Buchbesprechung: „Die einzige Frau im Raum“
Worum geht es?
Hedwig Eva Maria Kiesler, geboren 1914 in Wien, feiert früh Erfolge am Theater und avanciert nach ihrer Flucht nach Hollywood vor dem nicht aushaltbaren Ehemann und dem aufkochenden Antisemitismus zu einem DER Weltstarts schlechthin: Hedy Lamarr. Laut Klappentext soll das Buch die Geschichte der Schauspielerin, Glamour-Ikone und Wissenschaftlerin erzählen.
Warum sollte mich das interessieren?
Die österreichisch-amerikanische Filmdiva, ihr Leben, ihre Lieben, ihre Klugheit, ihr Wissensdurst und Erfinderinnentum sind das eine. Dazu der hochkochende Antisemitismus in Europa und Lemarrs Sorgen über diese Entwicklung – auf diesen Nöten beruht auch die Entscheidung, einen Waffenfabrikanten zu ehelichen, um sich und ihre Familie zu schützen. Die Flucht vor dem immer besitzergreifenderen Mann, der sich trotz anfänglichem Widerstand doch mit den Nazis zusammentut, all das ergibt ein gutes Bild vom Aufstieg der Kiesler zu Lamarr und der Enge, in die sie sich eingeheiratet hat.
Wie ist es geschrieben?
Es ist kein literarisch anspruchsvolles Werk und nach ausführlichem Beginn leider runtererzählt. Es nimmt einen zwar mit auf die Lebensreise, doch selbst die Schicksalsschläge bleiben farblos. Es ist der Sprache der damaligen Zeit angepasst, und versucht uns dorthin mitzunehmen, doch es fehlt an Flair, an Tiefe. Letzteres sollte wohl durch die Ich-Erzählweise erzeugt werden. Dabei bleibt es oberflächlich.
Was mich daran genervt hat
Sehr ambitionierter Klappentext, der nicht einhält, was er verspricht. Wir folgen Hedy Lamarr von Wien nach Amerika, doch die wirklich spannende Geschichte hinter der Schauspielerin kommt viel zu kurz. Bei 304 Seiten kommt auf Seite 242 endlich ihre Erfindung der Frequenzsprungtechnologie zur Sprache, die für das heutige WLAN maßgeblich ist. Bis dahin habe ich mich durch die Abenteuer und Männergeschichten der Diva gelesen. Es ärgert mich, dass das noch viel spannendere Leben während und nach den Film-Erfolgen in der Erzählung viel zu kurz kommt. Als ob frau wieder nur Männergeschichten und Hollywood-Geflüster lesen möchte.
Fazit
Es ist zum Heulen. Einerseits. Andererseits bekommen wir so wenigstens einen kleinen Einblick in die Talente der Hedy Kiesler/Lamarr und denken vielleicht beim nächsten Handy-Gebrauch an die einst schönste Frau der Welt, die im Jahr 2000 verstarb.
Die Autorin
Marie Bendict, 1973 geboren, ist wohl die Autorin für die Geschichten von bisher eher unbekannten Frauen, die die Weltgeschichte mitbestimmt haben. Der Roman über „Frau Einstein“ gehört zu den erfolgreichsten dieser Reihe.
Kostprobe:
Es gibt keine Kostprobe, da ich mir keine Stelle markiert hatte und das Buch unmittelbar nach dem Lesen weitergereicht habe.
Marie Benedict: „Die einzige Frau im Raum“, übersetzt von Marieke Heimburger, Kiepenheuer & Witsch, 304 Seiten, 12 Euro
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Rezension: Simone Glöckler