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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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VALENTINSTAGS-SPECIAL: My Tipsy Hat

Alkohol? Unbedingt. Und dabei gut behütet. Silke Burmester lernt das stilvolle Trinken

Frau von Valentin raucht die Zigarette danach schon mal vor.
(Foto + Montage: Brigitta Jahn)

Zum Valentinstag ein Schlückchen Amour

Die Gynäkologin sagte, „dass Frauen im Zuge ihrer Wechseljahre zwei, drei Jahre lang keine Lust auf Sex haben, ist völlig normal. Das sind die Hormone.“
Ok.
Na gut.
Trotzdem schade. Auch für die andere Person in dem Bett in der Wohnung.

Love is in the air. Untenrum muss sie erzeugt werden

Ich denke mir, der Valentinstag ist doch mal ein guter Anlass. Voll Love in the air. Alle flippen aus, kaufen Gerbera und verschenken hässliches Zeug. Die Jugend denkt, es sei ein offizieller Feiertag, nicht wissend, dass die Blumenindustrie mit ihren Werbefeldzügen den Unfug erst groß gemacht hat. Irgendwann werden diese jungen Dinger, die heulend aus den Seminaren über die Sklaverei rennen, weil über der Tür zum Seminarraum keine Trigger-Warnung leuchtet, und die meinen, Kapitalismuskritik sei ein russisches Computerspiel, annehmen, der Tag der Jogginghose (21. Januar) ginge auf einen Heiligen in der Bibel zurück.

Also, wenn Love nun in the air ist, kann man ja auch mal versuchen, Love untenrum zu erzeugen.

Und weil das Unten im Kopf beginnt, denke ich, es ist alles eine Frage der Vorbereitung, und beschließe, einmal in meinem Leben wie eine dieser Frauen aussehen zu wollen, die im Film noir mit einem die Gesichtshaut straffenden Turban im seidenen Morgenmantel vor dem Spiegel sitzen, Cremes auftragen und rauchen. Und sich in Stimmung trinken. Wofür, bleibt unklar. Meist ist irgendwann einer im Film tot.

Das Outfit steht, jetzt muss nur noch die Stimmung her

Ich eile zu der Hutfrau meines Vertrauens und erstehe in der Kälte vor ihrem Laden stehend ein liebesrotes, Wollust signalisierendes Kopf-Etwas, das mich augenblicklich französisch, erfahren und distinguiert erscheinen lässt, und krame aus dem „Zu-schön-to-be-weggeschmissen“-Fundus einen seidenen Morgenmantel, der noch 30 Jahre älter ist als ich.

Das Outfit steht, die Spannung steigt. Muss nur noch die Stimmung her. Ich kreische mit Pariser Akzent ein „Betty! Du muuust misch rättän!“ in den Hörer meines altmodischen, schweren Telefons, das ich in Gedanken statt meines IPhones ans Ohr halte, und erbitte sofortige Zustellung einer stimmungsmachenden, ja bahnbrechenden, alle hormonalen Barrikaden aus dem Weg räumenden Drink-Rezeptur.

Mein Spiegelbild und ich haben eine tolle Zeit

Betty, Frau vom Fach, muss nicht lang nachdenken. Sie schüttelt die Mixtur eines kleinen, aber feinen, Cognacbasierten Amour-Schlückchens aus den Windungen ihres Hirn-Mixgetränke-Areals, wie ich nur Minuten später den Cocktailshaker.

Ich gefalle mir mit meinem Glas in der Hand sehr gut. Ich spreche mit mir und meinem Spiegelbild und fühle mich wohl unterhalten. Das Getränk passt bestens zu dem gelungenen Tête-à-tête mit dem Spiegel: Schöne, schokoladige Kaffeenote, unterlegt vom wohlig warmen Schwung eines guten Cognacs und im Abgang das verheißungsvolle Reiben der Chilischote. Die Tonkabohnen knuspern aufmunternd zwischen den Zähnen und ich spüre wie die Wangen langsam Farbe annehmen.

Ich schminke zwischen den Schlucken noch ein wenig hier und da, vielleicht auch schlucke ich schlicht zwischen dem Schminken hier und da – egal. Weil der Drink so köstlich ist, trinke ich noch einen und dann alles, was ich für das Schlückchen zu zweit angerührt hatte.
Ich bin dann alsbald einigermaßen duhn.
Ich rauche die Zigarette danach einfach schon mal vor.


So mischt die Betty

Coffee To Go Steil
5 cl Cognac
1 cl Zimtsirup
2 cl Espressolikör (z.B. Borghetti)
4 cl Espresso
3 Scheiben frische Chilli
Tonkabohne aus der Mühle

Zunächst mit Eis shaken, dann dry shaken (ohne Eis), anschließend ins Glas füllen und etwas gemahlene Tonkabohne auf den Schaum geben
Statt eines Shakers kann auch ein gut schließendes Marmeladenglas verwendet werden


Rotkäppchen-Designs Vor zwölf Jahren hat Ulla Anna Machalett ihr Hutgeschäft in Hamburg eröffnet und seither zieren die tollsten und die dollsten Kreationen die Schaufenster. Ihre Kund*innen kommen von weither und ordern mitunter telefonisch – so sehr vertrauen sie den Fähigkeiten der Modistin. Für „My Tipsy Hat“ stellt sie ihre Stücke zur Verfügung.
rotkaeppchen-designs.de

The Chug Club heißt die Bar von Betty Kupsa. Betty wurde mit und ohne Bar ausgezeichnet, mit Lorbeer behängt und über den grünen Klee gelobt. Für uns und die Frage, „Welcher Drink passt zum Hut?“ ist Betty ein Geschenk, denn sie hat eine irre Gabe: Sie schmeckt quasi im Kopf vor und schüttet dann zusammen, was bis dahin getrennt war. Jetzt hat sie mit »Lupita« ihre eigene Margarita-Linie kreiert, die natürlich alsbald im Palais-F*luxx-Shop erhältlich ist.

Pia Norberg hat für die Fotoproduktion Haare und Make-up verantwortet – womit Frau Burmester sich in bewehrten Händen weiß. Nicht nur, dass Pia Norberg als Maskenbildnerin die Bühnen-Darsteller*innen der Aida-Schiffe darin schult, die Schminke so aufzutragen, dass sie mit Pariser Showgirls konkurrieren können, Pia hat auch beim klassischen Theater rauf und runter geschminkt. Und – und das ist vielleicht der ultimative Beweis, dass diese Frau alles zu bändigen weiß – sie hat sechs Jahre lang den Ballerinas von John Neumeiers Tanztruppe die Haare zu ultimativ haltenden Knoten gewunden.

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