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Palais F*luxx

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Ein gelungenes Desaster

Die Freundin von Mareile Blendel, Laura Lehmus, hat einen Spielfilm gedreht. Ihren ersten. Ein Film, so wild wie die Frau, über die er erzählt. Lassen wir uns von Mareiles Begeisterung mitreißen!

Laura Lehmus hat die Empowermentstrategien ihrer Protagonistin auch für ihre filmische Arbeit genutzt. In diesem Sinne: Gutes Fliegen!
Plakat: ©Zeitgeist Filmproduktion


Meine Freundin Laura Lehmus hat einen Film gemacht. Er heißt „Sweet Disaster“ und ist derzeit in ausgewählten Kinos zu sehen. Es ist Lauras erster Film. Laura ist 50. So weit, so wunderbar!

Und nicht weniger wunderbar ist die Frau, um die es geht: Frida ist auch schon etwas älter. 40, um genau zu sein. Warum das bei Frauen immer so eine Rolle spielt, liegt leider auf der Hand: Wir werden immer noch vor allem biologisch bewertet. Frauen sollen Kinder kriegen. Und weil die Fähigkeit hierzu zeitlich begrenzt ist, ist die unfruchtbare Frau irgendwie für gar nix gut. Sagt natürlich keine(r) so. Wird aber so empfunden. Und deshalb steht das Alter bei einer öffentlichen Frau spätestens ab dem 40sten immer mit dabei.

Das Desaster akzeptieren? Nö, alles neu würfeln!

Frida (40) kriegt ein Kind. Gespielt wird Frida von Friederike Kempter – und das sehr leicht und zauberhaft. Der Vater, gespielt von Florian Lukas (Alter: mir doch wurscht!), der das männliche Versagen in „Sweet Disaster“ herrlich melancholisch-betreten skizziert, nimmt sofort Reißaus. Er ist zu alt, um sich nochmal auf was ganz Neues einzulassen. Seine Ex, zu der er flieht, ist auf jeden Fall NICHT schwanger. Dafür vertraut. Aber gut. Der Mann geht, weil er es kann. Und Frida steht mit ihrer Schwangerschaft allein da.

Aber sie weigert sich, das Desaster zu akzeptieren, und denkt sich die eigene Geschichte neu. Die Welt als Vorstellung! Dabei ist sie keine versponnene Romantikerin mit Pippi-Langstrumpf-Touch, im Gegenteil: Frida ist eine gerissene Imaginations-Kriminelle. Die Männerfiguren, die in „Sweet Disaster“ allesamt durch Abwesenheit glänzen, denkt sich Frida teilnehmend herbei, sie denkt sich Farben in die tatsächliche Tristesse und Freunde in die Einsamkeit. Sie gibt nie auf. Sie fordert. Sie ist eine Macherin. Und setzt da an, wo gar nichts ist. Nur Fridas Gedanken. Und die sind frei.

Sie macht sich ihre Welt, wie sie ihr gefällt

Ihre Imaginationen sind in „Sweet Disaster“ farbenfroh ausinszeniert. Aus einem Fenster fliegen bunte Bälle, Törtchen verzieren sich selbst, eine Skatrunde verwandelt sich in flaumig weiche Omas, die immer genau dann da sind, wenn frau sie braucht.

Fliegen oder träumen? Frida zwischen nicht immer süßer Realität und Imagination
Foto: ©Anne Bolick/Zeitgeist Filmproduktion

Allerdings verwickelt ihre Weigerung, die Realität so trist hinzunehmen, wie sie eben ist, Frida auch immer wieder in desaströse Situationen. Und genau die haben das Potenzial, die Kluft zwischen Vorstellung und Realität zu überbrücken. Die ausgelösten Katastrophen fungieren wie elektrische Entladungen, auf denen Fridas Ideenfunken in die Realität übersetzen. Peng! Und plötzlich sieht die Welt ein bisschen anders aus. Mehr so wie in Fridas Traum.

Am Ende bringt das Scheitern Frida in Kontakt. Mit jeder Menge Frauen: Alleinerziehenden, Heranwachsenden, Herausgewachsenen, Einsamen und Überforderten. Geteiltes Leid wird halbes Leid. „Kuchen?“, fragt eine der Omis, wenn das Chaos mal wieder überhandnimmt. Und schon wird das Disaster sweet.

Mareile Blendl feiert ihre Freundin Laura Lehmus

„Du hast eine Schwangerschaft als Heldenreise inszeniert!“, habe ich Laura nach der Premiere gratuliert. „Nein“, hat sie geantwortet, „es ist keine Heldenreise. Es ist eine Heilungsreise.“ Und ich finde: Genau das brauchen wir jetzt: Heilungsreisen! Keine starken Superheroes, die im Alleingang die Welt retten. Sondern sensible Kreateure, die die Welt gemeinsam neu gestalten wollen.

Ich gratuliere Laura Lehmus, die selbst eine absolute Frida ist! Eine, die es geschafft hat, der Realität ein Schnippchen zu schlagen. Ihr Film ist auf so vielen Ebenen unwahrscheinlich wie eine späte Schwangerschaft: Es spielen fast nur Frauen mit! Der Altersdurchschnitt der Darstellerinnen liegt bei ca. 50 Jahren! Die Story nach dem Drehbuch von Ruth Toma ist genauso melancholisch, wie sie optimistisch ist! Lauras Alter fällt bei so einer Anhäufung von Unwahrscheinlichkeiten einfach mal unter den Tisch. Wo es natürlich hingehört!

Laura Lehmus hat eine knallbunte Heilungsreise inszeniert – und das mit Erfolg, sagt Mareile
Foto: privat

Über 35 Preise hat Laura Lehmus international mit „Sweet Disaster“ bereits abgeräumt. Auf 103 Festivals lief ihr Film. Und es werden immer mehr!

Ich, als Freundin von Laura, möchte sagen: Ich feiere dich! SO WAS VON! Du machst mir Mut. Deine Geschichte empowert mich. Die des Films genauso wie die reale. Du hast Fridas Technik auf den Filmmarkt angewandt. Und sie hat offensichtlich funktioniert! Das ist eine gute Nachricht. Eine fantastische! Danke, dass ich mit dabei sein darf!

Mareile Blendl veröffentlicht unregelmäßig eine Kolumne auf ihrer Website und spielt in „Sweet Disaster“ eine übervorsichtige Helikoptermami, die mit Fridas Hilfe lernt, ihrer ungewöhnlichen Tochter (Lena Urzendowsky) zu vertrauen. Bei einer Sondervorstellung von „Sweet Disaster“ am 30.08. um 19:30 Uhr in den Zeise Kinos in Hamburg wird die Schauspielerin anwesend sein und im Anschluss an das Screening zusammen mit Anna-Maria Kuricová eine gemeinsam entwickelte Empowerment-Methode launchen, die Fridas kreativem Ansatz nicht unähnlich ist. Und Sekt gibt es auch!

Den Trailer gibt es HIER zu sehen

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