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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Lesen oder Lassen?

Buchbesprechung „Weise Frauen“ von Miriam Stein

Worum geht es?
In ihrem neuen Buch erkundet die Kulturjournalistin Miriam Stein eine „weiblich konnotierte Weisheit“ für das 21. Jahrhundert. Sicherlich inspiriert durch Begegnungen im Rahmen ihrer aktivistischen Tätigkeit für die Wechseljahre und durch das Schreiben ihres Buchs „Die gereizte Frau“, beleuchtet sie das vergessene Wissen historischer Heldinnen wie Heilerinnen, Priesterinnen und Schamaninnen, deren Einfluss in patriarchal geprägten Gesellschaften oft abgewertet wurde. Miriam Stein reist zu modernen Vertreterinnen dieser Traditionen und spricht mit Expertinnen weltweit.

Was kann es?
Uns dem Wissen um weibliche Weisheit tatsächlich ein Stück näher bringen. Zum einen beleuchtet Miriam Stein die Traditionen von Heilerinnen, Schamaninnen, Hebammen und anderen Hüterinnen des Wissens aus vergangenen und heutigen Zeiten. Sie zeigt, wie deren wertvolle Erfahrungen und Ratschläge über Jahrtausende hinweg unsere Vorfahrinnen prägten. In patriarchal geprägten Gesellschaften jedoch wurden diese Stimmen oft in den Hintergrund gedrängt oder sogar diskreditiert.

Zum anderen erzählt sie ihre Recherche und Begegnungen mit einer faszinierenden Leichtigkeit, ohne dass das Buch je in esoterische Gefilde abrutscht. Sie führt uns zu heutigen Nachfolgerinnen dieser uralten Traditionen: Schamaninnen in Südkorea, Heilerinnen der Mapuche in Chile und Forscherinnen, die die Weisheit des Alters als wertvolle Ressource betrachten. Miriam Stein schildert diese Begegnungen und Interviews so nahbar und respektvoll, dass man als Leserin das Gefühl hat, selbst dabei zu sein. Es ist, als würde sie mit uns am Küchentisch sitzen, Geschichten von ihren Reisen erzählen und gleichzeitig die universelle Frage stellen: Was bedeutet es, weise zu sein? Funktioniert „weise werden und sein“ vielleicht auch mithilfe von Drogen? Selbst das probiert Miriam Stein aus und wir begleiten sie beim Selbstversuch mit psychedelischen Pilzen – ohne Verherrlichung beschreibt sie ihren Trip in die dunkle Gasse einer Ur-Angst. Und die daraus resultierende Weisheit über sich selbst.

Was hat das mit mir zu tun?
Ein für mich zentraler Aspekt des Buches ist ihr Nachdenken über generationenübergreifenden Feminismus. Die Autorin plädiert dafür, dass Frauen ihr Wissen und ihre Erfahrungen nicht nur weitergeben, sondern auch gemeinsam wachsen. Durch diese Verbindungen kann eine tiefe und nachhaltige Veränderung in unserer Gesellschaft erreicht werden. Es geht darum, dass Wissen nicht nur in Büchern steckt, sondern im Austausch und im Miteinander. Mögen Jung und Alt über Weisheit zusammenfinden und sich gegenseitig bereichern. Und gemeinsam das Patriarchat vehement in seine Schranken weisen – denn nie war das wichtiger als heute!

Warum sollte mich das interessieren?
„Weise Frauen“ ist ein Buch für alle, die den Wunsch verspüren, andere weise Frauen kennenzulernen, jenseits oberflächlicher gesellschaftlicher Klischees. Miriam Stein gelingt es, altes Wissen und moderne Fragen miteinander zu verweben und so eine Einladung zur Selbstentdeckung und zum Dialog (mit anderen Fluxxfrauen?) zu schaffen. Ein inspirierendes Buch, das uns mal wieder vor Augen führt, wie großartig wir Frauen sind, was wir geleistet haben, derzeit leisten und wie wir endlich nach und nach sichtbar werden.

Über die Autorin
Miriam Stein ist Journalistin und Autorin. Nach diverseren Stationen bei Magazinen ist die Berlinerin inzwischen freie Autorin und hat ihren Fokus auf das Alter gelegt. Seit dem Bestseller „Die gereizte Frau“ ist Miriam Stein auch als Aktivistin in Sachen Wechseljahre unterwegs.

Kostprobe
Wirklich weise Menschen unterteilen nicht mehr in „männlich“ und „weiblich“, und sie werten keine der beiden Seiten höher als die andere. Monika Ardelt ist außerordentliche Professorin für Soziologie an der University of Florida und gehört zu den führenden Theoretiker:innen und Forscher:innen auf dem Gebiet der Weisheit. Im Gegensatz zu Paul Baltes und seinen Kolleg:innen der „Berliner Gruppe“, die Weisheit als ein „System von Expertenwissen“ betrachten, sieht Ardelt Weisheit als eine „Kombination von Persönlichkeitseigenschaften“, die „nicht unabhängig von Individuen existieren kann“. Ardelt schreibt: „In dem Moment, in dem man versucht, Weisheit zu konservieren (durch Aufschreiben), verliert sie ihren Bezug zu einer konkreten Person und verwandelt sich in intellektuelles (theoretisches) Wissen.“ Selbst die tiefgründigste ‚Weisheitsliteratur‘, so Adelt weiter, bliebe intellektuelles oder theoretisches Wissen, bis sie angewandt von einer Person erkannt und gelebt wird. „Weisheit ist in der Tat eine Eigenschaft von Individuen.“ Das heißt: Das Potenzial zur weisen Frau liegt in jeder und jedem von uns.

Rezension: Simone Glöckler

Miriam Stein: Weise Frauen, Goldmann, 304 Seiten, 24 Euro
Bestellen könnt ihr das Sachbuch bei unserer Buchhandlung des Herzens cohen & dobbernig in Hamburg oder bei eurer Lieblingsbuchhandlung um die Ecke.

Anmerkung: Unsere Rezensentin Simone ist mit Miriam gut bekannt, 2023 führte sie auch ein Interview mit der Autorin zu „Die gereizte Frau“. Doch zu keiner Zeit wurde Simone von irgendwem aufgefordert oder gar bezahlt das aktuelle Buch zu besprechen. Einzig die Neugierde trieb Simone dazu.

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