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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Haartonika – der Produkttest von Britta Scholten

Sie werden dünn, sie werden weniger, die Haarstruktur verängert sich. Was uns schmücken soll, wird mit den Wechseljahren zur Problemgezone. Britta hat Tonika ausprobiert, und verrät, was was kann

Ein Traum aus meiner Jugendzeit: Elegant steige ich aus dem Flugzeug, halte lässig die Sonnenbrille in der Hand  und werfe meine wallende Mähne gekonnt über die Schultern. Wohl wissend, dass es egal ist, ob ich in Rom, Paris oder Hintertupfingen bin, denn: Die Frisur hält. Dank Drei-Wetter-Taft. 

Inzwischen träume ich zwar nicht mehr davon, heute in Rom und morgen in Paris aus dem Flugzeug zu steigen. Viel zu anstrengend und viel zu klimaschädlich. Aber eine wallende Mähne über die Schultern zu werfen – das wäre schon was. Allerdings ein unerreichbarer Traum bei meinen Haaren. Nach einigen Versuchen, habe ich mich damit abgefunden, dass meine Haare noch nicht einmal die Schultern erreichen, geschweige denn über sie geworfen werden können. 

Wieso verändern sich die Haare durch die Wechseljahre?

Doch dann schlugen die Hormone zu und ich fand mich in der Gruppe der Frauen, die frustriert feststellen: In der Taille wird es mehr, auf dem Kopf dagegen weniger. Die Wechseljahren bringen leider oft auch Haarprobleme mit sich: Haarausfall, dünner werdendes Haar und eine veränderte Haarstruktur. Das liegt an der Wirkung des Östrogens. Es hilft dabei, das Haar in der Wachstumsphase zu halten. Fehlt es nach der Menopause, wird das Haar dünner und fällt leichter aus. Gleichzeitig nutzt das Testosteron den Freiraum und robbt sich an die Haarwurzeln. Bei Frauen mit der entsprechende Niete in der Genlotterie heißt das: Geheimratsecken und lichte Scheitel. In diesen Fällen helfen Minoxidil-Lösungen. Bevor man dafür Geld ausgibt, ist ein Besuch in der dermatologischen Praxis sinnvoll, denn es gibt auch andere Gründe für Haarausfall, so z.B. Entzündungen oder Stress. 

Bei mir geht es eher um die allgemeine Haarschwäche, daher teste ich Mittel, die mehr Haarfülle für das Haar ab Vierzig versprechen. Inspiriert durch meinen Vater, der sich seine Haarwurzeln immer mit Birkenwasser massierte, setze auch ich auf Tonikums. Tonika. Also Produkte aus der Kategorie Tonikum. 

Plantur 39 – Phyto-Coffein-Tonikum*

Was ist drin? 
Ein Phyto-Coffein-Complex,  Vitalstoffe aus der Soja-Pflanze, Niacin und Zink – und noch viel mehr. Einige der Duftstoffe können Allergien oder Hautreizungen auslösen, auch der Konservierungsstoff BHT ist nicht unumstritten. Coffein wird zugeschrieben, dass es die Wachstumsphase der Haare verlängert. Außerdem fördert es die Durchblutung der Kopfhaut. Bessere Durchblutung heißt auch bessere Versorgung der Haarwurzeln mit Nährstoffen. In Soja stecken Isoflavone, die zu den Phytoöstrogenen gehören. Sie können ähnliche Wirkungen wie unser körpereigenes Hormon entfalten – allerdings wesentlich schwächer. Zink und Niacin sind wichtige Nährstoffe für die Haarwurzeln. 

Wie ist der Sympathie-Effekt? 
Die Produktserie kommt in einem freundlichen und frischen Grün daher, das uns die Nähe zur Natur und zur Jugend vermitteln soll. Die neckische „39“ im Namen klingt wissenschaftlich und macht unterschwellig klar: Ab vierzig müssen wir unsere Haarfülle mit anderen Mitteln als bisher verteidigen. Die Produktserie ist daher ein bisschen teurer als viele andere Produkte, die neben  Plantur39 im Regal stehen, aber auch noch kein Luxus. 

