Sex auf Bestellung
Ich hoffe, einige von Euch haben den wunderbaren Film „Meine Stunden mit Leo“ und der granatenmäßigen Emma Thompson gesehen. Wer nicht, sofort ab ins Kino. In dem Film nimmt die verwitwete Ex-Lehrerin Nancy die Dienste eines jungen Sexarbeiters in Anspruch, um all das zu erfahren, was ihr in ihrem Liebesleben mit ihrem Ehemann verwehrt geblieben ist. Etwa ein Orgasmus! Und wir erleben auf der Leinwand, wie sich diese Nancy Stück für Stück sexuell entpuppt und an Lebensfreude gewinnt.
Sexarbeit ist – zu Recht – ein kontroverses Thema. Wenn sie jedoch selbstbestimmt und aus freien Stücken stattfindet, finde ich sie nicht nur ok, sie kann sogar hilfreich sein. Denn man muss weder Witwe noch Rentnerin sein, es gibt ganz viele Frauen, die beim Sex nicht auf ihre Kosten kommen. Sie mögen es ihrem Partner jedoch nicht sagen, aus Angst ihn zu verletzen. Und nicht jede Frau will sich auf freier Wildbahn oder in Clubs ausprobieren. In so einem Fall kann die Begegnung mit einem Sexarbeiter ein wahrer Segen sein.
Die weibliche Lust steht im Mittelpunkt
Vor einigen Jahren lernte ich per Zufall einen Sexarbeiter kennen. Er hatte einen ganz bürgerlichen Beruf, war jedoch über einen Freund in die männliche Escort-Szene gerutscht und beglückte nun regelmäßig Frauen. Und zwar Frauen jeglichen Alters, Hintergrundes, gebunden und ungebunden. Verbunden durch ein gemeinsames Motiv: Sie wollen beim Sex mit dem bestellten Escort im Mittelpunkt stehen. Und gar nicht so selten sind eben auch Frauen dabei, die schwer oder gar nicht zum Orgasmus kommen, weil der Sex zu schnell, zu männlich-zentriert, zu mechanisch, zu irgendwie ist. Auf jeden Fall in der Regel nicht die Lust der Frau im Zentrum steht.
So erzählte er mir von einer jungen Frau aus der Hamburger High Society – frei, schön, reich und aufgeschlossen –, die seine Dienste gerne in Anspruch nahm, um ihre Fantasien auszuleben. Offensichtlich wollte sie diese ihrem Verlobten nicht zumuten. Andere Frauen leben in langen Partnerschaften, wo die Lust zwischen den Partnern versiegte, sie aber auf Sex nicht verzichten möchten. Weitere wollen einfach, dass es ausschließlich um ihre Wünsche geht, ohne dass sie quasi dafür etwas als Gegenleistung bringen müssen. Und natürlich gibt es darüber hinaus die älteren Frauen, die nicht mehr gesehen werden, keinen Partner finden, alleine leben und sich nach Berührung und Aufmerksamkeit sehnen. Neben straighten Sex geht es oft also auch um das Erleben von Zärtlichkeit und ehrlicher Konversation. Alles legitime Bedürfnisse. Warum sollte man sie also nicht über einen Weg mit klaren Spielregeln ausleben?
Jede Frau hat ihren Reiz
Für Sexarbeiter kann die Begegnung mit so unterschiedlichen Bedürfnissen ebenfalls bereichernd sein – nicht nur in finanzieller Hinsicht. So erzählten mir gleich mehrere männliche Escorts, die ich für einen Artikel interviewte, dass sie durch ihren Job Frauen und deren Sexualität viel besser verstehen würden und sich ihre eigenen Partnerschaften sogar verbessert hätten. Ein Problem, einfach auch mal nur Sexobjekt zu sein, hatte keiner von ihnen. Im Gegenteil, sie fanden dies zur Abwechslung durchaus reizvoll.
Natürlich kamen wir dann auch auf die Frage aller Fragen zu sprechen. Was passiert, wenn eine Klientin nicht gefällt und einfach nichts geht? Kommt im Grunde nie vor, wurde mir unisono erzählt. Bei jeder Frau gäbe es etwas, was reizvoll und attraktiv sei. Die große Angst so mancher Frau, nicht schön genug für einen Gentleman der besonderen Art zu sein, ist also gänzlich unbegründet. Mal abgesehen davon, dass ich sicher bin, dass sich kein Mann vor dem bezahlten Sex je diese Frage stellen würde.
Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, Sex auf Bestellung mal auszuprobieren, findet Angebote durchaus beim Googeln. Ich empfehle aber eher, auf Joyclub oder auch bei Tinder zu schauen. Manchmal kommt der beste Tipp aber auch möglicherweise von einer guten Freundin. Hauptsache, Ihr habt Spaß!
Suzette Oh ist im besten Alter, um die richtige in Theorie und Praxis erfahrene Sexpertin für uns zu sein. Tatsächlich hört sie außerhalb der gedämmten Wände auf einen anderen Namen, möchte aber auch weiterhin die Bestellung für ihre Schwarzwälderkirschtorte zum Geburtstag aufgeben, ohne dass die Verkäuferin kreischt: „Ich kenn Sie! Sie sind die tolle Sex-Kolumnistin!“
Wer jetzt schnell mehr von ihr lesen möchte, klickt auf die Links. Suzette Oh hat nämlich bereits aussagekräftige Bücher veröffentlicht, als da wären ihr „Pussy Diary“ und ihre erotische Phantasien in Bezug auf das Erben eines Hauses. Bzw. ein Hotel der Lust.
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