Die Menopause hält Überraschendes bereit und der Körper veranstaltet eigenartige Dinge.
Gut, wenn unsere Wechseljahrsexpertin Britta Scholten mal einen Blick drauf wirft.
Tina, 46, ist von der Werbung enttäuscht: „Von wegen ‚Mit unserer XXX-Large-Binde für die Nacht schlafen Sie entspannt durch‘. Schön wär‘s. Ich stehe alle zwei, drei Stunden auf, um den durchgetränkten Lappen zu wechseln. Das läuft seit Wochen schon, fast ohne Pause, meistens auch mit so fiesen Klumpen.“
Bin ich krank oder sind das die Wechseljahre?
Stärkere und länger anhaltende Blutungen sind in den Wechseljahren keine Seltenheit. Dennoch heißt es wie bei allen ungewöhnlichen Blutungen, egal aus welchen Körperöffnungen: Bitte ärztlich abklären lassen! Hinter starken und andauernden Blutungen können z. B. Myome in der Gebärmutter oder auch Tumore stecken.
Gibt es keine auffälligen Befunde, sind es höchstwahrscheinlich tatsächlich die Turbulenzen der Wechseljahre, die dazu führen, dass die Tampon- oder Bindenpackung nur noch für einen Tag zu reichen scheint. Von schweren Blutungen spricht man, wenn die Frau mehr als fünf Tampons oder Binden am Tag braucht. Für die Buchhalterinnen unter uns: Eine Menstruationstasse bietet die Möglichkeit, die Menge genauer zu bestimmen. Normalerweise füllen wir mit der Mischung aus Blut und Schleimhaut gerade mal ein Probierweinglas: 60 bis 80 ml. In den Wechseljahren kann es dann schon ein Viertele werden.
Aufbau ohne Abbau
In unserem Zyklus geht es immer um Aufbau und Abbau. Unsere Hormone sind dabei die Profis für bestimmte Aufgaben: In der ersten Hälfte sorgt das Östrogen für den Aufbau der Schleimhaut, um ein verlockendes Angebot für eine befruchtete Eizelle zu bieten. In der zweiten Hälfte sorgt das Progesteron für die weitere Ausgestaltung, Gefäße werden eingebaut, Nährstoffe eingelagert. Macht es sich keine Eizelle in der Gebärmutterschleimhaut gemütlich, bekommt der Körper das Signal: „War nichts!“, und die Schleimhaut wird abgestoßen. Mit der Blutung beginnt dann der neue Zyklus.
Mit der Zeit werden unsere Eizellen weniger und auch kontaktscheuer. So wie einige von uns nach den Corona-Kontaktbeschränkungen eine soziale Schwäche entwickelt haben, geht es auch den Eizellen in den Wechseljahren: Sie mögen sich nicht mehr in der angesagten Bar drängeln, um das netteste Spermium zu treffen, finden das Aufbrezeln mit Glitzerkleid und Make-up zu anstrengend. Und Lust auf den großen Sprung haben sie auch nicht mehr immer.
Das bedeutet: Wir produzieren weniger Östrogen. Wenn es keinen Eisprung gibt, wird auch kein Progesteron gebildet. Damit kommt die Menstruation aus dem Takt. Es ist jetzt alles möglich: kürzere oder längere Zyklen, stärkere oder schwächere Blutungen. Die stärkeren Blutungen lassen sich dadurch erklären, dass die Gebärmutterschleimhaut zu stark aufgebaut wird. Wird sie irgendwann abgestoßen, kommt es zu einer heftigeren Blutung, häufig auch mit Klumpen geronnenen Blutes. Das Hormonkarussell kann aus unserer schön regelmäßigen Periode aber auch Dauerblutungen machen.
Marmor, Stein und Eisen fehlt
Frauen mit stärkeren und/oder andauernden Blutungen haben neben dem Tampon- und Bindenverbrauch häufig auch noch ein anderes Problem: Durch den erhöhten Blutverlust kann es ihnen leicht an Eisen fehlen. Hinter typischen Wechseljahrs-Symptomen wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwäche, Herzklopfen oder Haarausfall kann daher aufgrund des Eisenmangels eine Blutarmut stecken. Also auch hier: ab in die ärztliche Praxis zur Blutuntersuchung.
