Close

Palais F*luxx

Online-Magazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre

Close

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

Na fein!

Sylvia Heinleins Wochenjournal über die Stürme im Wasserglas des Alltags. Diese Woche: Der Piedel von Lars Eidinger oder warum ich nicht Kanzlerin bin

Lars Eidinger – Penis raus und alles unterschreiben. Hach, diese Theaterleute!



Neulich, als ich wieder einmal auf dem Sofa herumlümmelte, fragte ich mich, ob und wie sehr ich mich wegen all meiner verdaddelten Lebenszeit grämen sollte und blätterte daraufhin schnell in meinem Portfolio. In diesem Mäppchen sammele ich kontinuierlich meine Werke jeder Art, um Bemühungen, Ergebnisse und meinen Entwicklungsprozess zu repräsentieren. In dem Portfolio bewahre ich auch einen Lokomotivführer (es hieße übrigens HAUPT Lokomotivführer, teilte er mir neulich nachsichtig, aber wiederholt mit), er konzentriert sich auf genau vier Dinge: sich mental auf die nächste Bahnfahrt vorbereiten, die Lok flottmachen, die Strecken fahren und danach schlafen. Wer so gesammelt durchs Leben geht, wird beim Sex nicht wuschig, sondern bleibt konzentriert und leistungsstark; bei der Suche nach etwas wirklich Gutem im Bett also vor allem auf den Beruf des Betthasens achten, meine Luder, kein Spaß! Auf dezidierte Nachfrage äußert der Hlokf sich obendrein zu gesellschaftspolitischen Themen, aber er würde keinen Brief der Hauptlokomotivführer an den Bundeskanzler unterschreiben. Das kann man unambitioniert nennen oder sehr erfrischend, heutzutage.

Es hat, schnell nebenher, seine Gründe, dass ich nicht Bundeskanzlerin bin. Ich arbeite ungern sehr viel. Wäre ich dennoch aus verrückten Zufällen Kanzlerin und mir käme ein Brief ins Haus, ein Aufruf, unterzeichnet unter anderem von Juli Zeh und Lars Eidinger, beide Namen sind bekannt und geschätzt, würde ich erst mal meine Mitarbeiterin fragen, ob ich alles richtig verstanden habe. „Keine Waffen an die Ukraine, damit Russland keinen Grund hat, Atombomben auf Deutschland zu werfen?“, fragte ich die Mitarbeiterin. Die Mitarbeiterin, das wilde Ding, ginge gleich in die Vollen. „Lars Eidinger“, würde sie sagen, „wird ja immerzu hergenommen, wenn es irgendwie darum geht, sich intellektuell zu gebärden. Und das ist nur, weil er gelegentlich eine Chanel-Kette trägt und das unheimlich queer ist. Das ist auch so einer, der es als Kind echt schwer hatte und sich auf der Bühne dann aber gut bewegen kann, wie so einige, aber deshalb sind sie noch keine großen Denker. Und Verbünde von Promis gehen mir ohnehin auf den Senkel.“ Ich würde den Kopf wiegen und einwenden, dass es so einfach nun doch nicht sei, eventuell?
„Ich mag“, würde meine Mitarbeiterin daraufhin rufen, „überhaupt all diese Künstler nicht, die immer ihren Schniedel aus der Hose holen und ins Publikum halten und dann feiern das alle. Dabei zeigen sie nur endlich den Pimmel, den früher sonst niemand anfassen wollte und das muss man dann in Shakespeare aushalten. Aber so hat er das nicht gemeint, der Shakespeare.“ Ich würde zur Vorsicht mahnen, denn ich weiß: Es gibt reichlich Luder, die Eidinger sehr sexy finden, das könnte also eine ungemütliche Aufregung geben, besser, wir äußern uns gar nicht zur Sache, oder? „Absolut!“, würde die Mitarbeiterin zustimmen und ich würde auf die Uhr schauen, es wäre knapp vor 16.00 Uhr und ich würde alle zum Grillen auf den Balkon zusammenrufen, denn es wäre Freitag, da grillten wir immer.

So, meine Luder, nun muss ich weiter, denn auch als Tagediebin hat man seine Verpflichtungen. Ich arbeite an einer Playlist auf Spotify, sie heißt „kleine, frohe Cocktailparty“ und die Party wird bei mir im Garten stattfinden, die Damen tragen leichte Kleider, die Herren Leinenhosen, gerne mit Hosenträgern, es gibt fluffiges Gebäck, raffinierte Salate und Snacks, sehr gute Cocktails natürlich, Liegen und Picknickdecken … herrje, all das Zeug eben, was von der Orgie hier noch rumliegt, der tollen Orgie, die niemals stattfand, weil alle zu schüchtern waren und wegen Corona. Das Gartentor jedenfalls wird ab 17.00 Uhr geöffnet sein und Ihr braucht nichts mitzubringen, bringt nur Euren Charme, meine Luder, kramt ihn hervor, staubt ihn ab, lasst ihn sorglos frei, coochie hoochie!

Alle Zitate meiner Mitarbeiterin sind O-Töne.

Close