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Palais F*luxx

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Lesen oder lassen?

Buchbesprechung: „Die Definition von Glück“ von Catherine Cusset

Worum geht es?
Zwei Frauen, zwei Kontinente, zwei grundverschiedene Lebensläufe, Clarisse und Ève. Die eine lebt in Paris, nachdem sie ihr jugendliches Leben auf Reisen und in Abenteuern gelebt und drei Söhne großgezogen hat. Und Ève in New York, gesettelt, erfolgreiche Unternehmerin, Ehefrau und Mutter. Die Leben der beiden Frauen von den 60er-Jahren bis in die heutige Zeit, erzählt mit allen Höhen und Tiefen, ihrer Definition von Glück und was die beiden verbindet.

Was kann es?
Dieses Buch mit seinen knapp 400 Seiten hat mich, kaum dass ich zu lesen begonnen habe, total in Beschlag genommen und meine Lesezeit in pures Vergnügen verwandelt. Die Geschichte der beiden unterschiedlichen Frauen ist derart realistisch, vorurteils- und kitschfrei geschrieben, dass ich fast kopfschüttelnd davorsaß. Den Kopf vor Bewunderung schüttelnd, wie die Autorin es schafft, die Leben und Lieben zweier Frauen so nahbar aufzuzeigen. Teils in sachlichem Ton und ihren Figuren immer liebevoll zugewandt, habe ich kein einziges Mal die Augen wegen zu schmalziger Darstellung eines der Frauenleben gerollt. Ich bemühe hier gern die „Le Monde“, die es auf den Punkt bringt: „Das Leben zu erzählen – dies ist die große Stärke der Catherine Cusset.“

Was hat das mit mir zu tun?
Der Roman von Catherine Cusset trifft einen Nerv. Es geht um Frauenfreundschaft, Solidarität unter Frauen, Verständnis zwischen Frauen trotz gegensätzlicher Lebenswelten und -umständen. Die beiden Protagonistinnen sind miteinander durch eine Episode des Mannes verbunden, der für die eine ein Vater und für die andere ein Unbekannter war. Bis sie sich kennenlernen, sind wir mit beiden schon eng verbunden und in beider Leben eingetaucht. Konnten mitleiden, uns mit ihnen freuen und mit ihnen älter werden.

Die Kunst der Autorin besteht darin, dass sie, in bereits oben erwähntem, fast sachlichem Ton und unaufgeregter Sprache, eine grenzenlose Sympathie gegenüber ihren Figuren erzeugt und wir die beiden über Jahrzehnte nahezu im Schnelldurchlauf begleiten. Ereignisse und Erlebnisse sind jedoch nie nur runtergeschrieben, sondern wertschätzend erwähnt und eingeflochten. Ein Roman über zwei unterschiedliche Frauen, über die Liebe, die Mutterschaft und das Altern, der das Prädikat „wunderbar“ verdient hat.

Die Autorin
Catherine Cusset wurde 1963 in Paris geboren und unterrichtete zwölf Jahre in Yale französische Literatur. Ihre Romane – darunter ein Roman über David Hockneys Leben – wurden in 18 Sprachen übersetzt und nach drei Jahrzehnten in New York lebt sie heute wieder in Paris.

Kostprobe
Als sie auflegte, hatte Clarisse ein Lächeln auf den Lippen. Sie war sich sicher, dass Diana improvisiert hatte, dass sie nicht angerufen hatte, um ihr das Kino vorzuschlagen.
Sie stand fest und mit beiden Füßen auf einem Holzboden aus massiver Eiche, dem die Zeit nichts hatte anhaben können, und war nicht gewillt, sich aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen. Sie hatte ihre Katzen, den Himmel, die Stille (nach oben hin keine Nachbarn), ihre Söhne und vor allem ihre Freundinnen. Es war überhaupt nicht notwendig, sich an den Schreibtisch zu setzen, den Computer einzuschalten und die Sache noch einmal in Angriff zu nehmen. Sie würde nicht mehr zur Schreibgruppe gehen. Es gab schon genug Schriftsteller. Sie würde in der Dusche die Fugen erneuern, ihre Übersetzungen fertig machen, bei der Eigentümergemeinschaft anrufen, damit das Dach repariert wurde, und dann für Lucas ihr Hühnchen nach südostasiatischer Art zubereiten.

Die Definition von Glück, Catherine Cusset, übersetzt von Sabine Schwenk, Eisele Verlag, Taschenbuch, 384 Seiten, 16 Euro
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Rezension: Simone Glöckler

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