Am 18. Oktober fand im Berliner Bundestagsgebäude der zweite parlamentarische Abend zum Thema Wechseljahre statt. Wechseljahresberaterin Britta Scholten war dabei
„Du kannst wahrscheinlich nichts mit mir anfangen, ich nehme Hormone.“ Das war der Anfang eines Gesprächs auf meiner Geburtstagsfeier. Eine Freundin traf auf eine meiner Kolleginnen aus dem Kreis der Wechseljahresberaterinnen. Wenn sie beim parlamentarischen Abend mit dabei gewesen wäre, hätte sie wahrscheinlich gestaunt. Hier gab es kein Schwarz-weiß-Denken. Weder unter den Podiumsteilnehmer:innen, noch unter den anwesenden Aktivistinnen. Uns allen geht es um ein Thema: Für einen besseren Weg durch die Wechseljahre, für bessere Aufklärung, Akzeptanz und Behandlungsangebote.
Unsere Beschwerden, unsere Forderungen
Schnell wurde in der Diskussion klar: einen einheitlichen Weg durch die Wechseljahre kann es nicht geben, weil jede Frau unterschiedlich durch diese Zeit geht. Dazu bringt jede Frau auch ganz unterschiedliche gesundheitliche Voraussetzungen und Risiken mit. Wichtiges Thema z.B. bei der Frage „Hormone zur Prävention von Alterserkrankungen“. Dr. Katrin Schaudig verwies auf die unterschiedliche Studienlage: Während es z.B. gut belegt ist, dass Hormone zur Prävention bei Osteoporose helfen, gibt es zur Präventionswirkung gegen Demenz nicht nur nicht ausreichende, sondern sogar widersprüchliche Studienergebnisse. Fazit: Die Forderung von #wirsind9millionen, mehr für die Erforschung von Fragen rund um die Wechseljahre zu tun, ist extrem wichtig.
Genauso wie die Forderung, mehr für die Prävention zu tun. So äußerte eine Urologin sehr deutlich ihren Frust über das gesundheitliche System. Sie sieht täglich schwere Erkrankungen, die mit hohen Kosten behandelt werden müssen, sich aber mit der Verwendung einer Östriolcreme leicht verhindern könnten. Aber da Prävention immer noch keinen hohen Stellenwert hat, werden halt eher Antibiotika gegen Harnwegsinfektionen oder sogar OPs bezahlt. Miriam entlarvte zu diesem Thema die Gesundheitsstrategie der Bundesregierung: In ihr wird zwar die Gesundheitsprävention erwähnt. Aber nur im Kontext mit Männern. Gesundheitsprävention für Frauen ist noch nicht einmal einen Unterpunkt wert.
Es gibt noch viel zu tun, bleiben wir dran
Diese haarsträubende Ignoranz und Ungleichbehandlung muss ein Ende haben und alle Frauen – unabhängig von ihrem Einkommen – eine gute Beratung und Behandlung bekommen. Das wird aber noch dauern, auch wenn Aktionen wie der parlamentarische Abend Mut machen und Politiker:innen zum Nachdenken und hoffentlich zum Handeln bringen. Bis es soweit ist, müssen wir Frauen uns aber selbst darum kümmern, umfassende Aufklärung zu bekommen und gute Ärzt:innen und Berater:innen zu finden. Da sind wir aber nicht konsequent. Dr. Katrin Schaudig berichtete von den gut besuchten Aufklärungsabenden, die sie mit ihrer Kollegin Dr. Anneliese Schwenkhagen eine Zeitlang kostenlos angeboten hatten. Als sie diese ehrenamtliche Arbeit auch mal auf eine finanzielle Basis stellen wollten und fünf Euro für einen Vortrag verlangten, kamen keine Frauen mehr. Das macht mich genauso wütend wie die politische und wirtschaftliche Ignoranz gegenüber den Wechseljahren. Warum geben Frauen Geld für den Latte Macchiato mit der Freundin, das zehnte Paar Schuhe, künstliche Fingernägel, die It-Bag usw. aus, während uns die Aufklärung über unsere Gesundheit nicht einmal fünf Euro wert ist? Von diesem Missverhältnis können auch alle Anbieter:innen von privat finanzierten Beratungen erzählen. Dabei ist gerade die Zeit der Wechseljahre für die Gesundheit im Alter ist. Ein Fakt, der am parlamentarischen Abend auch immer wieder von den Ärztinnen auf dem Podium und im Plenum betont wurde.
Wir haben also zwei Aufgaben: uns weiterhin gemeinsam dafür einzusetzen, dass die Wechseljahre aus der Tabuzone kommen. Aber auch uns selbst um unsere Gesundheit zu kümmern. Wenn wir auch als hochbetagte Frau noch laut und Palais-Fluxx-leuchtend durchs Leben gehen wollen, sollten wir jetzt etwas Geld für solide Informationen und Beratungen in die Hand nehmen. Und vielleicht die Freundin, Kollegin oder Nachbarin, die sich keine fünf Euro leisten kann, mit zum Vortag einladen. Nur gemeinsam bekommen wir das hin. Und ob wir dann Hormone nehmen oder nicht, darf uns nicht trennen.
Britta Scholten