Wichtig zu wissen: Einige Lebensmittel behindern die Eisenaufnahme und können das Problem noch verstärken. Gerade die Frauen, die wegen der Müdigkeit zu Kaffee oder Schwarztee greifen, tun sich nichts Gutes. Aber auch das gesunde Müsli ist bei Eisenmangel nicht so gesund, wenn man es mit Milch ertränkt. Dagegen darf man z. B. beherzt zu roter Bete greifen oder auch Brennnesselsaft in den Speiseplan aufnehmen. Fürs Müsli sind Haferflocken, Kürbiskerne und Leinsamen als gute Eisenlieferanten empfehlenswert. Ein Glas Orangensaft oder eine andere Vitamin-C-Quelle unterstützt die Eisenaufnahme.
Was hilft?
Schulmedizinisch versucht man, starke Blutungen mit gestagenbetonten Pillen oder der Gestagenspirale hormonell zu reduzieren. Reicht das nicht aus, geht es handwerklicher zugange: Mit einer Verödung der Gebärmutterschleimhaut kann der Nachschub der Blutgefäße unterbrochen werden. Eine zu hoch aufgebaute Schleimhaut kann durch eine Ausschabung entfernt werden. Statt der operativen Ausschabung kann man auch eine hormonelle Variante nutzen, bei der durch die Einnahme bestimmter Hormone die Menstruation angestoßen wird.
Ihre Gebärmutter brauchen Sie ja doch nicht mehr!
Die weiblichen Geschlechtsorgane wurden lange Zeit nur unter dem Aspekt der Gebärfähigkeit betrachtet. Da lag der Schluss nahe, dass die Gebärmutter und auch die Eierstöcke nach den Wechseljahren überflüssig sind und eigentlich nur Platz wegnehmen. Also raus damit! Gerade die Eierstöcke wurden in alten OP-Berichten noch nicht einmal erwähnt. Dort stand nur „Total-OP mit Anhängen“.
Für manche Frauen kann die Entfernung der Gebärmutter und eventuell der Eierstöcke der richtige Weg sein, gerade wenn sie schon jahrelang unter starken Blutungen gelitten haben. Aber vor diesem radikalen Schritt sollte eine gründliche Aufklärung erfolgen, denn überflüssig sind sie auch nach den Wechseljahren nicht. Gebärmutter und Eierstöcke sind Teil des gesamten Beckenbereichs und tragen zu dessen Stabilität bei. Nach einer Entfernung leiden Frauen z. B. statistisch häufiger an Inkontinenzbeschwerden und auch die Sexualität kann beeinträchtigt sein. Auch sollte man bedenken, was es psychisch bedeuten kann, so elementare, „weibliche“ Organe zu verlieren.
Kräuter und Co.
Die Naturheilkunde bietet mit den progesteronähnlichen Wirkungen des Mönchspfeffers oder der Yamswurzel Möglichkeiten, die Blutungen zu normalisieren. Befürworter der Behandlung mit bioidentischen Hormonen weisen oft darauf hin, dass unser Körper kein Labor ist. Während Labore aus einem Inhaltsstoff der Yamswurzel, dem Diosgenin, bioidentisches Progesteron herstellen können, kann unser Körper das nicht. Dennoch ist die Yamswurzel interessant, denn wir können von ihren progesteronähnlichen Wirkungen profitieren. Insbesonders, wenn man sie als Yamscreme einsetzt, da so das fettlösliche Diosgenin gut über die Haut aufgenommen werden kann.
Fließt es dennoch ungestört weiter, kann man blutstillende Maßnahmen ausprobieren. Die Naturheilkunde bietet hier vor allem das Hirtentäschelkraut. Man kann das Kraut als Tee trinken, eventuell zu gleichen Teilen gemischt mit Schafgarbe und Frauenmantel. Eine Hirtentäscheltinktur lässt sich unterwegs einfacher anwenden: Die Tropfen (20 – 40) können in Wasser aufgelöst oder direkt auf die Zunge getropft werden. Manche Frauen berichten von einer sofort spürbaren Verringerung der Blutung, so als ob die Gebärmutter wieder „anspringt“.
Den gegenteiligen Effekt hat übrigens eine Pflanze, die auch gerne bei Beschwerden in den Wechseljahren eingesetzt wird: Salbei. Der hilft zwar vielen Frauen gut gegen Schwitzen und Hitzewallungen, ist aber leider blutungsfördernd, was die wenigsten wissen. Ein schönes Beispiel dafür, dass auch naturheilkundliche Mittel nur nach Beratung genommen werden sollten.
Darauf einen guten Tee und die Bloody Mary bitte in der Lieblingsbar.
Britta Scholten ist ausgebildete Wechseljahrsberaterin, aber keine Medizinerin. Bei Unsicherheiten, starken oder langanhaltenden Beschwerden unbedingt eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.
Illustration: Brigitta Jahn