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Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

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Suite Suzette

Voyeurismus
Die Lust am Zuschauen

Suzette Oh – unsere Kolumnistin weiß, was sie möchte. Jeden zweiten Donnerstag besuchen wir sie in ihrem Boudoir und lauschen ihrem Bettgeflüster

Wenn wir mal richtig ehrlich mit uns sind, sind wir eigentlich alle kleine Voyeur:innen. Ich kenne eigentlich niemanden, den oder die es nicht anmacht, anderen Menschen beim Sex zuzuschauen. Meine erste Berührung damit hatte ich bereits als Studentin. Eine Freundin von mir guckte mit größter Selbstverständlichkeit mit und ohne ihren Freund Pornos. Eigentlich ging das als Feministin für mich damals gar nicht. Neugierig war ich dennoch. Und so schaute ich mit der Freundin unter ihrer durch die Studentenbude hängenden Wäscheleine mit Schlüppis und Jeans meinen ersten Porno. Ich weiß, dass ich versuchte, dabei ganz cool und abgeklärt zu wirken. Musste mir aber im Innersten eingestehen: Mich machten die Filme an. Zumindest fuhr ich danach zu meinem damaligen Freund und verfrachtete ihn umgehend ins Bett.

Natürlich haderte ich mit den Widersprüchen meines Verhaltens. Wurden in den Filmen Frauen nicht ausgebeutet? Was für Rollenbilder (sowohl von Frauen als auch Männern) wurde dort vermittelt und warum machte es mich an, Sexdarstellerinnen dabei zuzuschauen, wie sie dominiert wurden. Eine Aussöhnung mit meinem inneren Ich und meinen sexuellen Fantasien fand erst viele Jahre später statt. Pornos-Schauen gehörte aber seit dieser ersten Erfahrung durchaus in mein Beziehungsrepertoire. Gerade in Langzeitbeziehungen, wo das Begehren irgendwann nachlässt, konnte der ein oder andere Porno durchaus die erotische Flamme wieder entfachen. Und wir waren immer erwachsen genug, zwischen Fantasie und Realität unterscheiden zu können.

Parkplätze als Fantasieorte

Als ich in Berlin lebte – nicht umsonst tituliert als Europas hedonistische Partystadt –, lernte ich eine Menge sexuell sehr aufgeschlossener Menschen kennen, die mit größter Selbstverständlichkeit ihre Geilheit auslebten. Ich beneidete sie durchaus darum und es dauerte, bis ich mich selbst für neue Erfahrungen öffnen konnte. Und so lernte ich einmal einen heißen Skandinavier kennen, der mich in die höhere Schule des Voyeurismus einführte. Er gab gleich unumwunden zu, dass er gerne zuschaute und sich auch selbst gerne beim Sex zeigte. Er kannte alle „geheimen“ Plätze, wo sich Frauen und Männer trafen, um in der Öffentlichkeit Sex zu haben. Schon beim zweiten Date fuhren wir auf einen Parkplatz etwas außerhalb der Stadt. Ein Kaleidoskop sich windender Körper öffnete sich vor meinen Augen. Wildes Stöhnen waberte durch die Luft. Wir gingen von Auto zu Auto. Manche Fenster waren geöffnet, ein Zeichen, dass man auch anfassen oder mehr durfte. Es machte mich durchaus an, aber ich war zu misstrauisch, von irgendeinem Handy heimlich gefilmt zu werden, um mitzumachen. 

Mit ihm entdeckte ich die Geheimnisse von Parks, sogar in Kirchen zeigten sich Menschen in ihrer Leidenschaft. Ich war davon schon getriggert. Doch zum Mitmachen fehlte mir der Mut. Und der Mann zog bald weiter, während ich mit anderen Begleitern die hedonistischen Clubs entdeckte, quasi die geschützte Variante von öffentlichem Sex. Keiner darf Handys mitnehmen. Was dort geschieht, bleibt auch dort. Was mir als Frau einfach ein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Auch Übergriffe gibt es in diesen Clubs in der Regel nicht, weil besonders auf die Frauen aufgepasst wird. Wer sich nicht benimmt, fliegt. 

Clubs als sichere Variante des Schauens und Zeigens

Und es ist nicht weniger aufregend, dort Menschen beim Sex zuzugucken. Konstellationen ergeben sich ebenso spontan wie beim Outdoor-Sex. Man kann selbst entscheiden, ob man mitmacht oder nicht. Und man kann ebenso situativ in sich hineinfühlen, ob man sich beim eigenen Sex zeigt. In der Regel gibt es in Clubs aber auch immer Zimmer, in die man sich zurückziehen kann. 
Natürlich bedienen Clubs nicht ganz so stark die Lust am „heimlichen“ Zuschauen wie Parkplätze oder Parks, aber sie sind die deutlich sichereren Orte, um nicht auf YouTube zu landen. Und es ist dort antörnender als allein oder mit Partner:in einen Porno zu schauen. Ich kann absolut nichts moralisch Verwerfliches am Voyeurismus sehen, solange alles im gegenseitigen Einvernehmen unter Erwachsenen geschieht. Hingucken kann einfach verdammt hot sein. 


Suzette Oh ist im besten Alter, um die richtige in Theorie und Praxis erfahrene Sexpertin für uns zu sein. Tatsächlich hört sie außerhalb der gedämmten Wände auf einen anderen Namen, möchte aber auch weiterhin die Bestellung für ihre Schwarzwälderkirschtorte zum Geburtstag aufgeben, ohne dass die Verkäuferin kreischt: „Ich kenn Sie! Sie sind die tolle Sex-Kolumnistin!“
Wer jetzt schnell mehr von ihr lesen möchte, klickt auf die Links. Suzette Oh hat nämlich bereits aussagekräftige Bücher veröffentlicht, als da wären ihr „Pussy Diary“ und ihre erotische Phantasien in Bezug auf das Erben eines Hauses. Bzw. ein Hotel der Lust.
Suzette Oh auf Instagram

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