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Palais F*luxx

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Lesen oder Lassen?

Buchbesprechung: Jennie Fields „Die Unteilbarkeit der Liebe“

Worum geht es?
Chicago 1950. Nachdem sie ihren Job als Kernphysikerin verloren hat, verdient sich Rosalind ihr Geld mit dem Verkauf von Schmuck. Ihre Vergangenheit lässt sie kaum los, war sie doch mitbeteiligt am Bau der Atombombe – und leidet unter den Auswirkungen, die diese Waffe auf die Welt hat. Sie hat sich einigermaßen in ihrem Alltag eingerichtet, da tritt ihr Ex-Geliebter – und Ex-Kollege – Thomas Weaver wieder in ihr Leben. Fast zeitgleich auch ein FBI-Mitarbeiter, der mehr über Weaver wissen möchte. Es entspinnt sich ein Liebesroman mit einem Hauch Agententhriller inmitten der Kommunistenverfolgung McCarthys.

Was kann es?
Unterhalten. Das kann das Buch sehr, sehr gut. War ich doch sehr skeptisch ob der Liebesgeschichte und eher an der Wissenschaftlerin interessiert, habe ich dennoch die 400 Seiten trotz meiner Vorbehalte gelesen. Das liegt zum einen an der pfiffigen Protagonistin, die die Autorin entworfen hat, zum anderen an dem Umfeld Rosalinds. Spielt das Buch in einer Zeit, in der in den USA die Angst vor den Kommunist*innen so groß war, dass das Land seine demokratischen Werte für die Jagd auf ebendiese „vergessen“ hat.

Was leider zu kurz kommt, ist die Wissenschaftlerin Rosalind. Die Autorin rückt das Spiel um den Ex-Liebhaber, den potenziellen Neu-Liebhaber und das Drumherum zu sehr in den Fokus, statt mehr auf die Arbeit einer Frau in dieser Wissenschaft einzugehen. In Rückblicken erfahren wir viel über den Lebenslauf bzw. den Werdegang des FBI-Mannes, doch Rosalind kommt definitiv zu kurz. Ihre Liebe zur Naturwissenschaft, ihr Forschergeist, ihre Motivation, sich überhaupt der Kernspaltung/Kernfusion zu verschreiben, werden nur im Kontext ihrer Familie und in kurzen Dialogen abgehandelt. Platz wäre genug gewesen, geht die Autorin doch auch auf die Eheprobleme von Rosalinds Schwester ein, die ich nun wahrlich nicht hätte lesen müssen. Das ist extrem schade, denn so bekommt der Roman einen schnulzigen Touch trotz Spionagethriller-Elementen.

Warum sollte mich das interessieren?
Es ist ganz klar ein Roman für Leserinnen, die sich in gut geschriebenen Geschichten verlieren möchten. Aus dem Alltag entfliehen und sich in eine andere Zeit auf einen anderen Kontinent beamen lassen. Denn trotz meiner Kritik kann ich den Roman allen Frauen empfehlen, die sich gern von Liebesgeschichten – gepaart mit etwas Spannung – begeistern lassen.

Die Autorin
„Atomic Love“ – so der Originaltitel – ist Jennie Fields´ fünfter Roman und wurde inspiriert vom Leben einer Cousine ihrer Mutter. Diese war in einem geheimen Labor in Chicago beschäftigt und sprach nie über ihre Arbeit. Den Geheimhaltungsschwur brach sie erst Jahrzehnte später und gestand, am Bau der Atombombe beteiligt gewesen zu sein.

Kostprobe

„Erzählen Sie mir von Ihrer Beziehung zu Thomas Weaver“, fordert er sie auf. „Weaver?“, fragt sie. „Warum?“ „Er interessiert uns.“ „Na ja, mich interessiert er nicht mehr. Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Und ich will mit Sicherheit nicht über unsere ‚Beziehung‘, wie Sie es nennen, sprechen.“ Szydlo lehnt sich nur zurück und schüttelt den Kopf. „Auf den Mund gefallen sind Sie schon mal nicht“, sagt er. „Freut mich, dass ich Sie amüsiere.“ Er nimmt einen Schluck Kaffee. „Ich möchte wetten, Sie schüchtern viele Männer ein. Eine Kernphysikerin.“ „Nicht mehr.“ Sie sieht ihn stirnrunzelnd an. „Ich verkaufe Schmuck.“ Selbst nach dreieinhalb Jahren verspürt sie noch immer ein ironisches Kribbeln dabei, die Worte laut auszusprechen.

„Waren Sie überrascht, als Weaver angefangen hat, Sie wieder anzurufen?“ „Woher … woher wissen Sie, dass er angerufen hat?“ „Ich weiß, dass Sie Nein gesagt haben. Sie haben ihn nicht trotzdem getroffen?“ „Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ich habe ihm gesagt, er soll mich in Ruhe lassen.“ „Um genau zu sein, haben Sie ihm gesagt …“ Er zückt ein kleines Notizbuch aus seiner Brusttasche. „Halt dich aus meinem Leben raus.“ Er sieht bedeutungsvoll auf. „Ich … woher …?“ „Wir haben Ihr Telefon angezapft.“ Sie braucht einen Moment, um diesen Brocken zu schlucken. Vorgestern hat sie sich bei ihrer Freundin Marie über ihre Menstruationskrämpfe beklagt. Hitze kriecht ihr in den Nacken. “Es tut mir leid, dass wir Ihre Privatsphäre verletzen mussten“, fährt er fort. „Wir hatten natürlich einen Gerichtsbeschluss.“

Jennie Fields: „Die Unteilbarkeit der Liebe“, übersetzt von Veronika Dünninger; Penguin Verlag, 408 Seiten, 18 Euro. Hier bestellen

Rezension: Simone Glöckler

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