadstoffe“ auf. Die Salbe enthält eine Reihe von Ölen und Wachsen, dazu u. a. den entzündungshemmenden Wirkstoff Bisabolol. Ähnlich wie bei der Intimsalbe von Bioturm hat man auch für die Vagisan Schutz-Salbe in der Küche gewildert: Wir treffen wieder auf Ingwer, der hautpflegend und -stärkend wirkt, und auf Sonnenblumenöl. Das Öl wirkt aufgrund des Vitamin-E-Gehalts entzündungshemmend.
Codecheck hält den Inhaltsstoff Glyceryl Behenate, der die Haut geschmeidig machen soll, für leicht bedenklich. Zitat: „Irritierend im Kontakt mit Augen, Haut und Atemwegen. Kann penetrationsverstärkend wirken.“ Ich lass das mal so stehen.
Wie ist der Sympathie-Effekt?
Vagisan ist eine große Marke mit Geld für Fernsehspots mit „Deutschlands bekanntester Sexualtherapeutin“. (Sie kennen Elke nicht!) Das kann man vertrauenserweckend oder verdächtig finden. Mich hat immer dieser Schnipsel „Info für Ihre Apotheke“ in den Anzeigen für Vagisan-Produkte gestört. (Die moderne Frau muss ihn übrigens nicht mehr mühselig ausschneiden, sondern kann ihn direkt aufs Handy laden.) Die Logik des Herstellers ist wohl: Muss ja nicht jeder mitbekommen, dass man Probleme mit Trockenheit im Intimbereich hat. Ich als Wechseljahres-Beraterin stehe da natürlich drüber. Außerdem hat meine Stammapotheke die Salbe im Regal stehen, so dass ich sie lässig schnappen kann und nur noch schnell bezahlen muss. Neulich wollte ich die Salbe allerdings in einer anderen Apotheke kaufen. Nichts im Regal zu finden. Und am Tresen strahlte mich ein junger Apotheker hilfsbereit an. Da musste auch ich erst mal in meine Trickkiste des Selbstbewusstseins greifen, um locker nach der Vagisan Schutz-Salbe zu fragen. Hätte ich mich mit dem Schnipsel besser gefühlt? Wohl kaum.
Die Salbe ist extrem weiß, ziemlich geruchsarm mit einem Hauch Chemie. Die enthaltenen Wachse zerlaufen beim Kontakt mit Körperwärme, so dass sie sich trotz der eher mächtigen Substanz leicht auftragen lässt.
Was soll sie können und was kann sie?
Bei der Vagisan Schutz-Salbe geht es um Abwehr: Die Salbe „hält von der Haut fern, was ihr schaden kann“. Als Erklärung folgen: Urin, Stuhl, Ausfluss, Schweiß. Also schon mal ehrlicher als die „natürlichen Einflüsse“ von Elanee. Und die Salbe soll auch dem Wundscheuern entgegenwirken. Auch hier gibt es noch eine Erläuterung: „z.B. durch Radfahren (!), Kleidung (?), Slipeinlagen (?).“
Der langanhaltende Schutzfilm überzeugt mich tatsächlich. Auf alle Fälle gut für die Radtour. Und auch tagsüber greife ich manchmal auf die Schutz-Salbe zurück, wenn ich das Gefühl habe, dass andere Produkte nicht lang genug für Geschmeidigkeit sorgen.
Etwas mehr als 10 Euro für 75 ml.
* Elanee Intimpflegecreme, Bioturm Intim Salbe und Bioturm Intim Hydrogel wurden uns von den Firmen für den Test zur Verfügung gestellt.
Der Ausblick
Der nächste Test geht ins Innere: Wir schmelzen mit Zäpfchen dahin und lösen uns im Dampf des Vagina-Steamings auf.
Weitere Informationen und Links? Hier!
Infos über Inhaltsstoffe: https://www.marirosa.de/beauty-lexikon, http://hautpflegewissen.de/
Britta Scholten ist ausgebildete Wechseljahrsberaterin, aber keine Medizinerin. Die Bewertungen unterliegen alle einem Selbsttest und keinen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Bei Unsicherheiten, starken oder langanhaltenden Beschwerden unbedingt eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.
Für die Richtigkeit der Produktangaben übernehmen wir keine Gewähr.
Illustration: Kathrin Blanke