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Palais F*luxx

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Job & Menopause – Frau Scholten weiß Rat!

Wertewechsel in den Wechseljahren

Britta Scholten ist unsere Führungsfrau in der „Wechselwirtschaft“
Foto: picturepeople


Birgit, 52, steht mit Monika, 47, am Kaffeeautomaten. „Ich passe da einfach nicht mehr rein!“, hört der Personalleiter im Vorbeigehen und verdreht die Augen. ‚Typisch Birgit‘, mag er denken, ‚wahrscheinlich hat sie zwei Kilo zugenommen und nun geht beim Lieblingskleid der Reißverschluss nicht mehr zu.‘

Zwei Stunden später präsentiert er der Geschäftsleitung die Personalstatistik. Die Geschäftsführerin ist überrascht: „Schon wieder drei Kündigungen von Frauen um die 50. Was ist da los?“

Wenn Frauen nicht mehr ins Unternehmen passen
Unsere Hormone steuern nicht nur körperliche Vorgänge, sie lassen uns auch die Welt rosarot oder tiefschwarz sehen, geben uns Power oder lassen uns zu zögerlichen Mäuschen mutieren. Frauen kennen das gut: In der ersten Hälfte des Zyklus springt man energiegeladen und aktiv durch die Gegend, in der zweiten lockt eher der ruhige Abend auf der Couch. Die wichtigsten Mitspieler in diesem Auf und Ab: Östrogen (genauer gesagt das Östradiol) und Progesteron.

Das Östradiol wird gerne als das „Fürsorge-Hormon“ bezeichnet. Unter seinem Einfluss sammeln wir Medaillen im „Ich kümmere mich doch gerne um …“-Wettbewerb, stellen die eigenen Interessen zurück und passen uns an. In der Familie und im Beruf. Verschiebt sich in den Wechseljahren das Verhältnis der weiblichen Hormone zugunsten der männlichen, verändert sich das. Statt „Mach ich doch gerne für Euch“ steht nun „Jetzt aber mal ich!“ im Vordergrund. Viele Frauen treten gerade jetzt noch einmal aufs Gaspedal, werden durchsetzungsfähiger und selbstbewusster. Also auf ins Rennen um die Top-Positionen? Nicht immer. 

Noch bis zur Rente durchhalten?
Der Gedanke „Jetzt aber mal ich!“ kann in alle Richtungen führen. Karriere im eigenen Unternehmen? Alte Träume wachrütteln? Noch mal an die Uni? Die typische Schlaflosigkeit in den Wechseljahren lädt zum nächtlichen Grübeln ein: Will ich so weitermachen? Was wartet noch auf mich? Wann leg ich los, wenn nicht jetzt? Oder wie Bodo Wartke in seinem Song „Das falsche Pferd“ singt: „Was, wenn doch?“

Eine Klientin von mir fasste diesen Grübelprozess zusammen: „Erst dachte ich jede Nacht: Durchhalten bis zur Rente! Das schaffst Du noch. Sicherer Job, gutes Geld – das wollte ich mit Mitte 50 nicht einfach aufgeben. Aber dann kam der Gedanke: Das sind noch 12 Jahre! 12 Jahre, in denen ich mich weiter verbiegen – oder etwas bewegen kann.“

Wechseljahre haben etwas Klärendes. Frauen sind mehr bei sich, stehen zu ihren Werten, gehen offener mit ihren Erfahrungen und Stärken um. Im günstigsten Fall heißt das für ein Unternehmen: kein Problem mehr mit der Frauenquote im Vorstand, da die Frauen jetzt nach vorn stürmen, sich mit ihren Ideen, ihrer Energie und ihrer fachlichen und sozialen Kompetenz einbringen. Im ungünstigsten Fall liegt die nächste Kündigung auf dem Tisch.

