Ende März 2020 hat die französische Videokünstlerin Natacha Nisic über 70 Kolleginnen, Freundinnen, Künstlerinnen weltweit eingeladen, sich am »Crown Letter Project« zu beteiligen.
Sie schrieb dazu: „The Crown Letter ist ein partizipatives Online-Kunstprojekt, das während des ersten Lockdowns 2020 entstand. Es ist eine weltweite Plattform für den freien Ausdruck von Künstlerinnen, eine Kartografie persönlicher Perspektiven und ein Treffpunkt für eine Gemeinschaft von Individualitäten.“
Natacha Nisic lebt und arbeitet in Paris, wo es für während der ersten Lockdowns nur für eine Stunde erlaubt war, in einem sehr eingegrenzten Radius, Erledigungen zu machen oder mal spazieren zu gehen.
Diese erzwungene Einsamkeit veranlasst sie, Künstlerinnen einzuladen, auf einer eigens eingerichteten Website künstlerische Arbeiten zu veröffentlichen. Dabei kann es sich um ganz neue Arbeiten handeln, die während des Lockdowns entstanden sind. Es gibt Texte, Gedanken, Fotografien, Videos, Musik, Zeichnungen, tagebuchähnliche Einträge, die auf die Situation reagieren und sie kommentieren. Es werden aber auch Arbeiten aus den Archiven der Künstlerinnen veröffentlicht, die im Bezug stehen können zur aktuellen Lage; oder auch Schnappschüsse, kurze Eindrücke aus der aktuellen Situation der jeweiligen Künstlerin.
Seit dem 21. April 2020 erscheint jeden Dienstag ein neuer „Letter“, der zudem über einen Newsletter, verschiedene Social Media Kanäle und der französischen Plattform Slash-Paris vertrieben wird. Über die Zeit ist so ein umfangreiches Archiv von künstlerischen Arbeiten entstanden.
Dienstags, oder auch schon mal freitags, findet zudem ein „Salon“ statt, an dem alle Künstlerinnen sich via Zoom treffen. So ist ein weltweites Netzwerk entstanden: Künstlerinnen u. a. aus Frankreich, England, Irland, Schottland, den USA, Argentinien, Schweden, Deutschland, Indien und Japan haben sich so kennenlernen können. Nun ist der „Salon” ein Treffen, an dem sich in der Regel 15 Künstlerinnen für zwei Stunden austauschen – über ihre Arbeiten sprechen, die sie veröffentlicht haben, über künstlerische Fragen und Probleme, aber natürlich auch über die Situation in der Pandemie in den jeweiligen Ländern. Mittlerweile werden auch gemeinsame Pläne geschmiedet. In der letzten Zeit wurden Gäste eingeladen, am Salon teilzunehmen, und auf der Website wurde ein Gäste-Bereich eingerichtet. Es gab erste Treffen von Künstlerinnen in Paris Ende April wurde das einjährige Bestehen „gefeiert“. Ich bin froh, ein Teil dieser Gemeinschaft zu sein.
Autorin: Katja Stuke
Katja Stuke, geboren 1968, ist Fotografin, Ausstellungsmacherin und Kuratorin vor allem im Raum Köln/Düsseldorf. Weitere Infos über ihre diversen Aktivitäten findet Ihr auf ihrer Website und bei Wikipedia
Anmerkung: In der Zwischenzeit wurde das Projekt mit dem Hans und Lea Grundig-Preis ausgezeichnet und zur großen Fotoschau in Paris, den Photo Days eingeladen