Diesen Hochzeitstag hatte Marie Theres (Caroline Peters) sich anders vorgestellt. Erst wird sie fast überfahren, dann eröffnet ihr Mann ihr beim Abendessen mit Freunden, dass er nicht mehr mit ihr verheiratet sein möchte. Frustriert lässt sie sich volllaufen und landet schließlich für einen letzten Drink in einer Lesben-Bar. Dort trifft sie auf Fa (Proschat Madani) und erkennt empört in ihr die Frau wieder, die sie früher am Tag mit ihrem Lieferwagen fast überrollt hätte. Dennoch kommen die beiden Frauen ins Gespräch. Als Marie Theres am nächsten Morgen verkatert und mit Filmriss in ihrer Wohnung aufwacht, findet sie eine Nachricht von Fa, die sie anscheinend nach Hause gebracht hat. Aber war da vielleicht mehr?
Lange muss Marie Theres nicht warten, bis sie Fa diese Frage selbst stellen kann. Denn schon bald treffen sie wieder aufeinander – ausgerechnet in der Klinik, in der Marie Theres als Ärztin arbeitet und in die Fas Mutter nach einem Zusammenbruch eingeliefert wurde. Von da an laufen die beiden Frauen sich immer wieder über den Weg und irgendwann auch nicht mehr nur zufällig. Nicht nur Fas, sondern auch Marie Theres’ Interesse ist geweckt, und während sie dem ersten Kuss noch ausweicht, als sie – wahrscheinlich zum ersten Mal unmittelbar – mit der immer noch vorhandenen Homophobie in der Gesellschaft konfrontiert wird, kann sie Fa jedoch nicht lange widerstehen. Doch dann wird es kompliziert und beide Frauen stehen vor der Frage, was sie wirklich voneinander wollen und was sie dafür bereit sind zu tun. Denn der Freundeskreis von Marie Theres entpuppt sich beim Thema Homosexualität spießiger als erwartet. Und dann ist da auch noch ihre Teenager-Tochter, die zunächst nicht wissen soll, dass ihre Mutter, nachdem sie 20 Jahre mit einem Mann zusammen war, plötzlich an einer Frau interessiert ist. Und kann Fa, deren Liebesleben bisher überwiegend aus Affären mit verheirateten Frauen bestand, sich auf eine richtige Beziehung einlassen?
Außerdem: Wie soll sie ihrer Mutter, die einst mit ihren drei Kindern aus dem Iran nach Österreich geflohen ist und immer noch hofft, ihre Tochter an den Mann zu bringen, sagen, dass sie Frauen liebt?
Was fürs Herz und gegen Müdigkeit
Ich war in diesem Jahr auf keinen Film so gespannt wie auf What a Feeling, seit ich den Trailer dazu gesehen habe. Dafür bin ich auch an einem Montagabend in eine Spätvorstellung gegangen, denn leider kam die österreichische Produktion nicht flächendeckend in die deutschen Kinos, sondern nur zu bestimmten Terminen. Aber es hat sich gelohnt. Etwaige Müdigkeit war schnell vertrieben, denn der Film ist witzig, macht Spaß und gute Laune und ist außerdem was fürs Herz.
Aus der Perspektive der Kritikerin sollte ich hier wohl der Vollständigkeit halber anführen, dass die Handlung des Films nicht sehr anspruchsvoll ist und die Figuren stellenweise eindimensional und überzeichnet sind. Das fällt allerdings nicht sehr ins Gewicht, weil What a Feeling weder eine Charakterstudie noch ein Mystery-Thriller sein will, sondern vor allem ein Ziel hat: zu unterhalten. Und das gelingt. Selbst wenn der Humor an einigen Stellen etwas platt ist, muss man eben doch schmunzeln.
Auch die Besetzung macht viel aus. Von Caroline Peters weiß man spätestens durch Mord mit Aussicht, dass sie Comedy kann und sie zeigt das auch hier wieder mit Bravour. Proschat Madani, den meisten deutschen Fernsehenden wahrscheinlich am ehesten durch die Krimis Der letzte Bulle und, etwas aktueller, Morden im Norden bekannt, spielt Fa herrlich trocken und ironisch, aber auch verletzlich, insbesondere als es darum geht, sich endlich vor ihrer Mutter zu outen. Eine sehr besondere Szene, denn während die Beziehung zwischen Fa und ihrer Mutter im Rest des Films überwiegend humorvoll leicht dargestellt wird, geht diese Szene deutlich tiefer.
Es geht auch ohne Klischees
Bei der Coming-out-Szene wie auch an vielen anderen Stellen im Film wird deutlich, dass Autorin und Regisseurin Kat Rohrer die queere Community kennt und weiß, worüber sie schreibt. Insbesondere die Vielfalt der Frauen in der Pussy Cat Bar fällt angenehm auf. Denn auch unter queeren Frauen gibt es viele unterschiedliche Typen, von denen einige in den Barszenen wiederzuerkennen sind – zwar teilweise überzogen, aber nicht klischeehaft. Und auch sonst schafft Kat Rohrer es, Klischees zu umschiffen. Zum Beispiel wurde Marie Theres zwar von ihrem Mann verlassen, aber nicht – wie es sonst in Filmen und Serien häufig der Fall ist – wegen einer jüngeren Frau. Ihr Ex Alex ist zwar in einer fetten Midlife-Crisis, aber nicht der Böse. Letztlich haben die beiden sich einfach auseinandergelebt – etwas, das eben passieren kann und an dem Marie Theres auch nicht unschuldig ist.
Last, but not least zeigt What a Feeling ganz wunderbar, dass mit Frauenfiguren wie Marie Theres und Fa – über 50 und queer bzw. vom Ehemann verlassen – auch andere Geschichten erzählt werden können als das typische Drama. Ein Musterbeispiel also für „Let’s Change the Picture”, auf das hoffentlich noch viele folgen werden.
Wer den Film nun gern sehen möchte, muss zum Glück nicht mehr zwingend in eine Spätvorstellung am Montagabend gehen. Allerdings ist es tatsächlich empfehlenswert, den Film im Kino zu sehen und sich von der Freude der anderen Zuschauer*innen anstecken zu lassen. Und er läuft sogar noch – wo und wann, kann man auf der Webseite des Filmverleihs Salzgeber erfahren. Wer What a Feeling aber lieber auf dem heimischen Sofa sehen möchte, kann ihn auf DVD/Blu-ray oder Stream bei den bekannten größeren Anbietern sowie beim Verleih selbst kaufen.
Rezension: Meike Lockhorst
Meike sieht leidenschaftlich gern Filme und Serien und schreibt darüber, u.a. in ihrem Blog Seriennotizen. In ihren Texten geht es häufig um die Sichtbarkeit und Darstellung queerer Frauen. Hauptberuflich macht sie was ganz anderes, aber das Schreiben ist für sie mehr als nur ein Hobby.