Close

Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

Close

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

Macht doch, was ihr wollt!

Jeden zweiten Mittwoch stellen wir Euch eine Frau vor, die ihr Leben umgekrempelt hat
oder mittendrin ist in der Veränderung

Heute: Adelheid Reik

Immer wieder sonntags kommt… die Einsamkeit? Nö. Für Adelheid Reik nicht mehr



Älterwerden ist ’ne harte Nuss. Das weiß oder ahnt jede – Adelheid Reik aber insbesonders. Ihr Rat: Neben medizinischer Vorsorge verstärkt auf soziales Miteinander achten. Das heißt, netzwerken, Freundschaften pflegen, aber auch offen für Neues sein. Und weil sie das ist, hat sie „Female Community” gegründet.

Name: Adelheid Reik
Alter: 61
Beruf: Kommunikationstrainerin und Expertin für Einsamkeitsprävention
Wohnt in: München
Motto: Ich bin dankbar für mein Leben – ich will etwas Gutes zurückgeben

Wie empfindest Du Deine derzeitige Lebensphase?
Als junge Frau habe ich in meiner Ausbildung noch die Bedienung von Lochkartensystemen gelernt und fühlte mich etwas überfordert, als die ersten Computer kamen. Mit 40 hatte ich beschlossen, mich damit nicht mehr abzuplagen und das den jüngeren Leuten zu überlassen. Niemals hätte ich damals gedacht, dass ich mit 60 Jahren meine eigene Website gestalten, Online-Seminare geben und Social Media-Kanäle bespielen würde.
Fazit: Meine jetzige Lebensphase ist sehr viel spannender, als ich es mir jemals erträumt hätte: Ich bin in gewisser Weise frei! Ich muss keinen Partner mehr finden, keine Karriere mehr machen, keine Kinder versorgen. Wie cool ist das denn?!

Du sprichst von der Freiheit, die das Loslassen bringt. Hast Du sonst noch was losgelassen? 
Ja. Ich habe mein Auto verkauft und meine täglichen Ausgaben maximal heruntergefahren. Geht alles und ich habe nicht das Gefühl, mich großartig einschränken zu müssen.

Was beschäftigt Dich zurzeit am meisten?
Was mich sehr umtreibt, ist die Frage, wie ich Frauen verstärkt darauf aufmerksam machen kann, dass es auch eine soziale Vorsorge braucht, um ein entspanntes Leben im Alter zu genießen – ohne Einsamkeit und Isolation.

Warum treibt Dich das um, oder sogar an?
Ich weiß, wie quälend Einsamkeit ist. Vor allem für ältere Menschen ist es oft schwierig, aus eigener Kraft einen Ausweg zu finden. Aber das müsste nicht sein. Der Schlüssel liegt im rechtzeitigen Aufbau von tragfähigen sozialen Strukturen.

Was wäre Dein Tipp?
Ich habe im Jahr 2020 beschlossen, wirksam gegen Einsamkeit vorzugehen. Mein Ziel ist es, ca. 10.000 Frauen in den kommenden Jahren zu erreichen und einzubinden. Wir haben mittlerweile einen englischen Namen, um auch außerhalb des deutschsprachigen Raums tätig zu sein: „Female Community”. Ich musste mich wirklich komplett neu sortieren, um dieses größenwahnsinnige Projekt anzutreiben.

Na dann viel Erfolg! Gibt es etwas, auf das Du heute schon sehr stolz bist?
Als alleinerziehende Mutter mit sehr schmalem Budget war es über lange Zeit mein wichtigstes Ziel, meine beiden Söhne zu jungen Männern mit Empathie und der Fähigkeit zu eigenständigem Denken zu erziehen. Das war manchmal herausfordernd, aber es ist gelungen, und darauf bin ich wirklich stolz.

Wie bist Du auf die Idee gekommen, Dich mit dem Thema Einsamkeit im Alter zu beschäftigen?
Ich habe mich lange mit den Ursachen von Einsamkeit beschäftigt und dabei herausgefunden, dass wir in allen Ländern mit einem gewissen Wohlstand drei problematische Entwicklungen haben: 
1. Wohlstand führt zu kleineren Familien. 2. Das „Ich” ist dadurch viel wichtiger als das „Wir” geworden. 3. Durch unser deutsches Versicherungssystem glauben viele Menschen, dass menschliche Netzwerke weniger wichtig sind.
Dabei finde ich, dass wir vor allem Sicherheit der Zugehörigkeit brauchen. Wir durchtrennen leichtfertig soziale Netze, denn wir denken, wir können uns das leisten. Aber dann stehen wir plötzlich allein da und wundern uns über Depressionen und Angststörungen. 
Was ich dagegen unternehmen möchte? Zunächst mal aufklären und informieren. Auch biete ich Coachings an, damit man sich wieder auf andere Menschen einlassen kann. Nebenbei möchte ich ein Netzwerk aufbauen. Zunächst für Frauen, später vielleicht auch für Männer oder Jugendliche. Alles in allem bin ich eine echte Menschenliebhaberin.

Was hat Dich zu dem gemacht, was Du bist?
Zweifellos gab es viele dunkle Zeiten und schwierige Situationen, denen ich mich stellen musste. Aber auch die genialen Möglichkeiten unserer Zeit. So habe ich mich mit buddhistischem Denken beschäftigt, mit gewaltfreier Kommunikation und der Methode „The Work” von Byron Katie, bei der man lernt, mit schwierigen Situationen besser umzugehen.

Dein Rat an Frauen, die sich in der Mitte des Lebens neu aufstellen wollen?
Wenn Du in einer Krise steckst, denke daran, dass es das Wesen der Krise ist zu denken, dass dieser Zustand nie vorbeigehen wird. Aber das ist Quatsch. Halte durch: Denn diese Zeit geht sicher vorbei. Finde heraus, welche stressigen Gedanken Du einfach in die Wüste schicken kannst.

Was hast Du zuletzt zum allerersten Mal gemacht?
Ich habe neulich ein professionelles YouTube-Banner entworfen und hochgeladen.

Was empfindest Du heute anders als noch vor 20/30 Jahren?
Ein Teil von mir hält sich immer noch für die unscheinbare Hausfrau. Und ein anderer Teil sagt: Scheiß drauf! Ich will so viel mehr!

Vielen Dank!

Das Interview führte Gerlind Hector, die ebenso wie Adelheid Reik lange Zeit mit Computer und Smartphone gehadert hat. Drum herumgekommen ist sie natürlich nicht. Inzwischen nennt sie zwei Websites ihr Eigen und unterrichtet angehende Journalisten im Schreiben für Online-Medien. Sie hat einen Insta-Account und kapiert TikTok und BeReal. Nehmt das, Ihr „Digital Natives”!

Hier geht’s zu Adelheid: adelheid-reik.com


Wenn Du auch Lust hast, uns von Deiner Neuaufstellung zu erzählen und ein tolles Foto von Dir hast, schreib eine MAIL

Close