Was Frauen tun können

Wenn das Unternehmen und der Job zwicken und man sich nur noch mit eingezogenem Bauch durch den Arbeitstag quält, ist es Zeit, etwas zu verändern. Gerade, wenn man täglich auf Instagram von einer Mut-Aufbruch-Jetzt aber ich!-Story zur anderen hüpft. Oder man innerlich grün vor Neid wird, weil die Freundin, kaum hat sie mit ihrer Chefin gesprochen, ihr Herzensprojekt umsetzen kann.

Passt unser Lieblingskleid nicht mehr, wissen wir, was wir tun können: Je nach Typ setzt man sich auf eine Crash-Diät, geht zur Schneiderin und hofft auf Reserven in den Nähten oder verschenkt das Kleid und sucht sich ein neues Lieblingskleid. Auf den Job übertragen heißt das: Man kann sich tagsüber kasteien und an die Regeln des Unternehmens anpassen. Man kann mit der Führungskraft überlegen, wie man den Job größer machen, die Aufgaben anders gestalten kann. Oder man verabschiedet sich und sucht sich ein neues Arbeitsumfeld.

Was das Richtige ist, entscheidet jede Frau für sich selbst. Es gibt gute Selbstcoaching-Methoden, mit denen sich Träume entwirren und Pläne schmieden lassen (z.B. im Sonderheft NEUSTART des Magazins „Psychologie bringt dich weiter“). Netzwerke aus Gleichgesinnten können beflügeln und bei der Stange halten. Man findet sie z.B. über PeerFinder oder in Working-Out-Loud-Programmen. Und „Jetzt aber mal ich!“ kann auch heißen, in die eigene Zukunft zu investieren und sich ein professionelles Coaching oder eine gute Wechseljahresberatung zu gönnen. 

Was Unternehmen können

Zu viele Führungskräfte fallen aus allen Wolken, wenn ihre Mitarbeiter:innen die Kündigung auf den Tisch legen. Woher kommt die Überraschung? Klar, es gibt die theatralischen Kündigungen, in denen mitten in der Schicht die Schürze auf den Tisch geschmissen oder die Tür von außen zugeknallt wird. Aber selbst diese Kündigungen sind nicht wirklich spontan. Auch sie deuten sich vorher an und brauchen dann nur den einen Moment, den berühmten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Deswegen heißt es für Führungskräfte: beobachten und im Gespräch bleiben. Das ist immer ein guter Tipp, aber gerade bei Frauen in den Wechseljahren sollten Führungskräfte hellhörig werden. Birgit macht auf einmal weniger Vorschläge? Lisa geht häufiger allein zum Mittag? Wenn Führungskräfte wissen, dass sich jetzt Werte und damit die Ansprüche an den Job verändern können, bleiben sie im Gespräch mit ihren Mitarbeiterinnen, stellen gute Fragen und hören vor allem aufmerksam zu: Was macht Dich zufrieden bei der Arbeit? Welche Veränderungen wünschst Du Dir? Was brauchst Du, um gut arbeiten zu können? Welche Ideen hast Du?

So lassen sich gemeinsame Lösungen finden: Elke würde gerne Bereichsleiterin werden, sich aber auch mehr in der Flüchtlingshilfe engagieren? Wie wäre es mit einem Führungstandem? Das Klima im Unternehmen ist schwierig? Welche Ideen möchte Andrea ausprobieren, um die Unternehmenskultur zu verbessern? Kathrin fühlt sich überfordert mit neuer Technik und kommt mit der Arbeitsmenge nicht mehr zurecht? Würde eine Weiterbildung helfen oder sollten Aufgaben umverteilt werden?

Das ist teuer und aufwändig? Aber lohnend! Gehen langjährige Mitarbeiterinnen, verliert man mehr als nur die Arbeitskraft. Gerade Frauen im Palais F*luxx-Alter haben viel Erfahrung, sind gut vernetzt, wissen, wie das Unternehmen funktioniert – und haben noch gute produktive Jahre vor sich. Am besten im Lieblingskleid im Lieblingsunternehmen.

Ihr habt Themenvorschläge, Fragen oder Tipps? Schreibt mir gerne eine E-Mail !

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