Buchbesprechung: „One of the Girls“
Worum geht es?
Lexi möchte mit fünf Freundinnen auf einer kleinen, beschaulichen griechischen Insel ihren Junggesellinnenabschied feiern. Geplant von einer Freundin, soll es der perfekte Kurzurlaub werden, doch in der abgelegenen Villa knirscht es heftig im Gebälk. Aus sonniger Idylle mit Crémant und Frauengesprächen wird rasch ein Wochenende, das die verborgenen Geheimnisse aller sechs Frauen offenbart. Und je länger der Aufenthalt auf der Insel dauert, wird klar: Da stimmt was nicht. Und dann stirbt ein Mensch. Doch wer hat den Tod verschuldet und ist eine der Frauen zu einem Mord fähig?
Was hat das mit mir zu tun?
„One of the Girls“ ist „one of that books“, die ich eigentlich nicht lese. Mein Vorurteilsradar schlägt bei solchen Titeln mit solchen Covern an und warnt mich vor der Lektüre eines Schmökers, der außer Liebe, Drama und hübsche Aussicht nichts zu bieten hat. Dass ich das Buch gelesen habe, lag schlicht daran, dass ich mit diesem Vorurteil brechen wollte und so nahm ich mir in meinen Urlaub dafür Zeit. Glücklicherweise habe ich die richtige Wahl für das Vorhaben getroffen.
Warum sollte mich das interessieren?
Lucy Clarke hat mit diesem Roman ein wirklich spannendes und unterhaltsames Werk verfasst. Im Untertitel ist ein Mord angekündigt, doch im Buch erfolgt erst mal kein Verbrechen. Und so frage ich mich dauernd: Wer stirbt denn nun, wem traue ich denn eine solche Tat zu? Ich rätsele mit, ich warte ab und verteile Sympathien und Antipathien, lasse mich unterhalten. Doch das ist nicht alles. Die Lektüre ist nie platt, die Autorin hält sich mit Adjektiven zurück und die sechs Frauen und ihre Schicksale sind alle nachvollziehbar. Klar, präzise, nie klebrig süß oder moralinsauer. Es könnten meine Freundinnen sein.
Warum ist das Lesen ein Vergnügen?
Das liegt ganz eindeutig an den wirklich unerwarteten und ausgeklügelten Wendungen, die die Autorin ganz geschickt eingebaut hat. Hinzu kommen die sehr gut gezeichneten Frauenfiguren, und das Zusammenspiel derer ist wie gemacht für einen sogenannten Pageturner. Schließlich sind es sechs Frauen, sechs Leben, sechs Vergangenheiten und einige Probleme. Und eine aus der Runde stirbt. Und eine andere ist eine Mörderin. Dies schwingt immer mit und bis es zur Auflösung kommt, langweile ich mich keine Minute.
Dieses Buch wird sicherlich nicht den Pulitzer-Preis gewinnen, doch ich spreche eine klare Lese-Empfehlung für alle aus, die sich gern spannend und gut unterhalten lassen möchten.
Die Autorin
Lucy Clarke studierte Englische Literatur und ist passionierte Tagebuchschreiberin. Sie ist verheiratet mit einem Surfer, Mutter von zwei Kindern und lebt mit ihrer Familie an der englischen Südküste. Aktuell sind acht Romane der Engländerin auf Deutsch erschienen und wurden von mir bisher gekonnt ignoriert. Aufgrund der Titel und Cover – ich bekenne mich des Vorurteils für schuldig.
Kostprobe:
Unsere Freundinnen sind die Menschen, die uns verstehen. Sie wissen, dass Toast mit Marmite unser Wohlfühlessen ist, sie teilen unsere Begeisterung für Schreibwarenartikel, und sie haben gesehen, wo wir unseren Schokoladenvorrat für den Notfall aufbewahren. Unsere Freundinnen wissen, wann wir zum ersten Mal jemand geküsst haben, bei welchem Song es uns unweigerlich auf die Tanzfläche zieht und weshalb wir immer weinen müssen, wenn wir David Bowie hören.
Wenn wir mit ihnen Zeit verbringen, verändern sich die biochemischen Abläufe in unseren Körpern. Ein Cocktail aus Glückshormonen – Oxytocin, Dopamin und Serotonin – hebt unsere Stimmung. Studien haben belegt, dass Freundschaften die für unser Wohlbefinden verantwortlichen Nervenverbindungen im Gehirn stärken und unsere emotionale Intelligenz fördern können.
Man könnte also sagen, dass Freundinnen wie Medizin für uns sind.
Doch wie jeder Biochemiker weiß, kann etwas, das für einen Menschen bekömmlich ist, für einen anderen giftig sein.
Lucy Clarke: „One of the Girls”, aus dem Englischen übersetzt von Urban Hofstetter, dtv-Verlag, 432 Seiten, 15,95 Euro
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Rezension: Simone Glöckler