Macht doch, was Ihr wollt!

Jeden zweiten Mittwoch stellen wir Euch eine Frau vor, die ihr Leben umgekrempelt hat
oder mittendrin ist in der Veränderung

Heute: Kerstin Geffert

„Free your mind”, sagte sich Kerstin Geffert und zog von Minden nach Berlin. Das war Ende der 80er-Jahre – aber Neugier und Abenteuerlust sind ihr seitdem hold geblieben. Statt Wirtschaftskommunikation zu studieren, gründete sie eine Lifestyle PR-Agentur – und gehört außerdem zu den lässigsten Insta-Ikonen, die Deutschland derzeit zu bieten hat.

Name:  Kerstin Geffert
Beruf: Co-Founder Silk Relations
Alter: 52 Jahre
Wohnt in: Berlin
Motto: It’s good to feel excited by the environment you’re in (PJ Harvey)

Du bist eine echte Instanz in der Berliner Kommunikations-Agentur-Szene. Wie hast Du das angestellt?
Rückblickend betrachtet verlief mein beruflicher Weg recht linear bzw. kreiste immer um das, was ich gut kann und immer gern gemacht habe: schreiben. Ich stamme aus Minden und habe nach dem Abitur erst mal ein Praktikum in einer Werbeagentur gemacht; nebenbei habe ich Filmkritiken für das dortige Stadtmagazin geschrieben. Mir war klar, dass ich nicht in Ostwestfalen bleiben wollte, Berlin war meine absolute Traumstadt. Ich schrieb mich also an der UdK für „Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation“ ein und bewarb mich zur Sicherheit auch noch bei ein paar Berliner Werbeagenturen. Eine davon stellte mich direkt als Juniortexterin an, und das Ende vom Lied war, dass ich die UdK nicht ein einziges Mal von innen gesehen habe, weil ich so viel gearbeitet habe.

Was war Dein Antrieb?
Mein eigenes Geld zu verdienen und unabhängig zu sein, war immer die treibende Kraft bei meinen beruflichen Entscheidungen. Ich habe mich dann mit meinem damaligen Freund, der auch Werbetexter war und seit mittlerweile fast 30 Jahren mein Mann ist, selbstständig gemacht. Zehn Jahre lang haben wir gemeinsam eine kleine Marketingagentur namens „artgenossen“ betrieben, dann kam unser Sohn auf die Welt.

Und mit dem Baby kam die große Zäsur?
Nein, eher der nächste logische Schritt. Denn kurz darauf lernte ich meine jetzige Geschäftspartnerin Silke kennen, die meinte: „Kerstin, lass uns zusammen eine Lifestyle PR-Agentur aufmachen!“ Ich wusste damals gar nicht so richtig, was es damit auf sich hat und was man als PR-Frau so machen muss, aber da Silke sich sicher war, dass das genau mein Ding ist, haben wir es einfach gemacht – jede von uns mit einem Baby unterm Arm. Das ist jetzt 17 Jahre her, unsere großen Kinder sind erwachsen und wir haben rund 30 internationale Kunden und 50 Angestellte bei „Silk Relations“. Voilà!

Das klingt jetzt relativ easy …
Was es natürlich nicht war. Ich durfte mit Anfang 30 den PR-Beruf komplett neu erlernen. Ich kannte niemanden aus der Branche, keinen einzigen Journalisten und auch die ganzen Abläufe nicht. Aber es war, wie Silke gesagt hatte: Es fiel mir leicht und machte Spaß. Ich habe damals ein paar Abendkurse belegt und Fortbildungen gemacht, aber mehr so für mein Gefühl. Der Rest war learning by doing. 

Warst Du in der Zeit nicht irre gestresst?
Ich habe nach der Geburt unseres Sohnes immer gesagt: Jetzt haut mich nichts mehr um. Alles andere ist Pillepalle und regt mich überhaupt nicht mehr auf. Dass ich das geschafft habe, ist einfach der Maßstab. 

Wie empfindest Du Deine derzeitige Lebensphase?
Ich finde es einfach herrlich, über 50 zu sein. Ich kann voller Stolz auf das blicken, was ich schon geschafft habe und schaue entspannt auf das, was noch kommt. Es ist einfach so angenehm, mit so vielen Erfahrungen ausgestattet zu sein, dass man super effizient und souverän sein kann. Beim Arbeiten … aber auch alle anderen Themen des Lebens betreffend.

Wie tankst Du neue Energie auf?
Ich kann gut Zeit alleine verbringen und brauche das auch hin und wieder. Dann fahre ich zum Beispiel für ein Wochenende ins Spa und genieße es, mit niemandem sprechen zu müssen und einfach meine Ruhe zu haben. Außerdem stricke ich leidenschaftlich gern und habe immer irgendein Projekt am Start, um mich zu entspannen. Sport war noch nie meine große Leidenschaft, aber ich schwimme gern und ziehe das seit ungefähr zwei Jahren nun auch zweimal pro Woche konsequent durch, weil ich einfach merke, wie gut es mir tut. 

Vielen Dank!
Das Interview führte Gerlind Hector, die zwar ebenfalls aus Ostwestfalen stammt – aber nicht annähernd so herrliche Klamotten mit Kreisch-Alarm besitzt wie Kerstin. Deren cool-schräge Insta-Posen sind ebenfalls eine echte Inspiration und werden fleißig geübt: Linkes Bein am Boden, das rechte angewinkelt mit der Hand am Knie, Fuß in die Kamera deutend, während der linke Arm unsichtbar am Spiegel vorbei das Foto schießt (28.11.2021), das setzt artistisches Geschick voraus.

Kerstins Instagram: instagram.com/kerstingeffert

Kerstins Agentur: silk-relations.com

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