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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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F*luxx Galerie I Susanne Mewing

Susanne Mewing ist eine Empfehlung von Maria Gilges, die wir in unserer F*luxx Galerie vorgestellt haben. Sonst wären uns die eigenwilligen Arbeiten der Hamburger Künstlerin eventuell noch länger verborgen geblieben. „In ihre Welt einzutauchen, ist wie der Besuch im Labor einer verrückten Professorin“, schreibt die amerikanische Künstlerin Jeanne Jaffe. Besser hätten wir unseren Eindruck von Mewings Werken nicht beschreiben können. Sie experimentiert mit Material, Formen und Sprache und weckt damit müde Geister.

Das Foto zeigt eine gehäkelte Figur ohne Kopf. Die Figur hängt an einem Haken in einer leeren, mit dunkler Farbe gestrichenem Raum. Das Objekt ist von der Künstlerin Susanne Mewing.
Großes gehäkeltes Objekt, Susanne Mewing

Wie spürst Du, dass Du mit einer Arbeit richtig liegst?  
Bei vielen Arbeiten spüre ich das intuitiv während des Prozesses. Bei den größeren Arbeiten hilft es, wenn ich sie einige Zeit liegenlasse und dann noch einmal schaue, ob es passt. Manchmal sehe ich ein Material, dass ich finde, oder schon bei mir rumliegt, und ich weiß auf einmal ganz genau, was damit zu tun ist.

Was war das zuletzt?
Zu meiner Freude finden mittlerweile auch Freund*innen Material für mich. Das letzte waren alte Vorhänge aus silbrig schimmernden Stoff. Die habe ich in ein Objekt eingearbeitet, das noch nicht ganz fertig ist, für eine Gruppenausstellung in Lüneburg im Mai. Die Arbeit wird entweder „Ich hoffe noch auf das humanoide Myzel“ oder „Freundliche Kommunikation verschiedener Temperamente“ heißen.

„Frau mit sehr viele Beinen“ oder „Kleiner dramatischer Anfall“ – bei Deiner Titelgebung bist Du ziemlich einfallsreich. Sind sie sowas wie eine zweite Ebene für dich, über die sich deine Bilder erschließen?
Ja. Ich schreibe sie manchmal direkt auf die Zeichnung, weil sie so etwas wie ein Schlüssel für die Betrachter*in sein kann. Ich freue mich immer, wenn mir so ein Titel zufliegt.

Manche Künstler*innen sagen, ihre Arbeit sei körperlich anstrengend. Wie ist das bei Dir?  
Ich finde die Arbeit nicht anstrengend. Anstrengend ist es, auf den richtigen Moment zu warten, bis ich anfange. Diese Anspannung und die Konzentration während der Arbeit sind tatsächlich körperlich anstrengend.

Wo genau spürst Du den Schmerz? 
Eigentlich überall. Ich werde müde, weil die Konzentration anstrengend ist. Ich muss kleine Pausen machen, mich kurz aufs Sofa legen. Das ist – zumindest an guten Tagen – auch ganz nützlich: Von dem, was man gerade tut, ein Stück zurückzutreten und die nächsten Schritte zu überlegen.

Wenn die Arbeit nicht vorangeht, wenn sich nicht das einstellt, was Dir vorschwebt, was machst Du dann?
Prokrastinieren, Angry Birds spielen, oder, wenn es gut läuft: durchhalten, einfach weitermachen.

Du spielst noch Angry Birds? Wusste gar nicht, dass es das noch gibt…
Äh? Ja…

Wenn du von Prokrastinieren sprichst, was meinst Du konkret? Wäsche waschen, spazieren gehen, den Garten umgraben, Freund*innen zum Kaffee treffen …?
Zu den Freundinnen im Café kommt es leider selten, weil ich ja keine Zeit habe und Tausend Sachen machen muss. Ich hoffe ja immer, demnächst mit der Arbeit zu beginnen. Aber Wäsche waschen tue ich auf jeden Fall. Zeichnen kann auch Prokrastinieren sein, aber das fühlt sich im Gegensatz zum übermäßigen Handy-Spielen gut an.

Gibt es in Bezug auf Deine Arbeit ein Versäumnis, das Du bereust?
Ich bereue täglich, dass ich zu viel prokrastiniere. Ich komme auch langsam in das Alter, in dem ich Angst habe, zu viel Lebenszeit zu verplempern.

Hast Du so etwas wie ein Lieblingswerk?
Ja. Semiotics of The Kitchen von Martha Rosler aus dem Jahr 1975.

Für all diejenigen, die Roslers Perfomance nicht kennen: Die Künstlerin steht, bekleidet mit einer Schürze, in einer Küche, und arbeitet mit verschiedenen Küchengeräten, benutzt sie manchmal vollkommen absurd. In ihren Gesten wird trotzdem ihr Frust und ihre Wut über diese Frauenrolle deutlich. Warum hat es gerade die Performance Dir angetan?
Weil sie nah an meinem privaten Leben ist und das Gegenteil von dem, was ich als High Art bezeichnen würde. Ich bin mit Hausfrauen großgeworden – und dann macht da eine Künstlerin mit Küchenutensilien so einen brutalen, lustigen Film! Ein Kunstwerk, das die großen Fragen der Welt behandelt, aber das passiert in der Küche!

Für mich erzählt Martha Rosler von Frauen, die in die Rolle der Hausfrau gedrängt werden, von der Ausweglosigkeit, dieser Situation zu entkommen und von der Wut darüber. Der Zorn, den ich sehe, wenn sie diese verschiedenen Küchengeräte demonstriert, finde ich toll. Es ist nicht hilflos, sondern ich stelle mir eher vor, dass sie die ganze Küche demnächst in Schutt und Asche legt.

Wenn Du keine Künstlerin wärst, was wärst du dann geworden?
Gute Frage. Avon-Beraterin?

Ernsthaft?
Mir fällt einfach nichts Gutes auf die Frage ein. Da ich von der Kunst nicht leben kann, habe ich nebenher immer andere Jobs. Früher waren das welche, wo ich am besten keinen Menschen begegnen musste, heute ist es eher das Gegenteil.

Welche Frage habe ich nicht gestellt, die Dir aber wichtig ist?
Was mein Beitrag ist, die Kunst weiterzuentwickeln.

Und wie lautet Deine Antwort auf die Frage?
Keine Ahnung.

Na ja, das ist auch eine sehr anspruchsvolle Frage an sich selbst. Ist Dein Anspruch so hoch?
Nein. Ich glaube, mein Betrag zur Entwicklung der zeitgenössischen Kunst ist eher marginal. Das finde ich aber auch ganz ok.


Am 4. Mai 2024 zeigt Susanne Mewing Arbeiten von sich im Kunstsalon Berlin, Aaron-Bernstein-Platz 4; ab 19 Uhr geht es los. Vom 5. Mai bis zum 26. Mai 2024 sind ihre Arbeiten beim H*erosfestival in Lüneburg zu sehen. Und vom 24. Mai bis zum 9. Juni 2024 könnt ihr ihre Bilder in Bonn sehen in der Gruppenausstellung alleszeichnung-05.

Susanne im Web
Susanne auf Instagram @susannemewing

Porträt der Künstlerin Susanne Mewing

Kuratorin unserer Palast-Galerie ist Anette Frisch, sie hat auch das Interview geführt

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