Hotel-Dates
Ich gebe es zu, auch einer sex-positiven Freigeistin wie mir wird es mal langweilig. Ich mag die hedonistische Partyszene, aber mitunter ist es dort zu einfach, zu vorhersehbar, um sich noch einen richtigen Kick zu holen. Wenn sich mal wieder das Gefühl einstellt: „Been there, done it“, brauche ich einen Break und natürlich eine Alternative.
Als ich meine ersten Schritte in Richtung einer offeneren Sexualität ging, fing ich mit Hotel-Dates an. So setzte ich mich gerne an die Bar eines Top-Hotels, beobachtete das Treiben um mich herum und checkte die Männer ab, die mit ihrem Handy und Bier herumsaßen. Meist offen für ein Abenteuer. Wenn man als Frau allein an einer Bar sitzt, kommt man ziemlich schnell ins Gespräch. Und es wird meist auch schnell flirty. Der Reiz liegt genau darin: Man umgarnt sich, ohne zu viel preiszugeben, man stupst eine Situation an, von der man noch nicht weiß, wie sie enden wird. Als Frau halte ich ohnehin alle Zügel in der Hand. Ist der Kerl uncharmant, drehe ich meinen Barhocker einfach um und rede mit dem nächsten. Wenn die Chemie stimmt, geht es aufs Zimmer. Als ich früher noch mehr auf Geschäftsreisen war, habe ich immer darauf geachtet, dass es in sein Zimmer ging. Denn eine Einladung zum Sex ist noch lange keine Einladung zum Übernachten. So konnte ich im Laufe des Abends nach meinem Gusto gehen und entspannt allein schlafen.
Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie schnell Typen sich auf so ein Date einlassen. Selbst offensichtlich verheiratete Männer thematisieren das eher nicht. Sie hoffen wohl einfach, dass ihnen keine Femme fatale begegnet, die hinterher für Ärger sorgt, weil sie mehr als eine Nacht von ihnen will. Nun, bei mir ist das einfach. Ich habe keinerlei Ambitionen auf mehr. Ab und an ergibt es sich, dass man sich sehr gut versteht und auf Geschäftsreisen mal wieder sieht. Aber das ist eher die Ausnahme. Der Kick besteht darin, immer wieder unbekanntes Terrain zu betreten.
Mysteriöse Orte, die die Fantasie anregen
Wer von Euch jetzt denkt, zu schüchtern zu sein, um sich an so eine Bar zu setzen, kann auch andere Wege wählen. Über die üblichen Plattformen werden immer wieder Hotel-Dates angeboten. Man kann also schon mal die Optik unter die Lupe nehmen und ggf. auch gewisse Vorlieben vorselektieren. Es gibt dann zwar weniger Hanky Panky im Vergleich zum sich spontan entwickelnden Gespräch an der Bar, aber schließlich wissen ja auch beide, warum sie sich treffen. Übrigens finde ich Hotels auch deswegen super, weil ich mich als Frau dort deutlich sicherer fühle als bei einem fremden Typen in der Wohnung. Letzteres mache ich nur, wenn ich jemand schon kenne.
Generell vermitteln mir Hotel-Dates immer wieder ein aufgeregtes Kribbeln, das ich einfach nicht missen möchte. Hotels sind ja ohnehin mysteriöse Orte der Fantasie. Wie großartig also, wenn man seine eigene genau dort ausleben kann. Und mal abgesehen davon, habe ich auf diese Weise die tollsten Hotels – zumindest in deutschen Städten – gesehen.
Erotischer Lunch Break mit dem eigenen Partner, der eigenen Partner:in
Übrigens sind Hotel-Dates auch prima, wenn man als Paar mal wieder etwas Schwung in seinen Sex-Alltag bringen will. Gerade bei langen Partnerschaften oder wenn der Alltag mit Kindern gar keinen Raum mehr für Erotik lässt. Ein Hotel gibt einem diesen Raum im wahrsten Sinne des Wortes zurück. Dafür muss man noch nicht mal ganze Nächte buchen oder verreisen. Es gibt Hotel-Apps wie etwa „Byhours“, die Zimmer tagsüber für eine oder mehrere Stunden anbieten. Es gibt ja auch Leute, die ihr Homeoffice in Hotels verlegt haben. Man kann die Zeit aber natürlich auch ganz anders nutzen. Wie wäre es mal mit einer kinky Mittagspause? Oder einem erotischen Break am Nachmittag zur Tea Time? Jedes Date könnte unter einem anderen Motto stehen. Rollenspiele fallen auch oft leichter, wenn sie an einem Ort stattfinden, der nicht vorgeprägt ist. So manche Beziehung in meiner Umgebung wurde schon durch Hotel-Dates gerettet. Wie wäre es etwa, den nächsten Hochzeitstag im Hotel zu verbringen, statt einfach nur zum Dinner zu gehen?
Ich miete mich übrigens demnächst sogar unter anderer Identität in einem Hotel ein. Einfach mal alles abschütteln, was mit der anstrengenden Realität zu tun hat, um mit einer Wunsch-Biografie zumindest einen Abend und eine Nacht ein ganz anderes Leben zu führen. Ich schwanke nur noch, welche Biografie ich mir zulege. In jedem Fall wird es garantiert ein ganz großer Spaß …
Suzette Oh ist im besten Alter, um die richtige in Theorie und Praxis erfahrene Sexpertin für uns zu sein. Tatsächlich hört sie außerhalb der gedämmten Wände auf einen anderen Namen, möchte aber auch weiterhin die Bestellung für ihre Schwarzwälderkirschtorte zum Geburtstag aufgeben, ohne dass die Verkäuferin kreischt: „Ich kenn Sie! Sie sind die tolle Sex-Kolumnistin!“
Wer jetzt schnell mehr von ihr lesen möchte, klickt auf die Links. Suzette Oh hat nämlich bereits aussagekräftige Bücher veröffentlicht, als da wären ihr „Pussy Diary“ und ihre erotische Phantasien in Bezug auf das Erben eines Hauses. Bzw. ein Hotel der Lust.
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