Arrangierte Partnerschaften
Jüngst sah ich eine Reportage über Japan. Dort ist es durchaus üblich, dass Eltern ein Partner-Match für ihre Kinder suchen. In einem großen Gemeindesaal in Kyoto konnte man japanische Erwachsene dabei beobachten, wie sie Listen mit anderen abglichen um festzustellen, ob die jeweiligen Kinder zueinanderpassen würden. Schulabschlüsse, Karrierewege spielten dabei ebenso eine Rolle wie persönliche Eigenschaften, die die Eltern selbst aufgeschrieben hatten. Die Kinder sind mit diesem Weg einverstanden, denn auch in Japan tun sich junge Erwachsene immer schwerer damit, passende Partner oder Partnerinnen zu finden.
Ich bin zugegebenermaßen ein großer Fan von Trash-Sendungen, dazu gehören auch einige Dating-Formate auf den üblichen Plattformen. In „Love is blind“ lernen sich zum Beispiel Singles in aller Welt rein über eine Unterhaltung und ihre Stimmen kennen. Sie sitzen beide in getrennten Räumen und können sich also nicht sehen. Die große Frage, die im Raum steht: Kann man sich verlieben, ohne die Optik zu sehen? Nun, man kann, zumindest in dieser Doku-Serie. Manche heiraten sogar am Ende. Hier gilt: Persönliche Chemistry und ähnliche Werte sind die Auswahlkriterien und nicht Boobs, Sixpack & Co..
In „Indian Matchmaking“ lassen sich junge Inder und Inderinnen von der bekannten Heiratsvermittlerin Sima verkuppeln. Darunter sind hippe Karrierefrauen, die mittlerweile etwa in Miami leben, ebenso Söhne der indischen Oberschicht, die sich einfach nicht entscheiden können. Sima lässt jeden Kandidaten und jede Kandidatin eine Wunschliste ausfüllen, was der/die künftige Partner/in mitbringen soll. Sie gleicht dann neben Interessen auch Horoskope ab und kommentiert mitunter ziemlich harsch, wie realistisch oder unrealistisch ihre Klienten und Klientinnen bei der Partnerwahl sind. Auch die Eltern haben bei der Auswahl mitzureden. Die meisten haben selbst aufgrund eines Match-Makings geheiratet – oft nicht aus Liebe, sondern weil sie gut zueinander passten. Die Liebe kam dann später. Ein Konzept, von dem man lernen könnte.
Was mich zu der Frage führt: Können andere Menschen besser beurteilen, wer zu einem passt? Sollten wir statt Tinder und Parship lieber Freunde und Freundinnen befragen und um Vermittlung von Singles aus ihrem Bekanntenkreis bitten?
Am Wochenende stiefelte ich mit Freundinnen wie so oft um die Außenalster. Dabei befragte ich eine, wie sie mich sehen würde. Und war ziemlich baff, was sie mir alles an positiven Eigenschaften zuschrieb, die ich selbst nie genannt hätte. Umgekehrt war das nach meiner Beschreibung von ihr ähnlich. Vielleicht kennen wir uns selbst gar nicht gut genug, um die Partner*innen zu entdecken, die wirklich zu uns passen. Stattdessen jagen wir Hirngespinsten hinterher.
Ganz gefährlich wird es, wer aufgrund von sexueller Energie nach Partner*innen Ausschau hält. Natürlich ist toller Sex wichtig, aber selten eine echte Grundlage für ein gute Partnerschaft. Den besten Sex hatte ich jedenfalls meist mit Partner*innen, die über die Bettkante hinaus nie in Frage gekommen wären. Im Gegenteil: Es hat etwas absolut Befreiendes, Erotik so auszuleben, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was der oder die Spielpartner*in über einen denken könnte.
Ich schaue gerade sämtliche Staffeln der einstigen Kult-Serie „Sex And The City“. In einer Folge veranstaltet jemand Partys, bei der jeder Single einen anderen Single oder Ex-Partner*in mitbringt, um neue Verknüpfungen herzustellen. Gar keine so dumme Idee. Und auch eine Form von Match-Making. Ich mache mal gleich eine Liste, wen ich einladen könnte …
Suzette Oh ist im besten Alter, um die richtige in Theorie und Praxis erfahrene Sexpertin für uns zu sein. Tatsächlich hört sie außerhalb der gedämmten Wände auf einen anderen Namen, möchte aber auch weiterhin die Bestellung für ihre Schwarzwälderkirschtorte zum Geburtstag aufgeben, ohne dass die Verkäuferin kreischt: „Ich kenn Sie! Sie sind die tolle Sex-Kolumnistin!“
Wer jetzt schnell mehr von ihr lesen möchte, klickt auf die Links. Suzette Oh hat nämlich bereits aussagekräftige Bücher veröffentlicht, als da wären ihr „Pussy Diary“ und ihre erotische Phantasien in Bezug auf das Erben eines Hauses. Bzw. ein Hotel der Lust.
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