Jeden zweiten Mittwoch stellen wir Euch eine Frau vor, die ihr Leben umkrempelt
oder sonst etwas tut, auf das sie gerade Lust hat
Heute: Kerstin Erl-Hegel
Kerstins 60. Geburtstag stand an. Und was macht sie? Sie lädt zur Festwoche und lässt es acht Tage laut und vernehmlich krachen. Mit ihrer Familie, mit ihren Freundinnen und Freunden aus Deutschland – und ihren Klassenkameradinnen aus Peru
Name: Kerstin Erl-Hegel
Alter: 60
Beruf: Paar- und Familienberaterin
Wohnt in: Hamburg
Liebt: Fischbrötchen und die peruanischen Anden
Kerstin, Du bist gerade 60 geworden und hast eine Woche lang gefeiert.
Wie muss man sich die einwöchige Feier vorstellen?
Ich hatte zunächst gar nicht geplant, eine einwöchige Feier zu machen, es hat sich im Laufe meiner Planung ergeben – ich habe mich einfach gefragt: Ich werde 60, was will ich machen?
Zuerst musste ich mich entscheiden, die eine Woche um meinen Geburtstag herum wirklich nicht zu arbeiten. Dann stand mein Plan, eine Party auf der Barkasse Hansa zu feiern. Und weil es sich für meine besonders weit angereisten Freundinnen aus Peru lohnen sollte zu kommen, dachte ich an den Udo Jürgens Song, „Ich war noch niemals in New York“. Was ich aber, da ich in Hamburg lebe, auf „Ich war noch niemals auf Neuwerk“ und „… und möchte barfuß durchs Watt laufen“ änderte. Neuwerk ist eine Insel in der Elbmündung, zu der man mit der Pferdekutsche übers Watt fährt. Oder, zu der man mit dem Schiff kommt, das aber nur sehr unregelmäßig unterwegs ist. Das mit dem Watt, sah ich für die Peruanerinnen als besondere Attraktion!
In der Mitte von allem lag mein Geburtstag. Also acht Tage, die es lohnt, zu feiern: Mit einem ersten Grillen mit meinen peruanischen Freundinnen, meiner Familie und Hamburger Freunden am Sonntag, Montag bis Mittwoch mit 14 Leuten auf Neuwerk und abschließendem Essen zuhause, einem Hamburg-Tag für die Peruanerinnen am Donnerstag, inklusive Hamburg-Nacht, das ist ja klar. Freitag dann Grillen für alle die Zeit haben, Kaffee und Kuchen am Samstag für die ersten Partygäste und anschließend die Party mit 90 Leuten auf der Barkasse. Am Sonntag dann Abchilltag mit Spaghetti.
Wie kommt es, dass Du so ausgiebig feierst?
Ich habe ein bisschen geerbt und dachte, ich gönn mir jetzt einfach mal eine gute Zeit mit meinen Freundinnen und Freunden. Seit Corona bin ich eine schlechte Freundin, da ich selten Zeit habe und zu viel arbeite. Und dann dachte ich, ich könnte mal meine Freundinnen vernetzen, die Peruanerinnen mit meinen engsten Hamburgerinnen.
Wie kommt es, dass so viele Leute aus Peru kommen?
Ich habe als Kind in Peru gelebt, mein Vater hat dort für eine deutsche Stiftung gearbeitet. Jahrelang hatte ich keinen Kontakt nach Peru, bis ich vor 20 Jahren dort auf einem Klassentreffen war. Da habe ich mich neu mit meinen Klassenkameraden angefreundet und wir sind ein ganz enger Klassenverbund geworden, auch dank des Internets – wir haben eine WhatsApp-Gruppe und kommunizieren täglich und wissen sehr viel voneinander. Auch sehen wir uns doch recht häufig in kleinen Untergruppen verteilt über Europa und in Peru.
Zehn Leute aus dem Ausland, die untergebracht werden müssen, und schon ohne die große Feier Unmengen an Essen, die beschafft und zubereitet werden müssen, die drei Tage auf Neuwerk, das große Fest auf der Barkasse – seit wann bereitest Du das vor?
Ja, dass ich so viele Leute unterbringen will, hat mich gezwungen, mein Haus ordentlich aufzuräumen, das voll war mit den Dingen der elterlichen Haushaltsauflösung. Das war die eigentliche Herausforderung. So konnte ich viele Schlafplätze schaffen und auch in meiner Praxis habe ich Betten geschaffen; ein paar Freunde haben auch Betten angeboten.
Was war die größte Herausforderung?
Die größte Herausforderung waren das Aufräumen und Aussortieren der liebevoll gesammelten Dinge meiner Eltern.
Der Aufenthalt auf Neuwerk war einfach zu planen, weil die Bewohner der Insel mir sehr engagiert geholfen haben, bei der Planung der Wattwanderung, des Pferdewagens und auch beim Hotel.
Die weitere Herausforderung war die Party auf dem Schiff: Wie bekomme ich viel Eis an Bord, damit die Getränke kühl bleiben? Wie viel Wein und Sekt müssen auf die Barkasse geschleppt werden? Ansonsten habe ich Pläne und Essenslisten gemacht und viel vorgekocht und eingefroren.
Hattest Du Leute, die Dir helfen?
Meine Familie und meine Schwester haben gemerkt, wie wichtig mir diese Woche ist und wie sehr ich mir wünsche, dass sie schön wird. Sie halfen mir und hatten Pläne, was sie abholen müssen: Fischbrötchen um 17 Uhr, Frikadellen um 17.30 Uhr …
Seit Wochen haben sie mir geholfen, Betten aufzubauen, Kühlboxen bei der Post abzuholen, Torten zu bestellen, Fischbrötchen zu probieren. Meine Freundin hat Liedertexte mit Hamburger Liedern ausgedruckt, Playlisten wurden mir zugeschickt und einige Freundinnen haben angeboten, Kuchen zu backen.
Du hast eine Beratungspraxis für Eltern und Paare, gibst Kurse. So eine Riesensause kostet enorm viel Geld. Verdient man mit Beratung so gut?
Ich habe eine gut gehende Praxis, finde aber nicht, dass ich so viel verdiene, weil ich familienfreundliche Preise habe. Mein Glück war, dass ich, wie ich oben grad schon beschrieben habe, ein bisschen geerbt habe, und das ist die Chance für mich gewesen, freier zu denken und mal einzuladen nach Neuwerk.
Und es ist auch immer die Frage: Wofür gibt man sein Geld gern aus? Dies ist die beste Investition in meinem Leben und ich spare ab jetzt nach dem Fest für meinen 65. Und dann überlege ich mir: Ich war noch niemals in … und möchte mit … dort hin.
Welches war Dein ultimativen Geburtstagswunsch?
Dass alle kommen, die ich eingeladen habe, und dass ich es schaffe, die ganze Nacht durchzutanzen.
Und, hat das geklappt?
Ja, es war die beste Party meines Lebens.
Vielen Dank!
Die Fragen stellte ausnahmsweise nicht Gerlind Hector, sondern Silke Burmester, die als Kerstins Freundin eingeladen war und ebenfalls eine großartige Woche hatte. Auch Silke feiert ihren Geburtstag gern, findet den 60. aber nicht so interessant wie den 70., den sie schon seit einigen Jahren unter dem Motto „Mit Glas am Pool“ zu feiern gedenkt.
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