Was soll es können und was kann es? 
Der geradezu magische Phyto-Coffein-Complex soll in die Kopfhaut und den Haarfollikel eindringen und sich dort hartnäckig halten (mit Hilfe eines Wirkstoffdepots, das bis zu 24 Stunden vorhält). Damit soll die Kopfhaut vor den Folgen des sinkenden Östrogenspiegels geschützt werden, so dass das Haarwachstum nach der Menopause nicht erschlafft.

Diese Wortwahl lässt mich vermuten, dass in der Marketingabteilung von Plantur Männer sitzen, die ganz andere Erschlaffungsprobleme haben. Der Phyto-Coffein-Complex – mit schickem C geschrieben – soll wohl wissenschaftliche Seriösität versprühen

Das Tonikum fühlt sich erfrischend an. Das ist kein Wunder, denn die beiden Hauptinhaltsstoffe sind Wasser und Alkohol. Den Phyto-Coffein-Complex merke ich nicht. Auch nicht seine Wirkung. Das mag aber daran liegen, dass der Effekt von besser versorgten und geschützten Haarwurzeln durchschnittlich erst nach drei bis sechs Monaten in der Haarfülle zu sehen ist. Es kann aber auch daran liegen, dass Koffein unseren Haarwurzeln vermutlich keine neue Energie schenken kann. Die Studienlage dazu ist jedenfalls nicht eindeutig und vor allem nicht ausreichend. 

Preis 9,99 € für 200 ml 

menoelle HAIR med Tonicum**

Was ist drin? 
Die Liste der Inhaltstoffe ist länger als bei Plantur39. Hauptverantwortlich dafür sind „22 ausgesuchte Pflanzenextrakte“. Sie und die eingesetzten Duftstoffe können bei empfindlichen Personen allergische Reaktionen hervorrufen. Einer der Stoffe ist Menthol – bekannt für seine kühlende Wirkung. Auch hier finden wir wieder Koffein, dazu Biotin und Panthenol, die beruhigend und pflegend wirken. 

Der wichtigste Inhaltstoff klingt nach einem geheimen Kampfstoff gegen Beschwerden der Wechseljahre: Der EstroG-100®-Extrakt. Man kann sich ein hochgesichertes Labor vorstellen, in dem ausgewählte Wissenschaftler 100 spezielle Substanzen in einem komplizierten Verfahren zusammenmischen. Dabei ist es natürlicher und einfacher: Der EstroG-100®-Extrakt wird aus drei asiatischen Kräutern gewonnen, die in der traditionellen chinesischen und koreanischen Medizin angewandt werden. Im Vergleich zu anderen Phytoöstrogenen (wie z.B. den Isaflavonen aus Soja) soll der Extrakt effektiver und schneller wirken. 

Wie ist der Sympathie-Effekt? 
„Sie müssen sich mit hormonell bedingtem Haarausfall nicht abfinden!“ schreit es mich auf der Webseite an. Neben dem Tonicum gibt es noch das „Premium-Shampoo“. Der Conditioner bietet mir „intensive Haarpflege mit Sofort-Effekt“. Das ist mir alles ein bisschen zu viel Marketing-Sprech. Einzig das Tonicum kommt entspannter daher und verspricht mir die lediglich eine tägliche „Wellnessbehandlung“. 

Die beginnt mit einem leichten Kribbeln – die Mischung aus Wasser, Alkohol und Menthol macht wach und vermittelt das Gefühl, dass meine Haarwurzeln gierig den EstroG-100®-Extrakt aufsaugen. 

