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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Lesen oder Lassen?

Buchbesprechung: „Am liebsten sitzen alle in der Küche“

Worum geht es?
Drei sehr unterschiedliche Frauen begegnen sich eher zufällig. Sie kommen ins Gespräch, treffen sich, finden sich ganz nett, verbringen Zeit miteinander. Eine Freundschaft entsteht, die einmal in der Woche weiterwächst, wenn sie zusammen am Küchentisch sitzen und über ihr Leben sprechen. Dabei geht es um die Kinder, Männer und Ex-Männer, die Liebe und um die Frauen selbst. Auch wenn es in Eurem Buchladen vielleicht im Regal für „Frauenromane“ steht und ihr so etwas sonst nicht anfasst – bitte mitnehmen! 

Was kann das Buch?
Unterhalten, zum Lachen und zum Weinen bringen, daran erinnern, wie toll Freundinnen sind. Klingt banal – aber wann habt Ihr Euren Freundinnen das letzte Mal ein Essen gekocht und sie um den Küchentisch versammelt? Nicht das Kind vorgeschoben, das früh ins Bett muss, oder den Mann, der abends seine Ruhe braucht. Dieses Buch ist ein Hohelied auf die Freundschaft unter Freundinnen. Und auch wenn es sich um einen Roman handelt, auch im wirklichen Leben könnte es passieren, dass die neue Nachbarin zu einer sehr guten Freundin wird. Vielleicht verbringen wir mit unserer Ärztin irgendwann mehr Zeit als zwischen zwei Arztterminen? Oder die, die da an der Supermarktkasse immer so traurig guckt, vielleicht sollte ich die mal auf einen Kaffee einladen? Dieses Buch kann einem Mut machen, auch in unserem Alter neue Freundinnen zu suchen.

Für wen ist das Buch empfehlenswert?
Für alle. Tolles Buch „für am Strand“, gut gegen Liebeskummer, super bei Weltschmerz und sowieso heilsam bei „Kotzt mich sowieso alles an“. Eine unterhaltsame, auch spannende Geschichte von drei Frauen und allem, was in ihrem (und auch in unserem) Leben eine Rolle spielt. Kluge Sätze und Gedanken über das Alter, über Einsamkeit und das Zusammensein lassen einen immer wieder mal innehalten. Deshalb lesen, verschenken, anderen mitbringen.

Warum ist die Autorin interessant?
Weil Julia Karnick eine ist, die an unserem Palast mitbaut. Weil sie ihren Job bei der „Brigitte“ hingeschmissen hat und den Laden wegen seiner beschissenen Beschäftigungsverhältnisse verklagt hat. Und weil sie eine tolle Beobachterin ist. Nicht nur in ihrem ersten Roman, auch in ihren Sachbüchern und Magazinartikeln. Sie ist klug und scharfsinnig und manchmal so herrlich grätzig, dass wir uns schon darauf freuen, wenn sie alt und erst recht grätzig ist. 

Kostprobe:
„Yeliz merkte, dass sie Tilles Sohn schon viel zu lange anstarrte, fasziniert davon, wie und vor allem wie viel er aß.
Es war lange her, dass sie sich das letzte Mal ausgemalt hatte, wie es wäre, Mutter zu sein. Wenn sie es sich ausgemalt hatte, war darin immer irgendwas Niedliches, Kleines vorgekommen. Ein zarthäutiges Baby, das krabbenrosa an ihrer nackten Brust lag. Ein mit ausgestreckten Speckärmchen auf sie zu schwankendes Windelkind. Ein Minimensch, der so unbeholfen und zielstrebig auf sie (oder Mortens) Schoß kletterte. Eine schmierige Kinderhand, die sich beim Langsamgehen in ihre schob. Maximal ein aufgewecktes Grundschulkind, dem sie geduldig die Welt erklärte. Niemals hatte sie etwas so Großes, Plumpes vor Augen gehabt wie diesen Riesen mit der glänzenden Stirn und den hängenden Schultern, der soeben wortlos seinen dritten Crêpe mit Nutella verspachtelt, zusammengerollt und mit drei Bissen vernichtet hatte.“


Julia Karnick: „Am liebsten sitzen alle in der Küche“, ca. 352 Seiten, 16.95 Euro, dtv Verlag , hier bestellen

Rezension: Anja Goerz

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