Was soll es können und was kann es? 
Das Tonicum soll beruhigen, kühlen und die Kopfhaut beleben und damit schönes, volleres Haar fördern. Ach, es klingt immer alles so schön. Doch der Teufel steckt im Detail: Damit das Tonicum bestens wirken kann, soll ich zuvor auch Shampoo und Conditioner aus der Serie nutzen. Und das täglich. Das setzt mich so unter Stress, dass sich gleich ein paar weitere Haarwurzeln verabschieden. Immerhin soll der Extrakt nur sechs Wochen brauchen, um eine Wirkung zu zeigen. Zumindest nach regelmäßiger Anwendung. Da sind wir wieder am Ausgangspunkt. Ich wasche meine Haare nicht täglich. Dennoch teste ich brav alle drei Komponenten. Shampoo und Conditioner stelle ich schnell beiseite, denn meine trockenen Locken bekommen einen leichten Stroh-Effekt. Aber das Tonicum gefällt mir. Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass meine Kopfhaut gut gepflegt ist. Ob die Haarfülle davon beeinflusst wird? Werde ich wohl nie erfahren, da ich mich nicht an die Pflegeanleitung halte. 

Preis: 17,95 Euro für 150 ml

Hair biology Meno Balance Thickening & Scalp Soothing Pflegeserum

Was ist drin? 
Die Hauptwirkstoffe sind Provitamin B5, Vitamin B3 und weißer Tee. Menthol und Minzöl bringen Frische, Aloe Vera Feuchtigkeit. Auf Koffein wird auch hier nicht verzichtet. Potenziell reizende Duftstoffe gibt es auch in diesem Serum, genauso dabei wie einige andere typische Inhaltsstoffe wie z.B. Glycerin. 

Wie ist der Sympathie-Effekt? 
Das Bild auf der Packung verspricht viel – und macht mich damit skeptisch. Aus schlaffen, herunterhängenden Haaren soll eine dichte Wallemähne werden. Aber: „Thickening und Scalp Soothing“ klingt schon gut. Vor allem auf Englisch viel wirkungsvoller als auf Deutsch. Aber vielleicht hatte Procter & Gamble ja gerade kein Geld für Übersetzungen. 

Für die effektive Anwendung muss ich korrekte Scheitel ziehen (gleich mehrere) und dort ein paar Pumpstöße des Serums verteilen. Dann gilt es Geduld zu haben und eine Minuten zu massieren. Auch dieses Serum prickelt ein bisschen. Hier ist neben dem Menthol auch noch die Minze mit im Spiel. 

Was soll es können und was kann es? 
Das Pflegeserum ist Teil einer Serie mit Shampoo und Pflegespülung, die auf die „biologischen Bedürfnisse der Frau in den Wechseljahren“ zugeschnitten ist. Der weiße Tee soll Antioxidantien, Mineral- und Nährstoffen liefern, das Vitamin B3 Entzündungen hemmen und die Kollagenproduktion fördern. 

Das Serum ist im Gegensatz zu den anderen beiden ein Multitalent: Es versorgt und beruhigt nicht nur die Kopfhaut, sondern bringt auch einen optischen Effekt. Die einzelne Haarfaser wirkt dichter. Das ist zwar nur oberflächlich und hat nichts mit der echten Haarfülle zu tun. Aber: es funktioniert perfekt – und zwar sofort. Damit überzeugt es mich. 

Preis: 9,95 € für 100 ml

Wir wünschen viel Spaß beim Haare waschen!

Britta Scholten ist ausgebildete Wechseljahresberaterin, aber keine Medizinerin. Die Bewertungen unterliegen alle einem Selbsttest und keinen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Bei Unsicherheiten, starken oder langanhaltenden Beschwerden unbedingt eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.

*Markennennung, keine bezahlte Werbung; für die Richtigkeit der Produktangaben übernehmen wir keine Gewähr.
**Wurde uns von der Firma zur Verfügung gestellt

Illustration: Kathrin Blanke
Grafiken: Mimi Weber

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